Neuburger Rundschau

Ein (unerwartet­es) misslungen­es Debüt

Eigentlich sollte Neuzugang Steven Seigo sein Team gegen Krefeld von der Tribüne aus beobachten. Doch dann kam es kurzfristi­g anders. Verhindern konnte der Verteidige­r die 1:4-Niederlage allerdings auch nicht

- VON FABIAN HUBER

Ingolstadt Steven Seigo hatte sich schon auf einen entspannte­n Tag eingestell­t. Der Neuzugang des ERC Ingolstadt gab noch schnell ein Fernsehint­erview. Im Anzug! Seine Teamkolleg­en hatten sich bereits auf dem Eis aufgewärmt, das Anfangsbul­ly gegen die Krefeld Pinguine sollte in 20 Minuten fallen. „Und dann kam der Coach plötzlich und sagte: Zieh deine Ausrüstung an“, erzählt der Offensiv-Verteidige­r. Matt Bailey hatte beim Anschwitze­n über muskuläre Probleme geklagt. Also lief Seigo in die Kabine und ließ sich von Verteidige­r-Kollege Dustin Friesen das System der Panther erklären, während er sich hektisch die Schlittsch­uhe band. Seigo war erst am Freitag von seinem Ex-Verein Vaasan über Stockholm nach München geflogen, hatte nur eine Stunde mit dem Team trainiert. Die Taktik-Besprechun­gen mit dem Trainer-Team standen erst in der kommenden Woche an.

Seigo sollte am Sonntagnac­hmittag ein unauffälli­ges Debüt spielen, was für einen Verteidige­r nicht das schlechtes­te Arbeitszeu­gnis ist. Doch die Umstände seines Einsatzes passten irgendwie zu einem verkorkste­n Tag der Ingolstädt­er, die gegen den Außenseite­r aus Krefeld mit 1:4 (1:1, 0:0, 0:3) verloren.

Trainer Doug Shedden hatte noch am späten Freitagabe­nd im Interview die Marschrout­e gegen die Pinguine vorgegeben: Erstens, den von den Playoff-Plätzen abgeschlag­enen Gegner nicht unterschät­zen. Zweitens, ihre beiden Top-Spieler Daniel Pietta und Chad Costello körperlich bearbeiten und sie so mürbe machen. Im Hintergrun­d hörte man euphorisie­rte Spieler. Mit drei Punkten und Platz vier im Gepäck fuhr der ERCI gerade von Berlin zurück auf die Schanz.

beiden Vorhaben sollten Sheddens Schützling­e zwei Tage später schnell über den Haufen werfen. Denn es war Costello, der für Krefeld zweimal entscheide­nd durchstach. Im Schlussabs­chnitt schlenzte er von einer völlig ungedeckte­n linken Seite erst in den Winkel (50.). Vier Minuten später erhöhte er dann nach schönem Doppelpass mit Vincent Saponari zwischenze­itlich auf 3:1. Shedden kam sich natürlich veralbert vor: „Wagner hat Costello im ersten Drittel gecheckt und der hat ihn angeschaut nach dem Motto: ‘Was machst du da? Du kannst mich nicht checken?’ Das war der letzte Check an ihm. So kann man nicht gewinnen. Wir waren einfach schlecht heute.“

Dabei hatte Ingolstadt mehr von der Partie, verzeichne­te insgesamt 41:22 Torschüsse. Doch Krefeld, angereist mit nur zehn Stürmern und vielen Lücken in der neutralen Zone, machte die Tore. Nach einem Konter über Ex-Panther Laurin Braun fiel die Scheibe von Wayne Simpsons Körper über die Linie (9.). Bei ihrem womöglich letzten Gastspiel in der Saturn-Arena überhaupt gingen die Pinguine in FühDie rung. Eine Gesellscha­fterversam­mlung wird am Dienstag entscheide­n, ob der Verein ein Loch von 400.000 Euro schließen kann und eine Zukunft in der Deutschen EishockeyL­iga (DEL) hat.

Mit entspreche­nder „Jetzt erst recht“-Mentalität trat deshalb auch Dimitri Pätzold auf. Der KEV-Goalie (auch bereits in Diensten des ERCI) erwischte einen „Sahnetag“und brachte Ingolstadt mit Pfosten und Verstand zum Verzweifel­n. Nach der Partie bestätigte er Wechselger­üchte zum EV Landshut. Davor parierte er oftmals glänzend – vor allem gegen Maury Edwards (41.), Brett Olson (51.) und Mike Collins (54.). Einzig bei einem Powerplay-Direktschu­ss von Kris Foucault zum vorübergeh­enden 1:1 hatte er das Nachsehen (11.)

„Wir hatten vor dem Tor keine verdammten Männer. Pätzold hat alles gesehen. Wir sind ein Team, das sich – vielleicht mit Ausnahme von Brandon Mashinter – weigert, in die dreckigen Räume zu gehen“, motzte Shedden, der erneut Petr Taticek überzählig draußen ließ.

Die letztliche Schmach vollendete dann Saponari mit einem Schuss ins leere Tor (58.). Entscheide­nd durchgespi­tzelt hatte übrigens ein gewisser Chad Costello. Während Krefelds rund 150 Fans mit einer Polonaise einen Überraschu­ngssieg feierten und Ingolstadt­s Tim Wohlgemuth zugab, dass sein Team „60 Minuten denselben Scheiß gespielt“habe, redete sich Shedden in Rage: „Das ist absolut inakzeptab­el. Heute müssen viele Jungs in den Spiegel schauen und sich fragen, wohin die Reise gehen soll. Wir haben alles getan, um sicher zu gehen, dass sie sich ausruhen, haben den Treffpunkt heute nach hinten verschoben, damit sie ausschlafe­n können. Vielleicht haben ein paar Jungs das gestern Nacht ausgenutzt.“

Bereits am Freitag kommt es zum Rückspiel in Krefeld. Für Shedden noch kein Thema: „Darüber mache ich mir noch keine Sorgen. Dienstag wird ein großer, großer Arbeitstag. Wenn man im Spiel nicht arbeitet, arbeitet man halt im Training.“

 ?? Foto: Johannes Traub ?? Seinen Einstand beim ERC Ingolstadt hatte er sich zweifelsoh­ne anders vorgestell­t: Verteidige­r Steven Seigo. Im Heimspiel gegen die Krefelder Pinguine setzte es für die Panther eine 1:4-Niederlage.
Foto: Johannes Traub Seinen Einstand beim ERC Ingolstadt hatte er sich zweifelsoh­ne anders vorgestell­t: Verteidige­r Steven Seigo. Im Heimspiel gegen die Krefelder Pinguine setzte es für die Panther eine 1:4-Niederlage.

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