Neuburger Rundschau

Sieg des Geldes

Anthony Joshua bezwingt Andy Ruiz und holt sich seine WM-Gürtel zurück. Dafür soll er 70 Millionen Euro bekommen haben – aus umstritten­en Quellen

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Dirijah Anthony Joshua feierte mit Sohn Joseph im Konfettire­gen des Rings, der umstritten­e saudische Kronprinz Mohammed bin Salman bejubelte den neuen Schwergewi­chtsweltme­ister aus der Vip-Loge. Die Atmosphäre nach dem einseitige­n „Kampf auf den Dünen“gegen Andy Ruiz jr. wirkte wie die zwölf Runden davor: kalkuliert und inszeniert. Selbst nach einem seiner größten Erfolge klangen Joshuas Sätze wie auswendig gelernte PRPhrasen. „Ich bin ein Mann, der Fehler gemacht hat. Doch ich bin gereift und bin zurückgeko­mmen“, sagte der nun wieder vierfache Weltmeiste­r.

Einer dieser Fehler war die Niederlage im ersten Duell mit Ruiz Anfang Juni. Doch ein viel größerer war, für den Rückkampf in das durch Menschenre­chtsverlet­zungen in Verruf geratene Saudi-Arabien zu gehen. Des Geldes wegen. Joshua erhielt dem Vernehmen nach um die 70 Millionen Euro für den Auftritt in Dirijah vor den Toren der Hauptstadt Riad. Und die Scheichs bekamen im Gegenzug ein paar Erinnerung­sfotos und weltweite Aufmerksam­keit.

Doch man kann sich eben nicht alles kaufen. So war die Atmosphäre in dem 15 000 Zuschauer fassenden, aber bei weitem nicht ausverkauf­ten Stadion so mau wie der Kampf. Stimmung kam nur von den aus Großbritan­nien angereiste­n JoshuaFans. Immerhin nahmen viele Frauen im Publikum Platz, saßen teilweise ohne Kopfbedeck­ung Seite an Seite mit den Männern. Vor gut zwei Jahren wäre das in dem Königreich noch undenkbar gewesen.

Undenkbar war für viele auch die Verfassung von Ruiz. Der Kalifornie­r war behäbig, uninspirie­rt und meilenweit von der Form entfernt, die ihn Anfang Juni im Madison Square Garden überrasche­nd zum Weltmeiste­r gemacht hatte. Da Joshua auf Nummer sicher boxte und Ruiz dank 20 Zentimeter größerer Reichweite auf Distanz hielt, mutierte das vermeintli­che Box-Spektakel zum Langweiler. Am Ende war Joshua der nach Punkten eindeutige Sieger und selbst der einst von ihm besiegte Wladimir Klitschko gratuliert­e artig.

Ruiz gestand ein, dass der plötzliche Erfolg zu viel für ihn war. „Ich kann nicht sagen, dass drei Monate Party machen spurlos an mir vorübergeg­angen sind. Das hat mich beeinfluss­t, um ehrlich zu sein“, sagte

30-Jährige und bewarb sich für ein drittes Duell mit Joshua: „Ich möchte die Trilogie und ich werde viel besser in Form sein. Ich kann jeden Boxer dieser Welt dominieren.“

Dass es einen dritten Teil zwischen Joshua und Ruiz geben wird, ist allerdings unwahrsche­inlich. Denn der Brite hat Großes vor und immer noch den Traum, ein Weltstar wie sein Vorbild Muhammad Ali zu werden. Deshalb will der

Champion der Verbände WBO, WBA, IBF und IBO sich am liebsten den WBC-Gürtel von Deontay Wilder holen. „AJ will der unbestritt­ene Champion sein und er wird es werden. Das verspreche ich“, sagte Promoter Eddie Hearn.

Wann es zum Duell mit Wilder kommen könnte, ist völlig offen. Zum einen gehen sich die beiden schon seit langem gekonnt aus dem Weg. Zum anderen wird Wilder zunächst im Februar 2020 gegen Tyder son Fury in den Ring steigen. Sicher ist lediglich, dass Hearn bei einem Kampf von Joshua gegen Wilder oder Fury nicht davor zurückschr­ecken wird, wieder nach Saudi-Arabien zu gehen.

„Es werden hier künftig viele große Kämpfe stattfinde­n und es lässt sich viel Geld verdienen“, betonte Hearn. Die kruden Machenscha­ften des Regimes sind für den Manager offenbar nur leise Nebengeräu­sche.

 ?? Foto: Nick Potts, dpa ?? Die Erleichter­ung ist Anthony Joshua anzusehen, als er nach dem Sieg gegen Andy Ruiz mit den WM-Gürteln posiert. Jetzt soll es einen Vereinigun­gskampf mit Deontay Wilder geben.
Foto: Nick Potts, dpa Die Erleichter­ung ist Anthony Joshua anzusehen, als er nach dem Sieg gegen Andy Ruiz mit den WM-Gürteln posiert. Jetzt soll es einen Vereinigun­gskampf mit Deontay Wilder geben.

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