Neuburger Rundschau

Wütender Reimer und ein „Jahrhunder­ttor“

Der ERC Ingolstadt besiegt Bremerhave­n nach einer Leistungss­teigerung im Schlussdri­ttel noch mit 4:3. Warum der Panther-Goalie kurz die Fassung verliert – und Trainer Doug Shedden überrascht vom Siegtorsch­ützen ist

- VON BENJAMIN SIGMUND

Ingolstadt Dass Doug Shedden vor Übertreibu­ngen nicht zurückschr­eckt, ist hinlänglic­h bekannt. Daher wird Dustin Friesen wissen, wie er mit der Aussage seines Trainers umzugehen hat. Friesen habe sein „erstes Tor in diesem Jahrhunder­t geschossen“, sagte der Trainer des ERC Ingolstadt süffisant, als er über den 4:3-Siegtreffe­r des Verteidige­rs gegen Bremerhave­n sprach.

Ob Friesen irgendwann seinen Enkeln von diesem Treffer erzählen wird, ist ohnehin nahezu ausgeschlo­ssen. Der Treffer war kein ästhetisch­es Kunststück, keine überragend­e Einzelakti­on. Friesen hatte den Puck lediglich flach Richtung Bremerhave­ner Tor befördert. Eigentlich ungefährli­ch, eine sichere Beute für den Goalie. Doch Verteidige­r Patrick Joseph Alber fälschte die Scheibe mit seinem Schläger unhaltbar zum 4:3 ab (56.). Damit hatten die Panther die Partie nach einem 1:2-Rückstand nach zwei Dritteln doch noch gewonnen und „einen sehr wichtigen Sieg“gefeiert, wie Shedden nach zuvor zwei verlorenen Spielen und der engen Tabellensi­tuation befand. Maßgeblich­en Anteil an diesem Erfolg hatten die „Special Teams“des ERC. Drei ihrer vier Tore erzielten die Panther in Überzahl, was eine Quote von 100 Prozent bedeutete. Dazu überstande­n sie vier Unterzahls­piele schadlos. Auch das letzte in den Schlussmin­uten, als sie den Vorsprung mit vier Mann gegen sechs Bremerhave­ner über die Runden brachten. Shedden lobte zudem seine Stürmer, die viele Schüsse blockten, und Torhüter Jochen Reimer, der zum vierten Mal in den vergangene­n fünf Spielen den Vorzug vor Timo Pielmeier erhalten hatte.

Reimer sprach von einem „Kraftakt“, als der den Sieg analysiert­e. „Es sind zwei ausgeglich­ene Mannschaft­en aufeinande­rgetroffen. Es ging hin und her. Mal hatten wir Vorteile, mal Bremerhave­n.“Rei

eigentlich die Ruhe in Person, war für die Szene des ersten Drittels verantwort­lich. Nachdem Miha Verlic für Bremerhave­n zum 1:1 ausgeglich­en hatte (17.), stürmte der Torhüter wild auf Mark Zengerle zu, stieß ihn zu Boden. Zengerle musste Reimer wohl etwas gesagt haben, das diesen in Rage brachte.

hat mir nach dem Tor etwas mit auf den Weg gegeben“, erklärte Reimer später. „Damit war ich nicht einverstan­den und wollte mich kurz mit ihm unterhalte­n. Dann wollte er nicht mehr.“Beide Spieler erhielten zwei Strafminut­en, Reimer wegen übertriebe­ner Härte, Zengerle wegen unsportlic­hen Verhaltens. Anmer, sonsten bot der erste Abschnitt wenig Highlights. Der ERC Ingolstadt, der auf die Verteidige­r Sean Sullivan und Colton Jobke verzichten musste, hatte Probleme mit dem Forechecki­ng der Gäste. Ein Tor gelang ihm dennoch. Wayne Simpson stocherte in Überzahl den Puck zum 1:0 über die Linie, nachdem Gäste„Er

Goalie Kristers Gudlevskis einen Schuss von Kris Foucault durch die Beine hatte rutschen lassen (12.). Ansonsten trafen beide Teams jeweils das Gestänge. Panther Darin Olver zu Beginn den Pfosten (1.), Hilbrich den Querbalken (16.).

Das zweite Drittel ist schnell erzählt, da kaum etwas passierte. Auch wenn das Gefühl herrschte, die Panther haben die Partie im Griff, gingen die Norddeutsc­hen in Führung. Friesen fälschte einen Schuss von Dominik Uher ab, die Scheibe kullerte an Reimer vorbei ins Netz (36.).

Fakt war: Ohne eine Leistungss­teigerung war dieses Spiel für den ERC gegen disziplini­erte Gäste nicht mehr zu gewinnen. Die Panther wurden besser. Spielten aggressive­r. Und glichen mit dem zweiten Überzahlto­r des Tages zum 2:2 aus (43.). Brandon Mashinter verdeckte Gudlevskis die Sicht, weswegen dieser bei einem Schlagschu­ss von Koistinen von der blauen Linie machtlos war. Dann: Wieder Überzahl ERC. Der nächste Schlagschu­ss. Diesmal von Maury Edwards. 3:2 (50.). Und Bremerhave­n? Kam zurück und glich durch Stefan Espeland aus (55.).

61 Sekunden später erzielte Friesen sein „Jahrhunder­ttor“zum 4:3 (56.) und brachte dem ERC die drei Punkte. Dass Shedden sich an kein Friesen-Tor erinnern konnte, ist im Übrigen keine Überraschu­ng. Zuletzt hatte der Verteidige­r am 22. Dezember 2017 bei einem 5:1-Sieg in Bremerhave­n getroffen. Shedden saß erst sechs Tage später erstmals auf der Panther-Bank. Insgesamt hat Friesen in seiner sechsten Saison für die Panther nun 15 Tore erzielt. ERC Ingolstadt Reimer – Edwards, Wagner; Koistinen, Friesen; Schütz, Pruden; Taticek – Detsch, Olver, Mashinter; Simpson, Olson, Collins; D’Amigo, Bailey, Foucault; Elsner, Wohlgemuth, Höfflin – Tore 1:0 Simpson (12/PP.), 1:1 Verlic (17.), 1:2 Uher (35.), 2:2 Koistinen (43./PP), 3:2 Edwards (50./PP), 3:3 Espeland (55.), 4:3 Friesen (56.) – Zuschauer 3710.

 ?? Foto: Johannes Traub ?? Wütend: Ingolstadt­s Torhüter Jochen Reimer stößt Bremerhave­ns Mark Zengerle zu Boden, nachdem der ihm nach dem 1:1-Ausgleich etwas „mit auf den Weg“gegeben hatte.
Foto: Johannes Traub Wütend: Ingolstadt­s Torhüter Jochen Reimer stößt Bremerhave­ns Mark Zengerle zu Boden, nachdem der ihm nach dem 1:1-Ausgleich etwas „mit auf den Weg“gegeben hatte.

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