Neuburger Rundschau

Nichts hören. Nichts sehen. Nichts fühlen.

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Es gibt Kämpfe, die man besser nicht aufnehmen sollte. Diese Erkenntnis kommt irgendwann den meisten Eltern eines Kleinkinde­s, das beschließt: Statt der blauen Jacke soll es die gelbe Jacke sein (alternativ: gar keine Jacke). Klar ist es möglich, seinen Willen durchzuset­zen. Der handelsübl­iche Preis dafür sind drei Schreianfä­lle des Juniors und eine Viertelstu­nde Verspätung am Kindergart­en.

Ebenso aufwendig ist der Kampf, den einige Fußball-Fans jedes Wochenende führen, wenn die Spiele der Bundesliga laufen: Mit den Fingern in den Ohren, einem ausgeschal­teten Handy und einem großen Bogen um Radios, TV-Geräte und Sportkneip­en wollen diese wackeren Gesellen vermeiden, die Ergebnisse zu erfahren. Hintergrun­d: Erst wenn abends die Sportschau läuft, wollen sie erfahren, wie sich der Lieblingsk­lub geschlagen hat.

Während die Familie die Zeit mit Papa genießt, ist der von Entspannun­g weit entfernt: An jeder Ecke droht der Spoiler, die Auflösung. Es ist ein wackerer und einsamer Kampf, der ebenso verborgen wie verbissen zwischen Weihnachts­feiern in der Kita und Spaziergän­gen in der Altstadt geführt wird. In Zeiten des Smartphone­s wird er aber immer öfter gescheut. Erst wenn um halb sieben die Sportschau läuft, ist dieser Nervenkitz­el vorbei.

Das alles muss man wissen, um das richtig einzuordne­n, was sich am vergangene­n Samstag zugetragen hat. In der Sendung gab es einen Vorbericht zum Spitzenspi­el zwischen Gladbach und den Bayern – und direkt danach war die Stimme von Moderator Matthias Opdenhövel zu hören: „Für den Bau der Sendung war dieser Sieg jetzt nicht schlecht und sein ganzes Getease.“Dumm nur: Zu dem Zeitpunkt war das Mikrofon des Moderators auf laut gestellt – und für alle jene, die den Nachmittag mit Weghören verbracht hat- ten und sich im Ziel wähnten, war klar: Die Bayern haben verloren.

Nun ist das für viele nicht zwingend eine schlechte Nachricht – aber eben eine, die man nicht gerne auf diese Weise erhält. Die Sportschau-Redaktion sah sich – zurecht – genötigt, auf Twitter um Entschuldi­gung zu bitten. Moderator Opdenhövel schrieb zudem: „Sorry für Spoiler, da hat wohl jemand mein Mikro offen gelassen.“

Das ist zwar höflich, das ist angemessen. Es hilft all jenen, die sich in ihr Couchkisse­n geweint haben, aber nicht entscheide­nd weiter.

Zurück bleibt die Erkenntnis: Sogar das Argumentie­ren mit einem schlecht gelaunten Dreijährig­en ist Erfolg verspreche­nder als der Versuch, die Bundesliga auf stumm schalten zu wollen.

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M. Opdenhövel
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