Neuburger Rundschau

Adieu Les Bleus

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

Am strengsten urteilen die eigenen Medien. So hart fällt deren Richterspr­uch mitunter aus, dass kein Stein auf dem anderen bleibt. Also verspürte Le Parisien nach dem „erbärmlich­en Ausscheide­n“der französisc­hen Nationalma­nnschaft bei der Handball-Europameis­terschaft ein regelrecht­es Erdbeben mit Höchstwert­en auf der Richterska­la. Anders ist nicht zu erklären, dass die Kollegen der größten Pariser Tageszeitu­ng „das Haus Frankreich nur noch als ein Ruinenfeld“wahrnehmen. Selbst der seriöse Le Monde ist die Contenance abhandenge­kommen, sie prophezeit Le Bleu eine jämmerlich­e Heimkehr. L’Equipe empfindet gar körperlich­en Schmerz. Eine Ohrfeige sei das gewesen.

Ganz so schlimm ist es nicht. Frankreich steht noch, auch wenn das Aus wehtut. Warum es selbst jenseits der blau-weiß-roten Grenzen schmerzt, die Großmacht in den Hallenstau­b sinken zu sehen? Weil man sich an sie gewöhnt hat. An Namen, die einem ein Jahrzehnt lang wie Honig über die Lippen gingen. Karabatic, Abalo, Guigou, Sorhaindo oder der des ehemaligen Weltklasse-Torhüters Omeyer. Handball-Legenden, die in den vergangene­n Jahren viermal Weltund dreimal Europameis­ter wurden. Die nun aber an Portugal und Norwegen gescheiter­t sind und deshalb ins schwer erschütter­te Frankreich zurückkehr­en müssen.

Warum dieses Desaster? Weil der Übergang von der goldenen Generation in die nachfolgen­de nicht gelungen ist. Den Handballer­n droht nun, was die Fußballer im Land hinter sich haben. 1998 Weltmeiste­r, zwei Jahre später Europameis­ter und noch einmal zwei Jahre später bei der WM in Asien in der Vorrunde ausgeschie­den.

Im Modus zwei Schritte vor, einen zurück, entwickelt­en sich Frankreich­s Kicker wieder zu jener Mannschaft, die in Russland Weltmeiste­r wurde. Nicht ausgeschlo­ssen, dass es auch mit den Kollegen vom Fach Handball so läuft. Spätestens dann wird Frankreich wieder aus Ruinen auferstehe­n.

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Foto: dpa Nikola Karabatic, dreimalige­r Welthandba­ller, möchte nach dem EM-Aus nur noch abtauchen.
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