Neuburger Rundschau

„Es war sehr schmerzhaf­t“

Antonio Banderas ist im Kino gerade doppelt ein Thema. Hier spricht er, bald 60, über Scheidung und Vaterschaf­t, Liebe, Tod und seinen Glauben

- Interview: Rüdiger Sturm

Sie werden immer noch für Ihre Hauptrolle in Pedro Almodóvars „Leid und Herrlichke­it“gefeiert – dafür sind Sie auch für einen Oscar nominiert. Wie kam es, dass Sie jetzt wieder in einem üblichen HollywoodS­treifen wie „Die fantastisc­he Reise des Doktor Dolittle“landen?

Antonio Banderas: Ich habe mein eigenes Theater in Málaga, und dem widme ich mich mit Leidenscha­ft, selbst wenn mich der Umbau und Betrieb Unsummen kosten. Und deshalb muss ich jetzt mit kommerziel­len Filmen eine Menge Geld verdienen, damit ich wegen des Theaters nicht bankrottge­he.

Doch für einen „Dolittle“gibt’s nicht die gleiche Anerkennun­g. Wollen Sie nicht wieder mehr in Europa drehen? Banderas: Aber ich habe mich in der Tat mehr wieder nach Europa orientiert. Gerade aus der Distanz habe ich erkannt, wie sehr ich es vermisse. Hollywood ist wie eine Filmfabrik, die gut gemachte Produkte herstellt. Und als ich dort ankam, war ich überwältig­t: „Mein Gott, was habe ich beim Dreh für einen Wohnwagen.“Bei Pedros Filmen haben wir uns früher in den Pausen in ein Auto gezwängt und gefroren. Doch beim europäisch­en Film hast du das Gefühl, als würdest du einen guten Wein produziere­n. Das ist eine enorm komplizier­te Angelegenh­eit.

Sie scheinen also zu Ihren Wurzeln zurückzuke­hren – wie auch Ihre Figur in „Leid und Herrlichke­it“. Wie fühlt sich das an?

Banderas: Es ist, als würde sich ein Kreis schließen. Das ist verbunden mit Gefühlen von Versöhnung. Du kommst mit dir selbst und deiner Vergangenh­eit ins Reine und sagst den Personen, mit denen du zu tun hattest, „Danke schön“.

Aber dazu gehört auch ein Abschiedne­hmen. Wie gingen Sie damit um, als Sie sich 2015 von Ihrer Frau Melanie Griffith scheiden ließen?

Banderas: Ich bin jemand, der sich bei solchen Problemen in die Arbeit stürzt. Gibt es Schwierigk­eiten, dann werde ich zum Workaholic. Vor der Kamera oder auf der Bühne fühle ich mich sicher. Da befinde ich mich in einem Raum, wo ich geschützt bin.

Wie schlimm war das eigentlich? Sie waren ja 19 Jahre verheirate­t … Banderas: Am Anfang war das schon sehr schmerzhaf­t. All die Jahre hast du darauf verwendet, etwas zu schaffen, du hast alles gegeben, alles entwickelt sich und ist am richtigen Platz. Aber plötzlich macht es „Puff“und das, was du für die Zukunft gebaut hast, hat sich in Luft aufgelöst.

Geht das wirklich so schnell? Es gibt doch vorher schon Zeichen, dass so eine Geschichte zu Ende geht… Banderas: Doch, das war unerwartet. Es hat wirklich wehgetan, aber wenn du einigermaß­en intelligen­t bist, dann passiert etwas Interessan­tes. Du stellst dir die Frage: Warum hänge ich so an allem? An Menschen, am Geld, an Häusern? Du beginnst dich innerlich zu lösen und findest neues Glück. Du findest ein neues Ich. Du kannst absolut alles aus Schutt und Asche neu erschaffen.

Doch liegt die Beziehung zu Ihrer ExFrau in Schutt und Asche? Banderas: Diese Beziehung zu ihr habe ich natürlich nicht beendet. Meine Ex-Frau ist meine beste Freundin, meine

Familie. Wir essen zusammen zu Abend, wir hängen ständig am Telefon. In dieser Hinsicht gilt nicht alles oder nichts. Du spürst immer noch eine Liebe zu Menschen, auch wenn die Beziehung vorbei ist.

Wie sieht nun der nächste Kreis Ihres Lebens aus? Banderas: Ich weiß, dass mir nur noch eine begrenzte Zeit bleibt – nächstes Jahr werde ich 60. Aber ich habe eine neue Liebe gefunden. Ich hoffe, dass mein Körper weiterhin das macht, was mein Geist ihm sagt. Gleichzeit­ig tue ich nicht mehr so, als wäre ich 20. Ich akzeptiere, dass ich älter werde. Und in meinem Alter verspüre ich eine große Befriedigu­ng: Wenn ich jungen talentiert­en Menschen die Instrument­e gebe, um sich selbst zu verwirklic­hen. Daher betreibe ich auch dieses Theater.

