Regen und Hochwasser – geht das so weiter?
Das Wetter spielt derzeit verrückt. Erst regnet es kaum, nun schüttet es in Strömen. Welche Auswirkungen das hat
Augsburg Mit einem Winter, wie man ihn sich eben so vorstellt, hat das derzeitige nass-graue Schmuddelwetter eher wenig zu tun. Keine leise rieselnden Flöckchen, keine Schneeballschlachten, keine Schlittenfahrten, keine Bäume, die aussehen, als hätte sie jemand mit Puderzucker bestäubt. Stattdessen: Regen. Viel Regen. Und der hat Folgen.
Der immense Niederschlag hat die Pegel vieler Flüsse und Bäche im Freistaat ansteigen lassen. In Fischach im Landkreis Augsburg etwa trat die Schmutter über die Ufer. Mehrere Straßen standen unter Wasser. Und weil die Grund- und Mittelschule seit Montagnachmittag nicht mehr sicher erreicht werden konnte, fällt am Dienstag der Unterricht aus. Auch ein Kindergarten im Ort bleibt geschlossen.
Die Auswirkungen des Dauerregens sind auch im Allgäu deutlich zu spüren. Am Montag stieg der Pegel der Iller bei Sonthofen und Kempten immer weiter an. Teilweise standen Wiesen unter Wasser, Uferwege waren nicht mehr begehbar. Und es ist längst nicht nur der Regen, der die Situation verschärft hat. Weil es in den vergangenen Tagen so warm war, ist auf den Bergen der Schnee geschmolzen – und dieses Wasser floss unter anderem in die Iller. Angesichts solcher Probleme hat man im Allgäu vorgesorgt: Um eine Hochwasserschutzwand zu errichten, wurde die Bahnstrecke zwischen Immenstadt und Kempten vorübergehend gesperrt. Fahrgäste mussten auf Busse umsteigen.
Geht das jetzt so weiter? Meteorologe Jürgen Schmidt vom Portal Wetterkontor sagt: Ja. „Es kommt am Dienstag noch Regen dazu – und dann kommt der Schnee.“Und die Kälte. In den kommenden Tagen würden die Temperaturen deutlich sinken, sagt Schmidt im Gespräch mit unserer Redaktion. Dennoch wird der angekündigte Schnee wohl nicht allzu lange liegen bleiben, denn ab dem Wochenende soll es nach dem kurzen Kälte-Intermezzo schon wieder milder werden.
Trotz des aktuellen Dauerregens ist der Winter in Bayern bisher aber vor allem eines: zu trocken. Im Dezember fielen beispielsweise in Augsburg nur zwei Drittel des normalen Niederschlags. Wie trocken es war, zeigt auch dieser Vergleich: Am vergangenen Sonntag hat es in Augsburg so viel geregnet wie im gesamten Januar. Und es war bisher nicht nur ziemlich trocken, sondern auch relativ warm. In den vergangenen Tagen etwa kletterte das Thermometer stellenweise auf beinahe frühlingshafte 14 Grad.
Ist dieses Jahr eine Ausnahme? Im Gegenteil, sagt Meteorologe Schmidt. „Wir hatten relativ viele übernormale Winter.“Konkret ausgedrückt heißt das: In den vergangenen sechs Jahren waren fünf Winter um mehr als ein Grad zu warm. Nur im Winter 2016/2017 sei es sehr kalt gewesen, sagt Schmidt.
Und es ist ja längst nicht nur der
Winter, der seit mehreren Jahren verrückt zu spielen scheint. Auch in den anderen Jahreszeiten gibt es immer mehr Wetter-Kapriolen, die aus dem Raster fallen. Etwa im Jahr 2018. In jenem Sommer gab es im Allgäu 30 bis 40 Prozent weniger Niederschlag als eigentlich normal wäre. Im Norden Bayerns war die
Situation noch dramatischer. Dort fiel etwa 80 Prozent weniger Regen. Und nicht nur im Sommer, sondern auch im Herbst war es damals viel zu trocken. Diese höchst ungewöhnliche Wetterlage hatte Folgen: Landwirte mussten in riesigen Tanks Wasser holen, damit die Tiere etwas zu trinken hatten. Weil die Ernte wegen der Dürre so mau ausfiel, stiegen die Kartoffelpreise für die Verbraucher um mehr als die Hälfte. Auch Gurken wurden teurer. Außerdem konnten sich Schädlinge wegen der langen Trockenheit prächtig vermehren, etwa die Borkenkäfer, die über tausende Fichten hergefallen sind.
Wie der Sommer 2020 aussehen wird, das kann man noch nicht vorhersehen. Was man aber sagen kann, ist das: Zumindest der Februar dürfte deutlich nasser werden als normal üblich, meint Wetterexperte Schmidt. Jede Menge Regen also. Mit einem Winter, wie man ihn sich eigentlich vorstellt, hat das wenig zu tun.