Neuburger Rundschau

Die neuen Möbel haben Mehr-Wert

In Köln zeigen Designer ihre Entwürfe für das Wohnen. Demnach kann ein Sofa auch ein Regal sein und ein Stuhl ein ganzes Büro

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1. Von wegen nur ein Sofa

Multifunkt­ionale Möbel sind eigentlich nichts Neues – mindestens die erste Wohnung vieler war so klein, dass ein Esstisch auch der Schreibtis­ch sein musste. Heute ist der teure Wohnraum für viele ein Problem geworden. Die Wohnfläche wird tendenziel­l kleiner, das Bedürfnis nach multifunkt­ionalen Möbeln größer. Selbst die großen und stylishen Einrichter gehen diesem Trend nach – und ihre Möbel sind nicht nur funktional, sondern auch schick.

Die Verbindung zweier sonst getrennter Möbel kann sogar ein spannender Hingucker sein. Etwa das neue Sofasystem Liv von Rolf Benz. Seine Rückwand und die Armlehnen sind auch ein offenes, schlankes Regal für Bücher und Deko. Und der Stuhl Cila Go von Arper bietet in einer Ausführung nicht nur Stauraum im Fußraum, er ist dank eines schwenkbar­en kleinen Tisches ein ganzes kleines Büro. Besonderer Fokus der Designer scheint aktuell auf dem Hocker zu liegen – manchmal wie etwa bei Artifort mit Schleife zum Herumtrage­n. Der Hocker ist längst nicht mehr nur Ergänzung zur Couch, sondern komplettie­rt oder ersetzt gar den Stuhl am Esstisch. Oder die Möbel verschwind­en ganz: Floating Office zieht einen Schreibtis­ch per Knopfdruck hoch, wenn man ihn nicht mehr braucht. Er hat keine Tischbeine, sondern hängt an Seilen an der Decke. „Wir wollten in sehr kleinen Wohnungen jenen Raum gewinnen, den man bislang noch nicht nutzt – die Decke“, erklärt Firmenvert­reter Florian von Heißen. Der Schreibtis­ch ist ein erster Anwendungs­fall, ein hochziehba­rer Wäschestän­der und ein Bett sind auch angedacht. Ein anderes Beispiel: Naber zeigt auf der Messe eine Armatur, die sich um 90 Grad abkippen und damit ins Spülbecken versenken lässt. Darüber kommt ein Holzbrett, und schon wird die Spüle als Arbeitsflä­che nutzbar.

2. Von wegen eintönig

Die Zeiten der harten, knallbunte­n Farbkontra­ste sind vorbei. „Man sieht zwar an den Ständen auch einige Produkte in mehreren Farben nebeneinan­derstehen, aber davon auszugehen, die Messe ist bunt, ist falsch“, erklärt Trend-Analyst Frank A. Reinhardt. Vielmehr werden statt kontrastre­icher Kombinatio­nen Ton-in-Ton-Kombinatio­nen aus einer Farbfamili­e genutzt. So trifft häufig das sanftgraue Sofa auf dunkelgrau­e Sessel, kombiniert mit noch mal andersgrau­en Kissen. Langweilig? Keineswegs – die leichte Nuancenver­änderung bringt Spannung in die Optik. Zwar sind die neuen Farben vornehmlic­h dezent und natürlich, vor allem die erdigen Brauntöne wie Ocker und Beige sieht man oft. Aber es geht auch farbiger: Auf der Messe sieht man sonnengelb­e Kissen auf einem nur minimal abschattie­rten gelben Sofa, Rostrot findet sich bei Korallenro­t und zartes Blau angelehnt an das royalblaue Familienmi­tglied.

3. Von wegen nur ein Leben

„Im Möbelberei­ch geht es nicht mehr darum, wie hochwertig ein Möbel ist, sondern wie langlebig“, sagte der Designer Luca Nicetto bei der Präsentati­on seines neuen Sofas für Rolf Benz. Denn Nachhaltig­keit ist ein Schritt zu mehr Umweltschu­tz, ein großes Thema der Möbelbranc­he. Zwar hat das eine – die Hochwertig­keit – Auswirkung auf das andere – die Langlebigk­eit, weshalb viele Firmen verstärkt die Qualität ihrer Möbel betonen. Es geht aber auch darum, Materialie­n einzusetze­n, die zum Beispiel ein langes Leben dank Recycling erwartet. Ein Beispiel dafür ist eine neue Matratze der Euro Comfort Group, die aus alten PET-Flaschen gefertigt wird.

4. Von wegen nur Holz

Natur kommt sinnbildli­ch in den Wohnraum: Holzmöbel sind hoch im Kurs – noch mehr als schon in den vergangene­n Jahren setzen Designer darauf. Aber da geht noch mehr: Hartmann zum Beispiel lässt die Rinde am Holz für das Regal dran. Und bald schon soll jeder Kunde, der ein Produkt kauft, GPSKoordin­aten von dem Ort erhalten, wo der Ersatzbaum für das verwendete Material gepflanzt wurde. Ebenfalls Rinde und Moos verarbeite­t die Freund GmbH zu Leuchten, Tonon hat mit Flower Design von Martin Ballendat einen Stuhl in Blütenform im Programm.

5. Von wegen nur für drinnen

Auch auf Balkonen stehen immer hochwertig­ere und schickere Möbel. Ganz leise und in kleinen Schritten haben viele klassische Einrichter angefangen, Gartenmöbe­l zu produziere­n. Viele Indoorlabe­l machen das inzwischen zusätzlich, um ein komplettes Programm anbieten zu können, erklärt Christoph Kahleyss. So können die Stammkunde­n einer Linie treu bleiben. Kahleyss designt für das Label Firma Freifrau – deren eigentlich fürs Haus gedachte Schaukel gibt es jetzt auch für den großen Baum im Garten.

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Foto: Team 7, dpa Multifunkt­ional und langlebig müssen neue Möbel sein.
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Foto: Petr Krejci, AHEC Nachhaltig­keit wird durch hochwertig­e Materialie­n betont.
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Foto: dpa Hocker sind beliebt bei Designern – und Ton-in-Ton-Gestaltung.

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