So konnten Raumfahrt-Jobs in Augsburg gerettet werden
Staats- und Bundesregierung haben sich für die Belange von MT Aerospace eingesetzt. Söder besuchte den Standort
Augsburg Im Herbst 2019 wirkte Hans Steininger ungewohnt angespannt. Der Chef des Augsburger Raumfahrt- und Luftfahrtzulieferers MT Aerospace befürchtete, dass der Standort mit zuletzt noch rund 600 Mitarbeitern langfristig gefährdet sein könnte. Die Sorge war groß, Deutschland könnte sich finanziell nicht intensiv genug an europäischen Raumfahrtprojekten beteiligen. Auf alle Fälle drohe ein spürbarer Arbeitsplatzabbau, warnte der Manager damals nachdrücklich. Von rund 150 betroffenen Stellen war die Rede, davon rund die eine Hälfte im Produktionsbereich, die andere bei Ingenieuren.
Die Lage wirkte dramatisch, läuft doch die Produktion für die europäische Trägerrakete Ariane 5, an der MT Aerospace beteiligt ist, aus. Der Übergang zur Nachfolgerakete Ariane 6 zieht sich in die Länge. Ab Ende 2020 soll der neue europäische Träger Nutzlasten ins All befördern. Hinter den Kulissen machte Steininger wie schon bei ähnlichen Fällen in der Vergangenheit Druck, um die Verantwortlichen in der deutschen Politik aufzurütteln. Innerhalb der Bayerischen Staatsregierung fand er nach eigener Aussage rasch Verbündete – vor allem im raumfahrtbegeisterten Star-TrekMarkus Söder. Der Ministerpräsident setzte sich fortan hinter den Kulissen für die Belange des Augsburger Raumfahrtstandortes ein. Das Engagement sollte Wirkung zeigen. Die Bundesregierung packte die aus Sicht von MT Aerospace entscheidende Summe von rund 140 Millionen Euro drauf, sodass die Augsburger an der Weiterentwicklung des Ariane-6-Konzeptes und anderen Forschungsprojekten arbeiten können. Damit ist der Standort gesichert. Insgesamt invesFan tiert Deutschland rund 3,3 Milliarden Euro in die europäische Raumfahrt und ist damit größter Beitragszahler an den Programmen der europäischen Raumfahrtagentur Esa – und das vor Frankreich.
Beschlossen wurde das bei der
Esa-Ministerkonferenz am 27. und 28. November 2019. Seitdem ist Steininger wieder entspannt. Und er wirkt dankbar. Deswegen hat er Söder nach Augsburg eingeladen. Bei einer Pressekonferenz im Werk sagte er am Montag zum Ministerpräsidenten: „Wir bauen erste Bauteile für die Ariane 6 und wollen den Standort weiter ausbauen.“Im Herbst sei die Situation noch nicht so prickelnd gewesen, doch dann habe es Gespräche in der Staatskanzlei gegeben. Für die in Bremen sitzende MT-Aeropace-Muttergesellschaft OHB meinte Marco Fuchs: „Ohne die bayerische Staatsregierung wäre die Raumfahrt in Deutschland in eine Krise geraten.“Jetzt werde man in Augsburg nicht nur Teile großer Raketen, sondern ganze kleine Raketen bauen.
Für Söder ist das natürlich ein angenehmer Termin. Er räumte dann im Gespräch mit dieser Redaktion aber ein, ihm gebührten nicht alle Lorbeeren: „Kanzlerin Angela Merkel hat unser Anliegen sehr unterstützt. Somit haben eine Physikerin und ein Raumfahrt-Fan das Tor zum Weltall für Augsburg offengehalten.“Der CSU-Mann ist bekanntlich nicht nur ein Raumfahrtfreund, sondern auch ein Fan von Franz Josef Strauß. Und der ehemalige bayerische Ministerpräsident war es, der sich einst massiv für den Augsburger Raumfahrt-Standort eingesetzt hatte. So schließt sich aus Sicht von MT-Aerospace-Manager Steininger ein Kreis. Söder wiederum, der einst im Landtagswahlkampf für seine Weltraumpläne belächelt wurde, hält an seinen extraterrestrischen Ambitionen fest – und das nicht nur aus ökonomischen Gründen. So habe er Klimaschützern, die seine Raumfahrt-Politik in Zweifel gezogen hätten, entgegnet: „Die Raumfahrt leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.“Schließlich würden Bilder, welche Umweltschäden auf der Erde zeigen, von Satelliten aus dem All gemacht. Rein irdisch betrachtet können nun die meisten Beschäftigten von MT Aerospace aufatmen.
Doch trotz der Geldspritze aus Berlin werden wohl in Augsburg Jobs wegfallen, aber nicht so viele wie befürchtet. Angela Steinecker von der örtlichen IG Metall sagte dazu: „Wir führen jetzt gerade Verhandlungen über einen Interessensausgleich. Wir sind schon relativ weit.“Beobachter glauben, dass nun nicht rund 150 Arbeitsplätze, sondern etwa die Hälfte davon auf der Kippe stünden.
Einen Stellenabbau wird es trotzdem geben