Adieu Les Bleus
Am strengsten urteilen die eigenen Medien. So hart fällt deren Richterspruch mitunter aus, dass kein Stein auf dem anderen bleibt. Also verspürte Le Parisien nach dem „erbärmlichen Ausscheiden“der französischen Nationalmannschaft bei der Handball-Europameisterschaft ein regelrechtes Erdbeben mit Höchstwerten auf der Richterskala. Anders ist nicht zu erklären, dass die Kollegen der größten Pariser Tageszeitung „das Haus Frankreich nur noch als ein Ruinenfeld“wahrnehmen. Selbst der seriöse Le Monde ist die Contenance abhandengekommen, sie prophezeit Le Bleu eine jämmerliche Heimkehr. L’Equipe empfindet gar körperlichen Schmerz. Eine Ohrfeige sei das gewesen.
Ganz so schlimm ist es nicht. Frankreich steht noch, auch wenn das Aus wehtut. Warum es selbst jenseits der blau-weiß-roten Grenzen schmerzt, die Großmacht in den Hallenstaub sinken zu sehen? Weil man sich an sie gewöhnt hat. An Namen, die einem ein Jahrzehnt lang wie Honig über die Lippen gingen. Karabatic, Abalo, Guigou, Sorhaindo oder der des ehemaligen Weltklasse-Torhüters Omeyer. Handball-Legenden, die in den vergangenen Jahren viermal Weltund dreimal Europameister wurden. Die nun aber an Portugal und Norwegen gescheitert sind und deshalb ins schwer erschütterte Frankreich zurückkehren müssen.
Warum dieses Desaster? Weil der Übergang von der goldenen Generation in die nachfolgende nicht gelungen ist. Den Handballern droht nun, was die Fußballer im Land hinter sich haben. 1998 Weltmeister, zwei Jahre später Europameister und noch einmal zwei Jahre später bei der WM in Asien in der Vorrunde ausgeschieden.
Im Modus zwei Schritte vor, einen zurück, entwickelten sich Frankreichs Kicker wieder zu jener Mannschaft, die in Russland Weltmeister wurde. Nicht ausgeschlossen, dass es auch mit den Kollegen vom Fach Handball so läuft. Spätestens dann wird Frankreich wieder aus Ruinen auferstehen.