So eisern kämpft die CSU gegen das Tempolimit
Die Partei macht mit einer Kampagne mobil gegen Tempo 130. Kritiker werfen den Christsozialen Populismus vor
Augsburg Vor wenigen Wochen klang es noch so, als wolle Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Debatte um das Tempolimit erst einmal beenden. „Wir haben weit herausragendere Aufgaben, als dieses hoch emotionale Thema wieder und immer wieder ins Schaufenster zu stellen – für das es gar keine Mehrheiten gibt“, betonte der CSUMann. In seiner eigenen Partei sieht man das jedoch offensichtlich ein wenig anders. Ende vergangener Woche schaltete die CSU eine Internetseite mit dem unmissverständlichen Titel „Tempolimit? NEIN Danke!“frei. Auf hellblauem Hintergrund fordert die Partei dazu auf: „Mach mit – gemeinsam gegen Tempolimit“.
Mehr als 62000 Unterstützer haben sich nach Angaben von Generalsekretär Markus Blume seitdem registriert, um ihren Unmut über eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu bekunden. Dass es aktuell keinerlei konkrete Bestrebungen gibt, ein solches Limit einzuführen, erwähnt die Partei auf ihrer Internetseite allerdings nicht.
Kritiker werfen der CSU Kalkül vor – auch, weil die Werbekampagne fast auf den Tag genau sechs Wochen vor der Kommunalwahl online ging. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Stephan Kühn schrieb auf Twitter, er habe gedacht, zu so einer Kampagne sei nur die AfD fähig. „Ich habe mich wohl getäuscht.“Die CSU sei im 21. Jahrhundert offensichtlich noch nicht angekommen. Die Grünen befürworten ein Tempolimit, waren mit einem entsprechenden Antrag aber zuletzt im Bundestag gescheitert.
Auch in der Großen Koalition sorgt die Kampagne für Ärger. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans warf der CSU im Tagesspiegel vor, einen Keil in die Gesellschaft zu treiben. Die Partei verharmlose die
Gefahren, die das zu schnelle Fahren habe.
CSU-Generalsekretär Markus Blume kontert diese Kritik mit einem Verweis auf die große Unterstützung aus der Bevölkerung für das Thema. „Das Tempolimit bewegt die Bürger in Deutschland erkennbar“, sagte Blume unserer Redaktion. „Wir bekommen viele Zuschriften von Menschen, die sich eine klare Haltung dazu erwarten.“Gleichzeitig betonte er allerdings auch: „Unsere Kampagne ist keine Kampagne fürs Rasen.“Seine Partei sei vielmehr dafür, „dass die Geschwindigkeit auf Autobahnen angepasst gewählt wird“.
Bisher gibt es noch keine umfassenden Untersuchungen, wie sich ein generelles Tempolimit auf Autobahnen auf die Fahrsicherheit auswirken würde. Josef Seebacher, der Sprecher der Autobahndirektion Südbayern, fordert deshalb gegenüber unserer Redaktion im
dass ein Tempolimit etwa auf der Autobahn A8 nur nach ausgiebiger Analyse eingesetzt werden dürfte. „Wir leben in einem Rechtsstaat und wenn es keinen Anlass für ein Tempolimit gibt, sind rechtliche Schritte der Autofahrer zu befürchten.“
Dieter Janecek, industriepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, bringt währenddessen ein flexibles Tempolimit ins Spiel. Gegenüber unserer Redaktion fordert der Politiker freie Fahrt für Elektroautos. „Ein Tempolimit ist vor allem zu Tageszeiten mit hoher Verkehrsdichte zwingend“, betont Janecek. „Warum aber in Zukunft nicht darüber nachdenken, zum Beispiel zu Nachtzeiten mit wenig Verkehr Ausnahmen zu gewähren für klimafreundliche Fortbewegungsmittel wie E-Autos, die mit erneuerbarem Überschussstrom fahren?“Zusammen mit einem leistungsstarken Bahnangebot könnten Inlandsflüge seiner Ansicht nach so gänzlich überflüssig werden.