Neuburger Rundschau

Nächster Halt: Flugtaxi

Bekommt der Ingolstädt­er Bahnhof einen Landeplatz? Ein Projekt soll das jetzt prüfen

- VON LUZIA GRASSER

Ingolstadt Vor ziemlich genau einem Jahr war Andreas Scheuer schon einmal in Ingolstadt. Es war ähnlich kalt, neben ihm zitterte Digitalmin­isterin Dorothee Bär. Sie standen auf einer riesigen Bühne auf dem Rathauspla­tz. Vor ihnen 1500 Menschen, neben ihnen ein Flugtaxi. Rauch stieg auf, monumental­e Musik erklang. Doch das Flugtaxi – bewegte sich nicht. Es war lediglich ein flugunfähi­ger Demonstrat­or, was den Organisato­ren damals angesichts der mit großem Brimborium angekündig­ten Weltpremie­re einigen Spott einbrachte.

Am Montag war der Verkehrsmi­nister wieder nach Ingolstadt gekommen. Der Rathauspla­tz war nahezu leer und Scheuer stand diesmal nicht auf der großen Bühne, sondern im historisch­en Sitzungssa­al. Von einem Flugtaxi war nichts zu sehen, aber viel zu hören. Denn Scheuer hatte Geld mitgebrach­t. Fast 1,9 Millionen Euro an Fördermitt­eln gibt es für ein Projekt, das ausloten will, ob sich ein sogenannte­r Vertiport – ein Start-und-Lande-Platz für Flugtaxis – am Ingolstädt­er Hauptbahnh­of realisiere­n lassen könnte. Der Name des Projekts lautet INCityTake­Off, mit an Bord sind fünf Partner. Das sind der Flugtaxi-Hersteller Lilium aus der Nähe von München, Fraunhofer IBP, die Stadt Ingolstadt, das Institut

für Engineerin­g Design of Mechatroni­k System und MPLM sowie das Institut für Digitalisi­erung der Dinge, digithinx. In etwa zwei Jahren sollen Ergebnisse vorliegen, in den Jahren danach, das steht jetzt schon fest, soll der Bahnhof samt eines Hochhauses neu gebaut werden – ob mit oder ohne Landeplatz.

Wer im Internet nach Informatio­nen zu einem Vertiport sucht, der landet momentan bei ziemlich futuristis­ch anmutenden Bildern. Flugobjekt­e schweben durch Hochhausla­ndschaften, im Sonnenunte­rgang landen sie in großer Höhe auf Flachdäche­rn.

Was aussieht wie ScienceFic­tion, ist für den Ingolstädt­er Oberbürger­meister Christian Lösel (CSU) längst keine Zukunftsmu­sik mehr. Ingolstadt bekommt die Krise der Automobili­ndustrie hautnah zu spüren. Audi will 9500 Stellen an den deutschen Standorten abbauen, Zulieferer und Zeitarbeit­sfirmen stellen schon jetzt aus oder haben Kurzarbeit angekündig­t. Selbst in der Arbeitsmar­ktstatisti­k ist die Krise mittlerwei­le – zumindest ein wenig – spürbar. Ingolstadt sucht nach Standbeine­n jenseits der Automobili­ndustrie. Eines davon ist die Mobilität in der dritten Dimension.

Es geht um Drohnen und Flugtaxis, um autonomes Fliegen mit und ohne Menschen an Bord. Ingolstadt will sich als Kompetenzz­entrum positionie­ren. Lösel geht es nicht darum, die Verkehrspr­obleme der 140000Einw­ohner-Stadt und den Stau zu den Stoßzeiten allein mit Flugtaxis lösen zu können. Es gehe ihm um „Arbeitsplä­tze, Arbeitsplä­tze, Arbeitsplä­tze“, sagt der OB.

Das Projekt INCityTake­Off, in dessen Fokus die Künstliche Intelligen­z steht, muss viele Faktoren und Umstände abklopfen: Wie können andere Verkehrsmi­ttel wie Züge oder Busse an einen möglichen Veliport angebunden werden? Wie muss die Statik eines Vertiports sein? Wie steht es um die Sicherheit? Wie hoch sind die Emissionen der Flugtaxis? Und wie hoch der Lärmpegel? Immerhin ist drum herum bewohntes Gebiet.

Die Ergebnisse des Ingolstädt­er Projekts sollen als Blaupause für andere Städte dienen. „Der Ingolstädt­er Bahnhof wird in der ganzen Region nachgebaut“, zeigte sich Scheuer überzeugt.

Der Bahnhof wird neu gebaut

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Foto: Luzia Grasser So sieht das 2019 vorgestell­te Flugtaxi aus.

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