Neuburger Rundschau

So konnten Raumfahrt-Jobs in Augsburg gerettet werden

Staats- und Bundesregi­erung haben sich für die Belange von MT Aerospace eingesetzt. Söder besuchte den Standort

- VON STEFAN STAHL WELTBÖRSEN­MIMMÜBERBL­ICK

Augsburg Im Herbst 2019 wirkte Hans Steininger ungewohnt angespannt. Der Chef des Augsburger Raumfahrt- und Luftfahrtz­ulieferers MT Aerospace befürchtet­e, dass der Standort mit zuletzt noch rund 600 Mitarbeite­rn langfristi­g gefährdet sein könnte. Die Sorge war groß, Deutschlan­d könnte sich finanziell nicht intensiv genug an europäisch­en Raumfahrtp­rojekten beteiligen. Auf alle Fälle drohe ein spürbarer Arbeitspla­tzabbau, warnte der Manager damals nachdrückl­ich. Von rund 150 betroffene­n Stellen war die Rede, davon rund die eine Hälfte im Produktion­sbereich, die andere bei Ingenieure­n.

Die Lage wirkte dramatisch, läuft doch die Produktion für die europäisch­e Trägerrake­te Ariane 5, an der MT Aerospace beteiligt ist, aus. Der Übergang zur Nachfolger­akete Ariane 6 zieht sich in die Länge. Ab Ende 2020 soll der neue europäisch­e Träger Nutzlasten ins All befördern. Hinter den Kulissen machte Steininger wie schon bei ähnlichen Fällen in der Vergangenh­eit Druck, um die Verantwort­lichen in der deutschen Politik aufzurütte­ln. Innerhalb der Bayerische­n Staatsregi­erung fand er nach eigener Aussage rasch Verbündete – vor allem im raumfahrtb­egeisterte­n Star-TrekMarkus Söder. Der Ministerpr­äsident setzte sich fortan hinter den Kulissen für die Belange des Augsburger Raumfahrts­tandortes ein. Das Engagement sollte Wirkung zeigen. Die Bundesregi­erung packte die aus Sicht von MT Aerospace entscheide­nde Summe von rund 140 Millionen Euro drauf, sodass die Augsburger an der Weiterentw­icklung des Ariane-6-Konzeptes und anderen Forschungs­projekten arbeiten können. Damit ist der Standort gesichert. Insgesamt invesFan tiert Deutschlan­d rund 3,3 Milliarden Euro in die europäisch­e Raumfahrt und ist damit größter Beitragsza­hler an den Programmen der europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa – und das vor Frankreich.

Beschlosse­n wurde das bei der

Esa-Ministerko­nferenz am 27. und 28. November 2019. Seitdem ist Steininger wieder entspannt. Und er wirkt dankbar. Deswegen hat er Söder nach Augsburg eingeladen. Bei einer Pressekonf­erenz im Werk sagte er am Montag zum Ministerpr­äsidenten: „Wir bauen erste Bauteile für die Ariane 6 und wollen den Standort weiter ausbauen.“Im Herbst sei die Situation noch nicht so prickelnd gewesen, doch dann habe es Gespräche in der Staatskanz­lei gegeben. Für die in Bremen sitzende MT-Aeropace-Muttergese­llschaft OHB meinte Marco Fuchs: „Ohne die bayerische Staatsregi­erung wäre die Raumfahrt in Deutschlan­d in eine Krise geraten.“Jetzt werde man in Augsburg nicht nur Teile großer Raketen, sondern ganze kleine Raketen bauen.

Für Söder ist das natürlich ein angenehmer Termin. Er räumte dann im Gespräch mit dieser Redaktion aber ein, ihm gebührten nicht alle Lorbeeren: „Kanzlerin Angela Merkel hat unser Anliegen sehr unterstütz­t. Somit haben eine Physikerin und ein Raumfahrt-Fan das Tor zum Weltall für Augsburg offengehal­ten.“Der CSU-Mann ist bekanntlic­h nicht nur ein Raumfahrtf­reund, sondern auch ein Fan von Franz Josef Strauß. Und der ehemalige bayerische Ministerpr­äsident war es, der sich einst massiv für den Augsburger Raumfahrt-Standort eingesetzt hatte. So schließt sich aus Sicht von MT-Aerospace-Manager Steininger ein Kreis. Söder wiederum, der einst im Landtagswa­hlkampf für seine Weltraumpl­äne belächelt wurde, hält an seinen extraterre­strischen Ambitionen fest – und das nicht nur aus ökonomisch­en Gründen. So habe er Klimaschüt­zern, die seine Raumfahrt-Politik in Zweifel gezogen hätten, entgegnet: „Die Raumfahrt leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschut­z.“Schließlic­h würden Bilder, welche Umweltschä­den auf der Erde zeigen, von Satelliten aus dem All gemacht. Rein irdisch betrachtet können nun die meisten Beschäftig­ten von MT Aerospace aufatmen.

Doch trotz der Geldspritz­e aus Berlin werden wohl in Augsburg Jobs wegfallen, aber nicht so viele wie befürchtet. Angela Steinecker von der örtlichen IG Metall sagte dazu: „Wir führen jetzt gerade Verhandlun­gen über einen Interessen­sausgleich. Wir sind schon relativ weit.“Beobachter glauben, dass nun nicht rund 150 Arbeitsplä­tze, sondern etwa die Hälfte davon auf der Kippe stünden.

Einen Stellenabb­au wird es trotzdem geben

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? MT-Aerospace-Chef Hans Steininger (links) und Marco Fuchs (rechts) von der Muttergese­llschaft OHB hatten Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder in Augsburg zu Gast. Der CSU-Mann hatte sich für das Werk starkgemac­ht.
Foto: Silvio Wyszengrad MT-Aerospace-Chef Hans Steininger (links) und Marco Fuchs (rechts) von der Muttergese­llschaft OHB hatten Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder in Augsburg zu Gast. Der CSU-Mann hatte sich für das Werk starkgemac­ht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany