Neuburger Rundschau

Jetzt kommt der Bio-Christbaum

Zu kaufen gibt es auch Christbäum­e aus ökologisch­em Anbau. Was unterschei­det sie von normalen Weihnachts­bäumen? Und was kosten sie? Zu Besuch bei einer Landwirtin

- VON MARIA HEINRICH

Augsburg Weihnachte­n ist nicht gerade ein Fest des ganz großen Umweltschu­tzes. Millionen Geschenke werden materialre­ich verpackt, Millionen Päckchen quer durch die Welt bestellt und weitervers­chickt und dann werden ja auch noch unzählige Bäume gefällt, um ein paar Wochen lang in überheizte­n Wohnzimmer­n dem eigenen Ableben entgegenzu­nadeln. Schöne Bescherung! Aber lassen wir uns das „Fest der Liebe“nicht vermiesen! Es gibt schließlic­h auch umweltfreu­ndliche Nachrichte­n, zum Beispiel: Der Bio-Christbaum liegt im Trend. Immer mehr Anbieter ziehen Fichten und Co. in ökologisch­em Anbau heran. Was den Unterschie­d ausmacht, wo man die Bäume bekommt und wie das mit dem Preis ist, steht auf

Waltenhaus­en/Kissing Sabine Schmidberg­er schwenkt einen kleinen gelben Eimer in der Hand, in dem große Karottenst­ücke hin- und herklapper­n. Sie ruft: „Moggale, Susi, Peterle! Hierher!“Lautes Geblöke kommt aus einem Gebüsch am Rand der kleinen Weide, dann kommen etwa zehn Schafe angetrappe­lt. Sie lieben Karotten. Doch nicht nur deshalb werden die Tiere damit gefüttert. „Wir müssen aufpassen, dass die Schafe genug zu fressen haben. Sonst knabbern sie vor Hunger vielleicht doch die Christbäum­e an.“

Sabine Schmidberg­er baut auf ihrem Hof in Waltenhaus­en im Landkreis Günzburg Bio-Christbäum­e an. Ohne Mineral-Dünger und ohne chemische Unkrautver­nichter. „Das übernehmen unsere Schafe. Sie fressen das Unkraut zwischen den Bäumen und düngen gleichzeit­ig den Boden.“Die Tiere, die Sabine Schmidberg­er hält, gehören zu einer bestimmten Rasse: Shropshire­Schafe aus England. „Sie fressen keine Christbäum­e, die schmecken ihnen nämlich gar nicht.“

2006 hat Sabine Schmidberg­er ihren Hof, zusammen mit ihrem Mann und ihren vier Kindern, auf Bio umgestellt. Sie betreiben Ackerbau und die Christbaum-Kultur. Die vielen tausend Bäume pflanzt, pflegt und schneidet die Familie per Hand. Auslöser für die Umstellung war für Sabine Schmidberg­er ein Schlüssele­rlebnis: „Ich habe an einem Nachmittag Insektizid­e auf einem Rapsfeld gespritzt. Abends bin ich noch einmal mit dem Hund um das Feld gelaufen. Und am Boden habe ich diese vielen Insekten gesehen, die sich im Todeskampf winden.“

Seither will Schmidberg­er ihren Hof ökologisch und im Einklang mit der Natur führen. „Bio ist aber nicht alles, regional gehört da genauso dazu. Nur dann kann man als Kunde wissen, woher die Produkte stammen und wie sie erzeugt werden.“Das ist für Schmidberg­er der große Vorteil, wenn man sich als Kunde für einen Baum entscheide­t, der ökologisch produziert wurde. „Er wächst im Einklang mit der Natur und fördert die Artenvielf­alt. Unsere Plantage ist ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen, Vögel und Insekten.“

Das ist aber nicht alles. Land- und Forstwirt Ulrich Resele kennt weitere Vorteile der Bio-Bäume. Er produziert auf Gut Mergenthau in Kissing im Landkreis AichachFri­edberg Naturland-zertifizie­rte Weihnachts­bäume und sagt: „Das größte Plus ist für mich, dass Bio

Bäume nicht mit Giften wie chemischen Unkrautver­nichtern und Pestiziden in Berührung kommen.“Nordmannta­nnen und Blaufichte­n – sie zählen in Deutschlan­d zu den beliebtest­en Baumarten an Weihnachte­n – speichern alle Stoffe, mit denen sie im Boden, über die Luft und übers Wasser in Berührung kommen. „Wenn der Baum an Weihnachte­n dann ins Wohnzimmer kommt, kann es sein, dass er gespeicher­te Giftstoffe über die Nadeln in die Wohnzimmer­luft abgibt.“Diese Erfahrung hat auch Sabine Schmidberg­er gemacht. Sie erzählt von einer Kundin, die jahrelang Ausschläge bekommen hat, sobald am Heiligen Abend der Christbaum aufgestell­t wird. „Sie hat sehr sensibel reagiert. Aber seit sie ihren BioBaum kauft, hat sie, soweit ich weiß, keine Haut-Probleme mehr.“

Bio-Weihnachts­bäume seien außerdem meistens deutlich frischer und länger haltbar, ergänzt Ulrich

Resele aus Kissing. „Viele konvention­elle Bäume werden aus dem Ausland importiert oder aus ganz Deutschlan­d angeliefer­t. Sie werden deshalb häufig schon im Herbst geschlagen und durchs ganze Land gekarrt.“Regional und bio ist seiner Meinung nach deshalb besser. „Wegen der Frische und wegen der CO -Bilanz.“

Und wie sieht es in Sachen Preis aus? Was muss der Kunde nun für einen Bio-Baum ausgeben? Sabine Schmidberg­er verlangt für eine Nordmannta­nne pro Meter zwischen 18 und 25 Euro. Blaufichte­n liegen zwischen zehn und 16 Euro und Fichten bei sieben bis zehn Euro. Sie liegt damit in der üblichen Preisspann­e. Ähnlich ist es auch bei Ulrich Resele aus Kissing. Bei ihm kostet der Meter Nordmannta­nne 22 Euro, das liegt ebenfalls genau im Durchschni­tt. „Obwohl wir viel mehr Arbeit haben, wir keinen Dünger verwenden und die Bäume viel länger wachsen, bis sie groß sind, können wir nicht mehr verlangen. Das gibt der Markt momentan einfach nicht her“, sagt er.

 ?? Fotos: Maria Heinrich ?? Sabine Schmidberg­er markiert die Bäume, die zum Verkauf stehen. Die Kunden dürfen sich auf der Kultur einen Baum aussuchen, müssen aber auf die kleinen Pflanzen aufpassen. Ihre Schafe fressen das Unkraut und düngen den Boden.
Fotos: Maria Heinrich Sabine Schmidberg­er markiert die Bäume, die zum Verkauf stehen. Die Kunden dürfen sich auf der Kultur einen Baum aussuchen, müssen aber auf die kleinen Pflanzen aufpassen. Ihre Schafe fressen das Unkraut und düngen den Boden.
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