Videobilder führen zu den Tätern
Nach der tödlichen Attacke von Augsburg werden schnell Verdächtige gefasst. Dies führt Innenminister Herrmann auch auf den Einsatz von Überwachungskameras zurück
Augsburg Es ist Routine, dass sich ein bayerischer Innenminister an jedem Morgen einen Lagebericht über die kriminellen Ereignisse des Vortages geben lässt. Es ist alles andere als Routine für Joachim Herrmann, als er Samstagfrüh von der tödlichen Attacke einer siebenköpfigen Jugendbande auf einen Passanten in der Augsburger Innenstadt erfährt. „Das hat mich schon sehr betroffen gemacht“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Kaum 24 Stunden später erhält Herrmann die Nachricht, dass es gute Chancen gebe, dass die Polizei noch im Laufe des Sonntags einige der mutmaßlichen Täter festnehmen kann. So kommt es auch: Der Haupttäter, 17, und fünf weitere Verdächtige sind mittlerweile gefasst oder haben sich selbst gestellt. Vieles deutet darauf hin, dass der schnelle Fahndungserfolg vor allem der Videoüberwachung auf dem zentralen Königsplatz zu verdanken ist. Der CSU-Politiker sagt es so: „Die Bilder haben die Arbeit der Polizei deutlich erleichtert.“
Der Minister hatte im August 2017 ein Fünf-Punkte-Programm für mehr Sicherheit in Bayern angekündigt. Dazu gehört im Kern ein Ausbau der stationären und mobilen polizeilichen Videoüberwachung, vor allem an Kriminalitätsbrennpunkten im öffentlichen Raum. Herrmann hatte bei der Vorstellung des Projekts den Augsburger Königsplatz – das ist der zentrale Busund Tram-Knotenpunkt der Stadt nebst einem Park – ausdrücklich erwähnt. Im Dezember 2018 wurden die Pläne dort umgesetzt. Seitdem überwacht die Polizei mit 15 Kameras das weitläufige Areal.
Fühlt sich Herrmann angesichts der jetzigen schnellen Festnahmen bestätigt, was den Einsatz von Videokameras betrifft? „Wir haben das immer gefordert, und solche Fälle zeigen, dass sich die Forderung als richtig erwiesen hat“, sagt er unserer Redaktion. Man wisse ja, dass es für Augenzeugen einer Straftat schwierig sei, Täter genau zu beschreiben. „Das würde mir und Ihnen genauso gehen.“Deshalb seien Videoaufnahmen so wichtig. Diese gebe es mittlerweile ja auch in Bussen und Straßenbahnen.
Der Minister will aber nicht so weit gehen, deshalb nun einen weiteren Ausbau der Videoüberwachung zu fordern. „Wir wollen keine totale Überwachung, die gibt es nur in autoritären Staaten.“Noch entscheidender sei es, bei der Frage anzusetzen, warum es zu solchen Gewaltexzessen im öffentlichen Raum komme. Ein Umstand, der ihm Sorgen mache, räumt er ein, und auch Verunsicherung in der Bevölkerung auslöse.
2018 war die Gewaltkriminalität in Bayern um knapp zwei Prozent auf 20785 Fälle gestiegen. Der Trend für 2019, sagt Herrmann, deute darauf hin, dass es nicht noch mehr Kriminalität gegeben habe.
Der 49-Jährige, der nun in Augsburg an den Folgen der brutalen Attacke starb, war wohl ein Zufallsopfer. Der Mann, der bei der Berufsfeuerwehr der Stadt beschäftigt war, war am Freitag privat zusammen mit seiner Frau und einem weiteren Paar auf dem Christkindlesmarkt gewesen, als es nach den bisherigen Ermittlungen gegen 22.40 Uhr zu einem Streit mit den Jugendlichen kam. Warum, ist noch unklar.
Einer der jungen Männer schlug dem 49-Jährigen vor den Augen von dessen Frau gegen den Kopf. Dieser stürzte und blieb am Boden liegen. Die Täter flüchteten, das Opfer starb noch im Rettungswagen. Auch der 50-jährige Begleiter wurde geschlagen, die Frauen dagegen wurden nicht attackiert.
Am Sonntagmorgen spielen sich unweit des Tatorts bewegende Szenen ab. Mehr als hundert Beamte der Berufsfeuerwehr, Pensionisten und die Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehren in der Stadt bilden einen Kreis und gedenken des toten Kollegen. Viele haben Tränen in den Augen. Sie beschreiben das Opfer als „tollen, ruhigen Typen“. Der Feuerwehrmann aus dem Landkreis Augsburg hinterlässt neben seiner Ehefrau eine 19-jährige Tochter.