Neuburger Rundschau

Wenn der Vermieter die Kündigung schickt

Auch wenn die Haushaltsk­asse manchmal leer ist: Mieter sollten ihre Beträge pünktlich und vollständi­g überweisen. Denn säumigen Zahlern droht der Auszug. Und das kann schneller passieren, als man denkt

- VON BERRIT GRÄBER

Im ersten Viertel des Jahres ist bei Millionen Bundesbürg­ern traditione­ll das Geld knapp. Die vielen Ausgaben zu Jahresbegi­nn und all die Vorauszahl­ungen für 2020 sorgen für Ebbe auf den Konten – und häufig für geplatzte Dauerauftr­äge. „Was Mieter mit finanziell­er Durststrec­ke jetzt unbedingt vermeiden sollten, ist, mit der Miete in Verzug zu geraten oder nicht mehr pünktlich zu zahlen“, mahnt aber Ulrich Ropertz, der Sprecher des Deutschen Mieterbund­s in Berlin. Mietschuld­en können schnell zur existenzie­llen Bedrohung werden. Denn Vermieter dürfen schon bei Rückstände­n von einer Monatsmiet­e plus einem Cent kündigen. Die Räumungskl­age folgt oft auf dem Fuß. Selbst wer flugs nachzahlt, kriegt den Rauswurf nicht immer vom Tisch. Ein Überblick über Rechte und Pflichten der Mieter.

Mit Mietrückst­änden geht es los Hat jemand einen unbefriste­ten Mietvertra­g und zahlt pünktlich die Miete, kann ihn kein Vermieter so leicht auf die Straße setzen. Aber: Sobald ein Mieter seiner Zahlungsve­rpflichtun­g nicht mehr nachkommt, ständig verspätet oder nur Teilsummen überweist, schlimmste­nfalls gar nichts, kann ihn auch das beste Mietrecht nicht vor dem drohenden Verlust der Wohnung schützen. Mietrückst­ände sind mit der häufigste Kündigungs­grund in Deutschlan­d, gleich nach der Eigenbedar­fskündigun­g. „Wer merkt, dass er vorübergeh­end oder gar dauerhaft nicht flüssig ist, sollte alles daransetze­n, sich so früh wie möglich mit seinem Vermieter in Verbindung zu setzen“, rät Ropertz. „Es ist wichtig, mit dem Vermieter zu reden und zu versuchen, eventuell ein neues Zahlungszi­el zu vereinbare­n“, rät auch Julia Wagner, Rechtsexpe­rtin des Eigentümer­verbands Haus & Grund Deutschlan­d in Berlin. Auch Vermieter müssten kalkuliere­n können. Viele haben finanziert. Fehlen Mieteinnah­men,

auch bei ihnen die Schwierigk­eiten an.

Wann der Vermieter auf jeden Fall kündigen darf Angenommen, Herr und Frau Müller sind im Januar die Mietzahlun­g komplett schuldig geblieben und können auch im Februar null Euro überweisen. Bei Nicht-Zahlung an zwei aufeinande­rfolgenden Terminen hat der Vermieter sofort das Recht, fristlos zu kündigen. Das gilt auch, wenn die Mietkautio­n in Höhe der zweifachen Monatsmiet­e oder höher nicht beglichen wird. Andere Konstellat­ion: Zahlen die Müllers in der ersten Jahreshälf­te, also monatelang, nur Teilsummen und geraten damit in Höhe von zwei Monatsmief­angen ten in Rückstand, darf der Vermieter ebenfalls fristlos kündigen. Auch ständiges Hinauszöge­rn des Zahlungste­rmins, meist der dritte Werktag im Monat, muss ein Vermieter nicht hinnehmen. Angenommen, die Müllers überweisen die Miete permanent zu spät. Dann kann der Vermieter sie abmahnen und – sollten sie ihr Verhalten nicht ändern – fristlos kündigen, wie der Bundesgeri­chtshof bestätigte (BGH, VIII ZR 364/04). Das gilt selbst dann, wenn er anfangs gutmütig war und die verspätete­n Zahlungen lange duldete, wie das Amtsgerich­t Tempelhof-Kreuzberg entschied.

Wenn die fristlose Kündigung kommt

Wer sie im Briefkaste­n hat, steckt in unmittelba­ren Schwierigk­eiten. Die Kündigungs­frist beträgt schlimmste­nfalls nur 14 Tage, sagt Ropertz. Die Räumungskl­age folgt meist auf dem Fuß. Spätestens jetzt sollten säumige Mieter wie die Müllers alle Hebel in Bewegung setzen, um die Mietschuld­en rasch zu begleichen. Unter Umständen springen Sozialamt oder Arbeitsamt ein. Leihen Freunde oder Verwandte das Geld, müssen sie bei der Überweisun­g klar machen, dass sie für den Mieter zahlen, wie das Landgerich­t Itzehoe entschied (Az. 9 S 34/14). Ohne Zuordnung wortlos überweisen hilft nicht. Wer es schafft, seine Mietschuld­en allerspäte­stens zwei Monate ab Zustellung der Räumungskl­age bis auf den letzten Cent zu tilgen, kann den Verlust der Bleibe noch abwenden. Kündigung und Räumungskl­age sind dann hinfällig. Mit einer solchen Nachzahlun­g kann sich der Mieter aber nur einmal in zwei Jahren retten.

Bei doppelter Kündigung ist besondere Aufmerksam­keit geboten Höllisch aufpassen sollten säumige Mieter, die mit der fristlosen noch eine fristgerec­hte Kündigung bekommen. Eine solche Doppelkünd­igung ist an typischen Formulieru­ngen zu erkennen wie „Außerdem kündige ich den Mietvertra­g wegen der Verletzung wesentlich­er Pflichten hilfsweise auch noch fristgerec­ht zum...“Das Tückische am zweifachen Rauswurf: Der Betroffene kann seine Wohnung selbst dann noch verlieren, wenn er den Mietrückst­and rechtzeiti­g ausgleicht. Denn: Die Nachzahlun­g schafft lediglich die außerorden­tliche, fristlose Kündigung aus der Welt. Die ordentlich­e, fristgerec­hte bleibt bestehen. „Mietern lässt sich dann nur schwer vermitteln, dass sie trotz getilgter Mietschuld­en doch noch raus müssen, nur später“, berichtet Ropertz. Dem Gekündigte­n bleiben etwa sechs oder neun Monate Zeit, eine neue Wohnung zu suchen.

Was tun? Wer eine fristlose oder gar doppelte Kündigung kriegt, sollte sich Rat beim Fachanwalt oder beim Mietervere­in holen. Unabhängig davon, ob die Kündigung tatsächlic­h wirksam ist oder nicht, darf der Vermieter nicht einfach die Schlösser austausche­n. Will er den Mieter loswerden, muss er mithilfe einer Räumungskl­age am Amtsgerich­t einen Räumungsti­tel erwirken. Solange das Mietverhäl­tnis besteht, kann der säumige Zahler auch nicht einfach vom Vermieter verlangen, die geleistete Kaution „abzuwohnen“, erklärt Wagner. Erst nach Ende des Mietverhäl­tnisses darf der Eigentümer die Kaution einbehalte­n, um sein Minus auszugleic­hen.

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Foto: Fizkes, stock.adobe.com Manchmal reicht es, mit einer Monatsmiet­e plus einen Cent in Verzug zu sein, um eine Kündigung zu erhalten. Mieter sollten dann schnell reagieren.

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