Wer’s glaubt, ist selig
Gibt es das Christkind? So lange die Kinder daran glauben, ist alles gut. Doch wenn sie anfangen Fragen zu stellen, bringt das die Eltern in die Bredouille. Dann ist Fantasie gefragt
Ein Glitzern am Himmel, ein Schatten hinter dem Wohnzimmerfenster und staunende Kinderaugen, wenn sich die Tür öffnet und sie den strahlenden Christbaum entdecken, an dessen Fuß jede Menge Geschenke liegen. Die Zeit, in der Kinder an das Christkind glauben, hat etwas Magisches. Und doch stellen die Mädchen und Buben mit der Zeit immer detailliertere Fragen zum Christkind, der Logistik hinter dem Geschenketransport oder dem Geschenkpapier, das das gleiche ist wie das im heimischen Keller. Sie bringen Eltern in die Bredouille und nicht selten entspinnt sich daraus ein Geflecht aus Geschichten, das von den lieben Kleinen mit analytischer Entschlossenheit hinterfragt wird. Wir haben Mütter und Väter nach ihren lustigsten Erfahrungen gefragt.
● Gloria Geißler mit Tochter Antonia (4 Jahre): In den vergangenen Jahren haben mein Mann und ich am Heiligen Nachmittag unsere Kinder Oma und Opa in die Hand gedrückt, um in Ruhe den Baum zu schmücken. Bei einer Tasse Glühwein und Weihnachtsliedern ist das für uns immer der besinnliche Teil des Weihnachtstages, bevor dann mit der Bescherung wieder die Hölle losbricht. Als ich meiner Tochter neulich sagte, dass der Opa heuer am Heiligen Nachmittag mit ihr ins Kino geht, fragte sie, warum Papa und ich nicht mitgehen. Ich sagte ihr, dass Papa und ich den Baum schmücken. Ihre Antwort – wie sollte es anders sein: „Ich will auch mithelfen!“Ähhhm nein, das geht nicht, weil das Christkind ja nicht kommt, wenn jemand zu ist. „Aber Mama, ihr seid doch zu Hause.“Und schon verstrickt man sich immer weiter in seine Geschichte: „Naja, Erwachsene stören das Christkind nicht, nur wenn Kinder es sehen könnten, traut es sich nicht rein.“Nach kurzem Nachdenken war ihr Fazit, das keine Widerrede duldete: „Dann schreiben wir dem Christkind einfach auf den Wunschzettel dazu, dass es erst kommen soll, wenn wir in der Kirche sind. Und ich helfe euch davor beim Baumschmücken.“
● Susanne Stöger mit Sohn Levi (9 Jahre) und Noah (16): Noah glaubte schon lange nicht mehr ans Christkind, aber behielt dieses Wissen gegenüber seinem kleinen Bruder immer für sich. Eines Tage muss Levi ihn aber so genervt haben, dass er ihm entgegenhielt, dass es das Christkind gar nicht gibt. Levi war am Boden zerstört und hat bitterlich geweint. Eigentlich war er da schon in einem Alter, in dem man ihm die Wahrheit, da sie ja schon einmal ausgesprochen war, auch gut hätte sagen können. Aber er war so enttäuscht und wollte weiter dran glauben, dass wir ihm gesagt haben, dass große Brüder nicht immer recht haben. Als ich ihn später noch mal fragte, warum es so schlimm für ihn wäre, wenn es das Christkind nicht gibt, sagte er mir: „Ja Mama, weil es doch dann auch keine Geschenke gibt.“Tja, da hätte sich mein Mutterherz eigentlich eine andere Erklärung erhofft...
● Tanja Meding mit Tochter Sofia (7 Jahre): Beim allweihnachtlichen Geschenkebesorgen kommt es imHause mer wieder vor, dass Sofia dabei ist. Jahrelang war das kein Problem und wurde von ihr nie hinterfragt. Heuer allerdings fragte sie plötzlich an der Kasse, warum eigentlich WIR die Geschenke für Oma, Opa und Co. besorgen. Verdutzt fiel mir auf die Schnelle keine Antwort ein. Die Kassiererin sprang mir zur Seite und gemeinsam erklärten wir ihr, dass das Christkind es gar nicht schafft, alle Geschenke zu besorgen. Und tragen kann es auch nicht alles auf einmal. Deswegen greifen wir ihm mit ein paar Besorgungen unter die Arme. Sie guckte zwar skeptisch, hat unsere Erklärungen aber hingenommen. Puh, das ist gerade noch mal gut gegangen. Im nächsten Jahr muss ich meine Shoppingtouren anders organisieren.