Plan B wie Bloomberg
Bislang gilt der Multi-Milliardär Mike Bloomberg als schwarzes Schaf. Doch das Iowa-Chaos und das schwache Abschneiden des Favoriten Joe Biden spielen ihm in die Karten
Washington Mancher Amerikaner, der sich dieser Tage über die Regierungserklärung von Donald Trump informieren wollte, dürfte verwundert gewesen sein. Bei vielen Onlinemedien startete stattdessen wie von Geisterhand ein ganz anderer Film. „Die wirkliche Lage der Nation?“, fragte eine Stimme, während in schneller Schnittfolge unvorteilhafte Fotos des Präsidenten eingeblendet wurden: „Eine Nation – gespalten durch einen wütenden, außer Kontrolle geratenen Präsidenten.“Natürlich war das Werbe-Video von einem potenziellen Herausforderer Trumps geschaltet worden.
Sein Gesicht ist vielen Fernsehzuschauern bekannt, spätestens seit der Mann mit einem zehn Millionen Dollar teuren Spot während des Super Bowl für sich warb. Es gehört Mike Bloomberg, dem 77-jährigen Ex-Bürgermeister von New York. Erst Ende November hat der MultiMilliardär seine Kampagne für die Präsidentschaftskandidatur begonnen. Bei den ersten Vorwahlen in der Provinz tritt er nicht an. Doch rangiert er bei nationalen Umfragen mit acht bis zehn Prozent auf Platz vier der demokratischen Bewerber.
Der chaotische Ausgang der Iowa-Vorwahl dürfte dem Spätstarter weiteren Rückenwind verschaffen. Bloomberg hat nämlich alles anders gemacht als der Rest der TrumpHerausforderer. Während Joe Biden, Pete Buttigieg, Bernie Sanders und Elizabeth Warren durch den Schnee im Zwerg-Staat Iowa stapften, der nur 41 Delegierte beim Parteikonvent zu vergeben hat, konzentrierte er sich von Anfang an auf die Bundesstaaten, die am sogenannten Super-Tuesday am 3. März abstimmen. An diesem Tag werden mehr als die Hälfte der rund 2000 Delegiertenplätze vergeben.
Gerade jettet der Geschäftsmann auf Stimmenfang zwischen Kalifornien im Westen und Virginia im Osten hin und her. Als die halbe Nation gebannt auf die ersten Zahlen aus Iowa wartete, saß er im Flugzeug nach Michigan und schlief. „Es ist viel effizienter, die großen Staaten und die Swing-States zu besuchen“, sagte er der New York Times. Nach dem Debakel von Iowa klingt diese These nicht mehr ganz so abwegig.
„Das ist ein sehr unorthodoxer Weg“, urteilt der Meinungsforscher John Zogby. Süffisant fügt er hinzu: „Aber wenn man einen Traum hat und 250 Millionen Dollar zum Verpulvern, kann man in den USA alles erreichen, was man will.“Tatsächlich ist Geld der bislang wichtigste Kampagnenhelfer des Multi-Milliardärs, der riesige Summen aus der eigenen Tasche zahlen kann, während seine Konkurrenten mühevoll um Kleinspender werben müssen. 254 Millionen Dollar hat Bloomberg zuletzt alleine in Radio- und TVWerbung investiert. Biden, Buttigieg, Sanders und Warren zusammen kamen auf 53 Millionen.
Doch zunehmend gibt es auch strategische Argumente für Bloomberg. Der Medien-Unternehmer steht wie Biden für einen pragmatischen Kurs. Zwar fehlen Bloomberg die Empathie und die Obama-Aura seines Wettbewerbers, dafür besitzt er aber ein Macher-Image und wirkt bei Auftritten trotz gleichen Alters deutlich dynamischer und frischer. Sollte der Ex-Vizepräsident weiter schwächeln und der Siegeszug des Sozialisten Bernie Sanders anhalten, der vielen als zu links gilt, könnte das Partei-Establishment nervös werden und auf Bloomberg als „Plan B“umschwenken.
Der hat nach Iowa – am Ende lag Buttigieg mit 26,2 Prozent hauchdünn vor Sanders (26,1) – schon mal angekündigt, dass er seine Werbeausgaben verdoppeln wird. Von Demonstranten, die seine Veranstaltungen mit Protesttafeln wie „Milliardäre dürfen nicht unsere Wahlen kaufen!“besuchen, lässt er sich nicht aufhalten. Weil er zu wenig Kleinspenden eingesammelt hat, durfte er bei der TV-Debatte der demokratischen Bewerber nicht dabeisein. Aber in der nächsten Runde am 19. Februar wird der Multi-Milliardär mit auf der Bühne stehen: Die Partei hat kurzerhand zu seinen Gunsten die Regeln geändert.