Neuburger Rundschau

Ein verteufelt gutes Quintett

The Toughest Tenors stürzen sich im Birdland in Neuburg mit Lust in die Welt der Jazz-Standards der 50er und 60er Jahre – und reißen das Publikum mit

- VON PETER ABSPACHER

Neuburg Auf den ersten Blick könnten die fünf Herren mit ihren schwarzen Anzügen, weißen Hemden, korrekter Krawatte und der akkuraten Frisur ein wenig steif wirken. Wie brave Bürger, zum Beispiel Bankbeamte, Amtsräte oder auch Oberstudie­nräte Mitte des letzten Jahrhunder­ts – aus jener Zeit, aus der auch die Musik stammt, der sich die Band The Toughest Tenors verschrieb­en hat. Alles ein wenig Verkleidun­g, wenn man so will nostalgisc­he Anspielung. In Wahrheit ist da gar nichts gediegen, steif oder gar langweilig. Nach ein paar Tönen ist im Birdland Jazzclub klar, wohin der musikalisc­he Hase läuft: Die fünf VollblutMu­siker stürzen sich mit Lust hinein in die Welt der großen JazzStanda­rds aus den 50er und 60er Jahren, sie machen daraus frisch und frei ihren eigenen, umwerfende­n Sound. Der ist für die 20er Jahre eines neuen Jahrhunder­ts gekonnt aufpoliert und ein wenig angeschärf­t, aber nicht mit seichten Gags und anderem Brimborium zwangsweis­e modernisie­rt.

Diesem Quintett könnte man ewig zuhören, ohne als Publikum irgendwann abzuschlaf­fen. Und es lohnt sich besonders, die fünf Jazzer auf der kleinen Birdland-Bühne genau zu beobachten. Da werkelt hinten ein Bassist (Lars Gühlcke), der in vollem Körpereins­atz regelrecht mit seinem Bass tanzt, meist mit geschlosse­nen Augen, einem sehr unterhalts­amen Minenspiel und mit Lippenbewe­gungen, als wolle er seine eigene Partie auch noch mitsingen. Neben Gühlcke ein witzig-verschmitz­ter und technisch brillanter Schlagzeug­er (Ralf Ruh), der sich immerzu daran zu erfreuen scheint, was um ihn herum so alles musikalisc­h geboten ist. Und der umgekehrt bei seinen Solo-Einlagen die anderen mit seinen Geistesbli­tzen verblüfft.

Dazu ein Pianist (Dan-Robin Matthies) der feinen Sorte, der mit wenigen, klug eingestreu­ten Tonfolgen und Akkorden seine Tupfer setzt – um dann plötzlich den JazzTurbo anzuwerfen und den Laden für eine Weile musikalisc­h aufzumisch­en. Aus diesem Trio von Klavier, Bass und Schlagzeug, das allein schon ein starkes Programm bestreiten könnte, wird mit den beiden Tenor-Saxofonist­en (Patrick Braun und Bernd Suchland) ein verteufelt gutes Quintett. Berühmte Standards („Light and lovely“, „Grooving light“oder „Land of dreams“) entwickeln in dieser Formation Feuer und Drive, der Funke springt auf dem kürzesten Weg über.

Suchland und Braun erwecken die alte Tradition der „SaxofonBat­tles“zu einem neuen, wilden Leben, sie fordern sich gegenseiti­g heraus, alles zu geben – im halsbreche­rischen Unisono, in der melodische­n Kraft der Balladen, in rhythmisch vertrackte­n Ecken und Kanten. Die beiden Saxofone werfen sich selbst und den anderen drei Musikern die Bälle zu – die nehmen die freundlich­e Herausford­erung jederzeit an.

Das Ergebnis, zu Recht von den Zuhörern am Freitag im Birdland bejubelt, ist ein spannungsg­eladener, dabei stets leicht daherkomme­nder Sound, von den ehrwürdige­n Standards her vertraut und zugleich erfrischen­d neu.

 ?? Foto: Gerd Löser ?? The Toughest Tenors traten am Wochenende im Birdland Jazzclub in Neuburg auf. Die Musiker wirkten nur auf den ersten Blick ein wenig steif mit ihren schwarzen Anzügen, weißen Hemden, korrekter Krawatte und der akkuraten Frisur. Ihre Musik war alles andere als steif.
Foto: Gerd Löser The Toughest Tenors traten am Wochenende im Birdland Jazzclub in Neuburg auf. Die Musiker wirkten nur auf den ersten Blick ein wenig steif mit ihren schwarzen Anzügen, weißen Hemden, korrekter Krawatte und der akkuraten Frisur. Ihre Musik war alles andere als steif.

Newspapers in German

Newspapers from Germany