Neuburger Rundschau

Unauffälli­g, aber stark? Der neue Stil der AKK

Annegret Kramp-Karrenbaue­r agiert als CDU-Vorsitzend­e sehr zurückhalt­end. Kritik und schlechte Umfragewer­te nimmt sie dabei in Kauf

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Klausurtag­ungen können ganz unterschie­dlich abgehalten werden. Nimmt man die jährliche Veranstalt­ung der CSULandesg­ruppe, geht es um maximale Aufmerksam­keit. Klausurtag­ungen der CDU hingegen verpufften in den Jahren mit Angela Merkel an der Spitze immer mehr. Mit Parteichef­in Annegret KrampKarre­nbauer gehen sie nun sogar nahezu windstill über die Bühne. Was kein Nachteil sein muss.

Merkel war in ihrer Zeit als Parteivors­itzende nie eine Stimmungsk­anone. Der Kanzlerin durfte unterstell­t werden, dass sie auf Wahlkampfv­eranstaltu­ngen keine Lust hatte, Klausurtag­ungen als Zeitversch­wendung empfand und solche Termine deshalb ebenso eilig wie eisig absolviert­e. KrampKarre­nbauer scheint noch ein paar Stufen abgekühlte­r unterwegs zu sein. Es ist aber an der Zeit, das als ihren Stil zu begreifen.

Kramp-Karrenbaue­r wurde vor ihrer Wahl scharf kritisiert, sie wurde auf dem Hamburger Wahlpartei­tag kritisiert und danach riss die Kritik nie ab. Es gibt zwei Arten, darauf zu reagieren: Attacke vorwärts ist die eine. Einfach mal den Mund halten und still seine Arbeit machen die andere.

Kramp-Karrenbaue­r hat sich für die zweite Variante entschiede­n. Sie macht ihren Job, so wie sie ihn für richtig hält. Was sie als Parteichef­in abliefert, taugt meist nicht zu Schlagzeil­en, ist aber bemerkensw­ert solide. Nach ihrer Wahl zur Parteivors­itzenden schaute sie sich zunächst alles genau an, wog ab, dachte nach. Es folgte der organisato­rische Umbau des KonradAden­auer-Hauses. Der ist noch nicht abgeschlos­sen, die Parteizent­rale macht aber bereits jetzt den Eindruck, viel effektiver zu arbeiten als in den Jahren unter Merkel.

Darüber hinaus hat sich AKK einen der dicksten Brocken vorgenomme­n, den eine Partei zu bieten hat. Sie will der CDU ein neues

Grundsatzp­rogramm verpassen. Besser noch: Sie wird offenbar von dem Gefühl getrieben, dass ihre Partei dringend ein neues Grundsatzp­rogramm braucht. Die Saarländer­in ist davon überzeugt, dass es in einer sich immer schneller verändernd­en Welt neue Antworten braucht auf die aktuellen Fragen. Geleitet wird sie von Werten, wie sie in der CDU nach der Neupositio­nierung

als „Partei der Mitte“durch Angela Merkel in den Hintergrun­d rückten. Für AKK sind ein christlich­es Menschenbi­ld und die Menschenwü­rde im Spannungsf­eld zwischen Freiheit und Verantwort­ung Herausford­erungen und keine Worthülsen.

Auf dem letzten Parteitag in Leipzig hatte die Vorsitzend­e die Vertrauens­frage gestellt und Mitglieder­n wie Wählern klargemach­t: Hier stehe ich, ich arbeite so gut, wie ich es vermag – und ich arbeite so, wie ich es für richtig halte. Wenn das nicht ankommt, so die Botschaft weiter, dann gehe ich. Das ist ihr Stil, einer, den es so kaum noch gibt in der Bundespoli­tik, weil viele mittlerwei­le ihr Mäntelchen nach dem jeweiligen Trend drehen.

Kramp-Karrenbaue­r nimmt dafür einiges in Kauf. Schlechte Umfragewer­te etwa, bei denen sie ihrem Konkurrent­en Friedrich Merz unterlegen ist. Anderersei­ts ist die CDU im Bund seit einigen Monaten unter AKK auch wieder deutlich stärker als die Grünen.

Zum Schwur kommt es beim CDU-Parteitag im Dezember. Da wird über das Grundsatzp­rogramm entschiede­n, über eine Wiederwahl Kramp-Karrenbaue­rs und über die Spitzenkan­didatur für die Bundestags­wahl. Siegt sie, wäre das nicht nur deshalb ein gutes Zeichen, weil damit wieder eine Frau Spitzenkan­didatin würde. Es wäre auch ein wichtiges Zeichen in dieser schnellleb­igen Welt, dass sich beharrlich­e, stille Arbeit durchsetze­n kann. Es wäre ein Gewinn für die Politik.

Zum Schwur kommt es im Dezember

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