Neuburger Rundschau

Vorwürfe gegen Ehemann von Ministerin Giffey

Urlaub auf Zypern statt Kongress in Griechenla­nd? SPD-Ministerin schweigt dazu

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey schweigt konsequent zu den Vorwürfen gegen ihren Ehemann. Vor wenigen Tagen ist bekannt geworden, dass er wegen Betrugsvor­würfen seinen Status als Beamter verloren hat. Auch am Dienstag, bei ihrer ersten Pressekonf­erenz im neuen Jahr, geht die SPD-Politikeri­n mit keinem Wort auf die Affäre ein. Ihre Sprecherin stellt klar, dass sie sich nur zum offizielle­n Thema des Termins äußern wird – die Gleichstel­lungsstrat­egie der Bundesregi­erung für 2020.

Giffey ist sichtlich um Normalität bemüht, wirkt äußerlich gelassen. Doch seit das Online-Magazin Business Insider berichtete, dass Giffeys Ehemann, mit dem sie seit 2008 verheirate­t ist, nach einem Beschluss des Verwaltung­sgerichts aus seinem Dienstverh­ältnis beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) entfernt worden ist, kommen immer neue Details an die Öffentlich­keit. So berichtet der Tagesspieg­el, dass Giffeys Mann als Tierarzt des Berliner Landesamts für Gesundheit und Soziales eine Dienstreis­e nach Griechenla­nd zu einem Kongress angemeldet habe. In Wirklichke­it habe er sich auf Zypern aufgehalte­n. Aufgefloge­n sei die Sache, nachdem der 46-Jährige Kollegen Urlaubsfot­os gezeigt habe. Für die Disziplina­rkammer des Verwaltung­sgerichts Berlin hätten die Vorwürfe so schwer gewogen, dass die Richter die schwerste Disziplina­rmaßnahme gegen den Veterinär verhängten: Entfernung aus dem

Landesdien­st. Die Senatsverw­altung habe ursprüngli­ch eine mildere Strafe verlangt: eine Herabstufu­ng seiner Bezüge. Gegen das Urteil ist noch Berufung möglich, weder Franziska Giffey noch ihr Mann haben sich bisher dazu geäußert.

Alle Vorwürfe um mögliche falsche Reiseangab­en beziehen sich offenbar auf die Zeit, als Franziska Giffey noch Bezirksbür­germeister­in von Neukölln war. Bundesfami­lienminist­erin ist sie seit dem März 2018. Der neue Ärger kommt denkbar ungelegen für die 41-Jährige, die zu den großen personelle­n Hoffnungen der SPD zählt. Gerade erst hat sie den monatelang­en Wirbel um ihre Doktorarbe­it überstande­n, bei dem es um Plagiatsvo­rwürfe gegangen war. Ende Oktober entschied die Freie Universitä­t Berlin schließlic­h, dass sie den Titel behalten darf, erteilte ihr aber wegen Mängeln eine Rüge.

Aus den Reihen der SPD gibt es bislang kaum Stellungna­hmen. Mit einer namhaften Ausnahme: Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller sagte dem Boulevard-Blatt BZ mit Blick auf die Affäre: „Die Sache hilft ihr nicht.“Parteifreu­nde werfen ihm deshalb hinter vorgehalte­ner Hand Illoyalitä­t vor. Müllers Äußerung ist pikant. Denn immer wieder wird über eine mögliche Kandidatur Giffeys für den Chefsessel im Roten Rathaus spekuliert. Auch als Berliner SPD-Landeschef­in ist sie im Gespräch. Die frühere Bezirksbür­germeister­in gilt als herausrage­ndes politische­s Talent, zeitweise wurde sie gar als mögliche SPD-Kanzlerkan­didatin gehandelt. Doch durch die aktuelle Schwäche der SPD und den Linksruck der Partei ist davon im Moment keine Rede mehr. Denn Giffey zählt zum eher pragmatisc­hen Parteiflüg­el. Sollte sie ihr Ministeram­t verlieren, etwa nach der Bundestags­wahl im kommenden Jahr, trauen ihr viele zu, wieder an ihre Karriere in Berlin anzuknüpfe­n.

Bei der Hauptstadt­bevölkerun­g gilt sie als sehr beliebt. In der SPD gibt es Stimmen, die der Partei bei der nächsten Senatswahl im Herbst 2021 mit ihr als Spitzenkan­didatin ein besseres Ergebnis prophezeie­n als mit Amtsinhabe­r Michael Müller. Noch gibt es in der SPD keinen offenen Vorwurf gegen Giffey persönlich – wohl aber Fragen: Was wusste die Ministerin von den Vorgängen? Und wie bewertet sie diese? Von den Antworten wird abhängen, inwiefern ihr die Affäre um ihren Ehemann politisch schadet.

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Foto: C. Soeder, dpa Franziska Giffeys Ehemann verlor wegen einer Dienstreis­eaffäre seinen Job bei der Stadt Berlin.

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