Sie haben auch eine 22-jährige Tochter. Wie wichtig ist für Sie das Vaterdasei­n?

Banderas: Ich kann Ihnen das nicht auf der Skala von 1 bis 100 sagen, aber es ist auf jeden Fall entscheide­nd. Kinder zu haben, war eines meiner großen Bedürfniss­e im Leben. Und Vater zu sein, ist wie ein Instrument, das mir hilft, mit meinen Herausford­erungen noch besser fertig zu werden.

Wie war eigentlich Ihr Verhältnis zu Ihrem eigenen Vater?

Banderas: Meine Eltern waren überhaupt nicht begeistert, als ich Schauspiel­er werden wollte. Aber mein Vater hat mir am Anfang meiner Karriere sehr geholfen. Er schickte mir jeden Monat eine kleine Summe, mit der ich mich über Wasser halten konnte.

Hat er Ihren Erfolg noch miterlebt?

Banderas: Das hat er, er hat meine Filme in Hollywood noch gesehen. Und was für mich noch befriedige­nder war: Er hat mich am Broadway erlebt. Eines Abends saß er im Theater, er war schon sehr alt, und er lächelte. Er hatte unter ganz einfachen Umständen gelebt, und dann war er dabei, wie sein Sohn gefeiert wurde. An dem Abend habe ich nur für ihn gespielt.

Nun sollten wir eigentlich nicht übers Alter sprechen. Denn Sie könnten ja noch 40 Jahre vor sich haben.

Banderas: Aber in welcher Verfassung – das ist die Frage?

Zumindest 30…

Banderas: Vielleicht. Ich würde mir eine Pille wünschen, die uns allen lange Gesundheit beschert.

Glauben Sie an Gott?

Banderas: Ja, aber ich kann nicht sagen, was sich hinter diesem Wort verbirgt. Es gibt etwas da draußen, das wir nicht verstehen, ein Mysterium, das jenseits des Todes liegt. Und ich fühle mich im Glauben an dieses Geheimnis sehr wohl. Ich habe nicht die Arroganz des Intellektu­ellen, der meint, er könne alles begreifen.

Wie würden Sie Ihre Einstellun­g zum Tod beschreibe­n?

Banderas: In Andalusien, wo ich herkomme, gibt es eine bestimmte Sichtweise: Der Tod ist die einzige Gewissheit unseres Lebens. Das habe ich schon als kleiner Junge eingeimpft bekommen. Und deshalb war mir klar, dass ich mich auf dieses eine Leben konzentrie­ren muss. Und ich weiß, was im Zentrum unseres Lebens steht. Ein Wort, das alles einschließ­t: Liebe – wenn Sie es in sich tragen, sind Sie gerecht, Sie sind frei, Sie sind gütig.

Kam es eigentlich für Sie überrasche­nd, dass Sie nach Ihrer Scheidung wieder eine neue Liebe gefunden haben?

Banderas: Ich habe letztes Jahr das Buch „Die Macht der Kabbala“gelesen, und da steht ganz klar drin: Es ist unser Verlangen, das die Welt am Laufen hält. Etwas zu begehren, ist absolut vernünftig und verständli­ch. Daher war das keinerlei Überraschu­ng für mich. Ich habe immer noch die Fähigkeit, mich neu zu verlieben. Gott sei dank.

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Fotos: Studiocana­l, Universal Pictures, dpa
 ??  ?? Seine Karriere
Geboren am 10. August 1960 in Málaga wollte José Antonio – sein Vater war Polizist, die Mutter Lehrerin – Fußballer werden. Nach einer Beinverlet­zung mit 14 sattelte er zum Filmtraum um, wurde nach der Schauspiel­schule bald berühmt in Spanien, zog 1992 aber in die USA um. Heute, mit 59, ist er hier wie dort ein Star, hat kürzlich in Almodóvars „Leid und Herrlichke­it“(links) gespielt und nun in „Die fantastisc­he Reise des Dr. Dolittle“(rechts). Banderas ist doppelt geschieden.
Seine Karriere Geboren am 10. August 1960 in Málaga wollte José Antonio – sein Vater war Polizist, die Mutter Lehrerin – Fußballer werden. Nach einer Beinverlet­zung mit 14 sattelte er zum Filmtraum um, wurde nach der Schauspiel­schule bald berühmt in Spanien, zog 1992 aber in die USA um. Heute, mit 59, ist er hier wie dort ein Star, hat kürzlich in Almodóvars „Leid und Herrlichke­it“(links) gespielt und nun in „Die fantastisc­he Reise des Dr. Dolittle“(rechts). Banderas ist doppelt geschieden.

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