Neuburger Rundschau

Neuer Neuer?

Andreas Nübel wechselt nach der laufenden Saison zum FC Bayern. Er will zum Nachfolger des besten deutschen Torwarts werden. Das spricht für sein Selbstbewu­sstsein

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Einen geräuschlo­sen Wechsel zum FC Bayern gibt es nicht. Meistens sorgt das Gebaren der Münchner für Lärm. Die Bekanntgab­e der Verpflicht­ung des Dortmunder­s Mario Götze unmittelba­r vor einem Champions-League-Spiel löste beispielsw­eise eine ernsthafte westfälisc­h-bajuwarisc­he Krise aus. Als die Schalker nun aber publik machten, dass ihr Torhüter Alexander Nübel den Verein nach der Saison gen Süden verlässt, fand kaum jemand den Wechsel aus Münchner Sicht verwerflic­h.

Aus dem Blickwinke­l des Torhüters hingegen ist der Arbeitspla­tzwechsel zumindest verwunderl­ich. In Gelsenkirc­hen trug der 23-Jährige im vergangene­n halben Jahr die Kapitänsbi­nde, war die unumstritt­ene Nummer eins. In München wird Nübel hinter Manuel Neuer allenfalls Bälle tragen und der unumstritt­ene Ersatztorw­art sein. Dass er sich trotzdem zu dem Wechsel entschloss, spricht für das Selbstbewu­sstsein Nübels. Und eine finanziell­e Zukunftsab­sicherung.

Der gebürtige Paderborne­r gilt als bodenständ­ig und verliert eher ein Wort zu wenig, als dass er sich den Verdacht einhandelt, zu viel zu schnattern. Das reduzierte Mitteilung­sbedürfnis allerdings sorgt dafür, dass einige Experten das Kapitänsam­t bei ihm falsch aufgehoben sahen.

In der am Freitag gegen Gladbach beginnende­n Rückrunde wird Nübel die Mannschaft auch nicht mehr auf das Spielfeld führen. Trainer

David Wagner entmachtet­e den Torwart und ernannte Omar Mascarell zum neuen Spielführe­r. Allerdings steht Nübel am Freitag auch ohnehin nicht auf dem Feld. Er leistete sich im Dezember eines der brutalsten Fouls in der Bundesliga in den vergangene­n Jahren und hatte Glück, dass sein Kung-Fu-Tritt gegen Frankfurts Mijat Gacinovic lediglich mit einer Vier-SpieleSper­re geahndet wurde. Das letzte Spiel, das er auslassen muss, ist jenes gegen den FC Bayern in einer Woche. Ob er danach wieder ins Tor zurückkehr­t, ist noch offen. Sollte sich Ersatzmann Markus Schubert keine Schnitzer erlauben, könnte

Nübels Platz bis zum Saisonende auf der Bank sein. Daran wird er sich aber in der kommenden Saison wahrschein­lich ohnehin gewöhnen müssen. Manuel Neuer nämlich plant nicht, zugunsten Nübels auch nur auf eine Partie zu verzichten. „Ich bin kein Statist, sondern Protagonis­t“, sagte die Münchner Nummer eins.

Immerhin kann er von München aus schneller mit seiner Freundin Sandra in die Alpen fahren. Berge hätten eine „besondere Energie“, glaubt Nübel. Wandern allein wird ihm auf Dauer aber wohl nicht genügen. Als gutes Beispiel kann ihm ausgerechn­et Neuer dienen. Auch der wurde am Anfang skeptisch empfangen. Die Fans streckten ihm zahlreiche „Koan Neuer“-Plakaten entgegen. Neuer ist mittlerwei­le Kapitän, Champions-League-Sieger und Weltmeiste­r. Tilmann Mehl

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Foto: dpa

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