Knuddeln in Bayern
Wundern Sie sich nicht, wenn Sie am Dienstag von wildfremden Menschen in den Arm genommen werden. Nehmen Sie es am besten mit Humor. Der Ansatz ist ja nicht schlecht, der hinter dem Weltknuddeltag steckt. Er will nur an die wohltuende Wirkung körperlicher Nähe erinnern. In einer Zeit, in der die meisten Leute den lieben langen Tag einen kleinen Computer in der einen Hand halten, ihn mit der anderen zärtlich streicheln und ihm immer wieder zulächeln, kann eine so reale Umarmung manchen vielleicht darauf hinweisen, dass um ihn herum noch wirkliche Menschen sind.
Wobei, ein bisschen kuscheliger ist es in Bayern eh schon geworden. Nicht nur, dass es wetterbedingt wärmer wurde. Nein, auch in der Politik erkennt man mit etwas gutem Willen Veränderungen. Das beginnt ganz oben. Beim Ministerpräsidenten. Den Ruf des Wadlbeißers will Markus Söder längst hinter sich lassen. Ist es nicht auffällig, wie er versucht, alle zu umarmen? Und auch, dass er am liebsten alleine auf der großen Bühne steht, ist kein Zeichen dafür, dass er Umarmungen nicht schätzt. Er umarmt eben am liebsten sich selbst. Das, so lehren es die Knuddelexperten, ist eine Kunst, die erst einmal gelernt sein will. Und der Kuschelkurs, den die Grünen mit den Wählern von SPD und CSU fahren, ist auch bemerkenswert.
Aber auch außerhalb der Politik geht es in Bayern kuschliger zu – obwohl die Münchner Bussi-BussiGesellschaft nicht mehr das ist, was sie mal war. Dafür werden jetzt Bäume umarmt, Kuschelpartys veranstaltet und Cafés eröffnet, in denen extra Katzen zum Schmusen da sind. Selbst das oft kritisierte Gefälle zwischen Stadt- und Landbevölkerung ließe sich überbrücken, bieten Bauern doch schon Kuh-Knuddelkurse an. Manchem kann es fast schon ein wenig Angst werden, vor der vielen Kuschelei...