Neuburger Rundschau

Um diese Vorschläge geht es

Reicht eine Informatio­nskampagne, um die Spendenber­eitschaft zu erhöhen?

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● Die große Lösung: Eine Abgeordnet­engruppe um Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) und den SPD-Fachpoliti­ker Karl Lauterbach macht sich für eine „doppelte Widerspruc­hslösung“stark. Sie würde das bestehende Prinzip umkehren, dass Organentna­hmen nur bei ausdrückli­ch erklärtem Ja zulässig sind. Stattdesse­n soll jeder automatisc­h Spender sein – man soll dem aber jederzeit widersprec­hen können und müsste das in einem neuen Register speichern. Vor einer Transplant­ation müsste ein Arzt dort abfragen, ob es eine Erklärung gibt. Falls nicht und es auch sonst kein schriftlic­hes Nein gibt, ist der nächste Angehörige zu fragen – aber nicht nach einer eigenen Entscheidu­ng, sondern ob er ein Nein oder einen anderen Willen des Verstorben­en kennt.

Geplant ist eine große Informatio­nskampagne, außerdem soll jeder ab 16 Jahren dreimal direkt mit Informatio­nen angeschrie­ben werden. Kommen Minderjähr­ige als Spender infrage, wäre eine Organentna­hme nur zulässig, wenn ein Angehörige­r zugestimmt hat. Bei Menschen, die die Tragweite einer solchen Entscheidu­ng nicht erkennen können

– etwa wegen einer geistigen Behinderun­g – sollen Organspend­en grundsätzl­ich tabu sein.

● Die alternativ­e Lösung: Eine andere Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock und die LinkeVorsi­tzende Katja Kipping lehnt einen derart tiefen Eingriff in die Selbstbest­immung ab. Sie schlägt stattdesse­n vor, die Bürger mindestens alle zehn Jahre direkt anzusprech­en. Wer ab 16 einen Personalau­sweis beantragt, ihn verlängert oder sich einen Pass besorgt, soll auf dem Amt Informatio­nsmaterial bekommen. Beim Abholen kann man sich dann auch schon direkt vor Ort in ein neues Online-Register eintragen – mit Ja oder Nein. Auch in Ausländerb­ehörden soll es so etwas geben. Selbst beraten sollen Ämter ausdrückli­ch nicht.

Für eine regelmäßig­e Aufklärung spielen in diesem Konzept auch Hausärzte eine größere Rolle. Sie können Patienten bei Bedarf alle zwei Jahre über Organspend­en informiere­n und zum Eintragen ins Register ermuntern – aber ergebnisof­fen und mit dem Hinweis, dass es weiter keine Pflicht zu einer solchen Erklärung gibt. Grundwisse­n über

Organspend­en soll auch Teil der Erste-Hilfe-Kurse vor einer Führersche­inprüfung werden. Im Online-Register sollen Entscheidu­ngen jederzeit zu ändern sein.

● Andere Länder: Frankreich, Polen, Österreich, Tschechien, Norwegen und Belgien haben die Widerspruc­hslösung. Jeder ist Organspend­er, es sei denn, er widerspric­ht ausdrückli­ch. In Schweden und in Dänemark gilt die Zustimmung­slösung. Das heißt, die Organe können nur entnommen werden, wenn die verstorben­e Person zu Lebzeiten zugestimmt hat.

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