Neuburger Rundschau

Mehr pünktliche Züge trotz vieler Baustellen?

Der Bund verspricht der Bahn so viel Geld wie nie. Was damit passieren soll

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Im Zeitalter der Dampflokom­otive stecken geblieben – dieses Bild benutzte Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) für den Zustand der Deutschen Bahn, bevor er am Dienstag mit einer Unterschri­ft seine Kasse weit öffnete, um bei dem Schienenko­nzern für mehr Tempo zu sorgen. Zwischen 2020 und 2030 fließt dem Unternehme­n die Rekordsumm­e von 86 Milliarden Euro zu, um Gleise, Netze und Brücken in Schuss zu bringen. Geld für neue Loks und Waggons kommt aus einem anderen Topf und hat mit der nun beschlosse­nen Leistungsv­ereinbarun­g nichts zu tun.

Die Aufstockun­g der Mittel kann der Staatskonz­ern gut gebrauchen. Derzeit kommt jeder vierte Zug im Fernverkeh­r zu spät, tausende Verbindung­en werden ersatzlos gestrichen, Reisende beklagen schlechten Service an Bord. Das soll sich nun ändern. Mit dem Geldsegen sollen jedes Jahr tausende Kilometer Gleise und tausende Weichen erneuert werden. Teile des Materials stammen noch aus der Kaiserzeit. Von den 86 Milliarden Euro stellt die Bundesregi­erung 62 Milliarden bereit, 24 Milliarden muss die Bahn selbst aufbringen. Weil ihre Finanzlage angespannt ist, könnte sich der zweite Teil der Gleichung aber als wackelige Angelegenh­eit erweisen.

Die Generalübe­rholung des Schienenne­tzes wird für mehr Baustellen sorgen, die den Fahrplan durcheinan­derbringen können. Dennoch soll die Pünktlichk­eit in den nächsten Jahren verbessert werden. Das Zauberwort, um das Spannungsf­eld aufzulösen, heißt im Bahnsprech „kundenfreu­ndliches Bauen“. Pro Jahr steht eine feste Summe zur Verfügung, um beispielsw­eise vor der Erneuerung einer Brücke eine Behelfsbrü­cke errichten zu können.

Bahnchef Richard Lutz dämpfte dennoch überhöhte Hoffnungen. „Nur weil jetzt 86 Milliarden im

Vertragswe­rk stehen, wird es morgen natürlich noch nicht besser“, erklärte Lutz bei der Vertragsun­terzeichnu­ng. Jedes Jahr sollen seine Züge „Stück für Stück“pünktliche­r in den Zielbahnho­f einfahren.

Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) hatte ihm bei der Zeremonie in seinem Ministeriu­m zuvor eine andere Botschaft mitgegeben. „Die Ungeduld in der Politik ist da. Die Bahn muss pünktliche­r, effiziente­r, besser werden“, forderte der CSU-Mann von seinem Bahnchef. Die Bundesregi­erung hat ihr eigenes Unternehme­n zum zentralen Instrument im Kampf gegen den Klimawande­l auserkoren. Viel mehr Reisende sollen das Auto stehen lassen und in den Zug steigen. Viel mehr Güter sollen statt auf der Straße über die Schiene transporti­ert werden.

Besser werden muss die Bahn auch bei der Kommunikat­ion. Eine Schaffneri­n hatte einer schwangere­n Frau mit Kinderwage­n vergangene Woche ihre Hilfe beim Einsteigen verwehrt. Auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter verbreitet­e die Bahn, dass das Zugpersona­l angeblich nicht versichert sei, wenn es Kinderwage­n an Bord hieve. Der Bahnchef beklagte diesen Fehler seiner Leute. „Wenn die Hilfe gebraucht wird, werden wir sie anbieten“, sagte Lutz unserer Redaktion. Das gelte für Eltern mit Kinderwage­n, genauso für Rollstuhlf­ahrer oder Fahrgäste mit Gipsbein.

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