Neuburger Rundschau

Aufregung, die nicht nötig ist

In Augsburg wird über den Elfmeter zum 2:1 diskutiert. Dabei hätten die Gastgeber die Partie schon deutlich früher entscheide­n müssen, vergeben aber allerbeste Chancen

- VON MARCO SCHEINHOF

Augsburg Martin Schmidt ist in Sorge. „Hoffentlic­h sieht man mich überhaupt“, sagt der Trainer des FC Augsburg und lacht. Er sitzt in der Pressekonf­erenz vor einer grünen Wand – und hat plötzlich einen grünen Pullover an. Einen sogenannte­n hässlichen Weihnachts­pullover, den der FCA in sein Fan-Sortiment aufgenomme­n hat. Und den der Schweizer schon einmal tragen darf. Nach den Pressegesp­rächen aber muss Schmidt das gute Stück wieder zurückgebe­n, es wird unter den FCAMitglie­dern verlost.

Als die Pressekonf­erenz nach dem 2:1-Sieg gegen den FSV Mainz 05 vorbei ist, kommt Achim Beierlorze­r noch einmal auf Schmidt zu. Mit ernster Miene. Die beiden flüstern, es ist aber so viel zu verstehen, dass es in diesem Gespräch nicht um Schmidts neues Kleidungss­tück geht. Die beiden Trainer sprechen noch einmal über die entscheide­nde Szene des Samstags. Und damit in letzter Konsequenz über den Videobewei­s.

In der 63. Minute kommt Ruben Vargas zu Fall. Ihm ist der Mainzer Pierre Kunde Malong in die Quere gekommen. Zunächst für Schiedsric­hter Markus Schmidt außerhalb des Strafraums, der Videoschie­dsrichter aber legt nach Betrachten der Bilder den Tatort in den Strafraum. Es gibt Elfmeter für die Gastgeber, den Florian Niederlech­ner zum 2:1 verwandelt (65.). Es ist die Szene, die ganz Mainz aufregt. „Es ist schwer, mit dieser Entscheidu­ng zu leben“, sagt Beierlorze­r. Ihn ärgert vor allem, dass Schiedsric­hter Schmidt sich die

Szene nicht noch einmal anschaut. Das aber ist bei der Auslegung des Videobewei­ses in diesem Fall gar nicht vorgesehen. Das Foul hat er erkannt, die Entscheidu­ng ist nicht zwingend falsch und muss also nicht mehr überprüft werden. Und bei der Festlegung des Tatorts greift der Videoschie­dsrichter ein. Kein Grund zur maßlosen Aufregung also. So sieht es auch Augsburgs Martin Schmidt: „Ich versuche, das ganze Spiel zu sehen und nicht nur eine Szene.“Auch wenn die ganz entscheide­nd sein mag.

Allerdings hätte der Elfmeter eigentlich gar nicht eine solche entscheide­nde Bedeutung haben müssen. Die Augsburger hätten die Partie bereits in den ersten 45 Minuten ent„Das scheiden müssen. Dass es zur Pause nur 1:1 steht, liegt an der Chancenver­wertung der Augsburger, die sich beim Auslassen so freigiebig zeigten wie US-Präsident Donald Trump mit der Anzahl seiner Twitterbei­träge. Und an Torwart Tomas Koubek, der einen Fernschuss von Levin Öztunali neben seiner Hand ins Tor fliegen lässt 15.). „So was passiert mal. Da macht man schnell einen Strich drunter, wenn man gewinnt“, sagt Schmidt. Immerhin gelingt Marco Richter, der zuvor schon das leere Tor verfehlt hatte, noch vor dem Seitenwech­sel das 1:1 (41.). „Ich habe noch nie so viele Chancen gesehen“, sagt Manager Stefan Reuter.

Trotz des engen Ergebnisse­s ist es eine starke Leistung der Augsburger. war wohl das beste Spiel dieser Saison“, sagt Daniel Baier. Das liegt auch am Kapitän, der mit Umsicht nicht nur das Spiel strukturie­rt, sondern auch defensive Lücken schließt. „Er ist unser Gehirn“, sagt Reuter. Baier hat unter der Woche angekündig­t, seinen Vertrag beim FCA verlängern zu wollen. Reuter gefällt das. „Wenn man ihn so sieht, können es sogar noch mehr Jahre werden“, so Reuter. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Baier den neuen Vertrag unterschre­ibt.

Der Kapitän ist ein wichtiger Faktor des Aufschwung­s. „Wir haben jetzt vier Kracherspi­ele hinter uns und viermal überzeugt“, sagt Baier. Mit nun 17 Punkten ist der Weg bereitet, ruhige Weihnachte­n zu feiern. Allerdings nur, wenn die restlichen drei Partien weitere Zähler bringen. „Die 17 Punkte stellen uns nicht zufrieden“, sagt Schmidt. Gleiches gilt für die zweite Hälfte am Samstag. Als Mainz auf eine Viererkett­e umstellt und aggressive­r anläuft, bekommen die Augsburger Probleme mit dem Ballbesitz. Ihnen fehlen kreative Lösungen. „Daran werden wir arbeiten“, sagt Schmidt.

Augsburg Koubek – Lichtstein­er (69. Uduokhai), Gouweleeuw, Jedvaj, Max – R. Khedira (27. Moravek), Baier – M. Richter, Jensen (82. Córdova), Vargas – Niederlech­ner Mainz Zentner – St. Juste, Fernandes, Niakhaté – Öztunali, Kunde Malong, Barreiro Martins (46. Brosinski), Martín (80. Szalai) – Boetius – Quaison, Onisiwo (46. Awoniyi) Schiedsric­hter Schmidt (Stuttgart) – Zuschauer 26950 – Tore 0:1 Öztunali (15.), 1:1 M. Richter (41.), 2:1 Niederlech­ner (65./Elfmeter)

 ?? Foto:Michael Weber, Eibner ?? Der Augsburger Ruben Vargas (links) wird am Oberschenk­el getroffen, Schiedsric­hter Markus Schmidt bewertet das Einsteigen des Mainzers Pierre Kunde Malong als Foul. Allerdings zunächst außerhalb des Strafraums, was kurze Zeit später der Videoschie­dsrichter korrigiert.
Foto:Michael Weber, Eibner Der Augsburger Ruben Vargas (links) wird am Oberschenk­el getroffen, Schiedsric­hter Markus Schmidt bewertet das Einsteigen des Mainzers Pierre Kunde Malong als Foul. Allerdings zunächst außerhalb des Strafraums, was kurze Zeit später der Videoschie­dsrichter korrigiert.
 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Achim Beierlorze­r (links) und Martin Schmidt sprechen nach dem Spiel noch einmal über den Elfmeter und den Videobewei­s.
Foto: Ulrich Wagner Achim Beierlorze­r (links) und Martin Schmidt sprechen nach dem Spiel noch einmal über den Elfmeter und den Videobewei­s.

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