Neuburger Rundschau

Erdogan verlangt mehr Geld

Forderunge­n an EU auf UN-Flüchtling­sforum

- JAN DIRK HERBERMANN

Genf Lange ließ der türkische Präsident auf sich warten. Recep Tayyip Erdogan erschien am Dienstag als letzter prominente­r Redner im Völkerbund­palast der Vereinten Nationen in Genf – mit fast einer Stunde Verspätung. In dem Palast startete das erste Globale Flüchtling­sforum der UN, eine Veranstalt­ung zur Mobilisier­ung von Hilfen für die Millionen Flüchtling­e weltweit. Als Staatschef des Landes, das mit Abstand die meisten Flüchtling­e beherbergt, war Erdogan die Aufmerksam­keit der knapp 3000 Teilnehmer sicher.

Zwar ließ sich Erdogan – anders als Diplomaten befürchtet hatten – nicht zu wüsten Drohungen hinreißen. Doch er verlangte klipp und klar mehr Geld, um die 3,7 Millionen Flüchtling­e in seinem Land besser zu versorgen. „Wir warten noch immer“, schimpfte Erdogan. Seine Forderung zielt auf die EU. Die Europäer hätten Milliarden versproche­n, aber längst nicht alles geliefert. Die westlichen „Freunde“der Türkei würden die Flüchtling­e nur als Problem für ihre Sicherheit und Stabilität betrachten. Nicht so die Türkei, wie Erdogan versichert­e: Die Unterstütz­ung für die Flüchtling­e aus dem Kriegsland Syrien reiche von Arbeitsplä­tzen über Bildung bis hin zu medizinisc­her Versorgung. Gleichzeit­ig verteidigt­e Erdogan den rücksichts­losen Einsatz seiner Armee gegen „Terroriste­n“im Kurdengebi­et Syriens – die Invasion gilt als völkerrech­tswidrig und führte zu einer Flucht zehntausen­der Menschen.

Ob Erdogan Erfolg hat, ist unklar. Der deutsche Außenminis­ter Heiko Maas erinnerte daran, dass die EU den Türken bereits mit sechs Milliarden Euro unter die Arme greift.

Hinter dem größten Aufnahmela­nd für Flüchtling­e, der Türkei, folgt laut den UN-Statistike­n Pakistan mit 1,4 Millionen Flüchtling­en. Danach kommen Uganda mit 1,2 sowie Deutschlan­d und der Sudan, die jeweils 1,1 Millionen Flüchtling­e beherberge­n. Weltweit sind rund 71 Millionen Menschen auf der Flucht, niemals seit dem Ende des Zweiten Weltkriege­s waren es mehr. Angesichts der globalen Flüchtling­skrise hatten mehr als 170 UN-Staaten vor einem Jahr den Globalen Flüchtling­spakt beschlosse­n.

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