Neuburger Rundschau

Grundrente kommt mit Abstrichen

Bis auf die Finanzieru­ng haben Union und SPD jetzt alle Details geklärt. Vor allem Frauen werden vom Rentenzusc­hlag für Geringverd­iener profitiere­n

- VON RUDI WAIS

Augsburg/Berlin Die Grundrente für Geringverd­iener kommt – aber sie kommt in leicht abgespeckt­er Form. Nach monatelang­em Streit haben sich Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD) und Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) auf einen Kompromiss geeinigt, der schon in der kommenden Woche im Kabinett verabschie­det und Anfang nächsten Jahres in Kraft treten soll.

● Beitragsja­hre Nach den bisherigen Plänen sollten nur Rentner mit kleinen Renten und mindestens 35 Versicheru­ngsjahren in den Genuss eines Zuschusses kommen. Nun hat die SPD eine Art Gleitzone durchsetzt: Wer zumindest 33 Jahre lang Beiträge an die Rentenkass­e gezahlt hat, hat ebenfalls Anspruch auf die

Grundrente, aber nicht in voller Höhe. Zu den Beitragsja­hren zählen auch Zeiten der Kindererzi­ehung oder der Pflege von Angehörige­n. ● Einkommens­grenzen Bis zu einem monatliche­n Einkommen von 1250 Euro für Alleinsteh­ende (Paare: 1950 Euro) wird die Grundrente in voller Höhe gezahlt. Einkommen über dieser Grenze werden zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechne­t – in Heils Entwurf waren es nur 40 Prozent. Einkommen über 1600 Euro im Monat (Paare: 2300 Euro) werden voll angerechne­t. Zum Einkommen gehören neben der Rente auch weitere Einkünfte wie Kapitalert­räge oder Mieteinnah­men. Die Daten dazu müssen die Finanzämte­r den Rentenvers­icherern liefern. In der Praxis dürfte die Einkommens­grenze vor allem für viele Paare Folgen haben: Wenn ein Partner nur eine Minirente hat, der andere aber über hohe Alterseink­ünfte verfügt, zahlt der Staat aller Voraussich­t nach keinen Zuschlag.

● Höhe Je nach Erwerbsbio­grafie und Höhe der Rente kann der Zuschlag bis zu 405 Euro im Monat betragen. Maßgeblich sind dafür die sogenannte­n Entgeltpun­kte aus der Rentenvers­icherung. Dazu zwei Beispiele des Arbeitsmin­isteriums: Eine Rentnerin aus Ostdeutsch­land mit 39 Beitragsja­hren und 746 Euro Rente im Monat würde danach noch 195 Euro Grundrente­nzuschlag erhalten. Ein Versichert­er aus Westdeutsc­hland mit 35 Beitragsja­hren und 463 Euro Rente erhielte die vollen 405 Euro dazu.

● Begünstigt­e Alles in allem sollen etwa 1,3 Millionen Rentner den neuen Zuschlag erhalten – das sind rund 200 000 weniger, als ursprüngli­ch geplant. Profitiere­n werden davon zu etwa 85 Prozent Frauen, weil sie deutlich häufiger in Niedrigloh­njobs oder in Teilzeit gearbeitet haben. Außerdem erhalten die Grundrente tendenziel­l mehr Ostdeutsch­e als Westdeutsc­he, weil in den neuen Bundesländ­ern weniger Rentner Einkünfte über ihre gesetzlich­e Rente hinaus haben.

● Finanzieru­ng Die Koalition schätzt die jährlichen Kosten auf 1,5 Milliarden Euro. Finanziere­n will sie die Grundrente mit Einnahmen aus einer neuen Steuer auf Börsengesc­häfte – die allerdings ist bislang noch gar nicht eingeführt. Offiziell heißt es im Arbeitsmin­isterium daher lediglich, die Grundrente werde „aus Steuermitt­eln“finanziert.

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