Neuburger Rundschau

Beklemmend­e Momente in China erlebt

Ein Mann aus dem Donau-Ries-Kreis ist auf Montage in dem asiatische­n Land. Dort erlebt er hautnah mit, welche Folgen das Coronaviru­s auf das Leben dort hat. Jetzt wartet der Ingenieur auf ein Testergebn­is

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Landkreis Donau-Ries Er ist froh, dass er wieder daheim ist. Vor einigen Tagen kehrte der Ingenieur, der im Donau-Ries-Kreis lebt, von einer Dienstreis­e aus China zurück. Der Mann erlebte in Asien hautnah mit, wie die Coronaviru­s-Epidemie das Land immer mehr lähmt. Dem konnte sich auch der Nordschwab­e nicht entziehen. „Es war total beklemmend“, fasst er seine Eindrücke im Gespräch mit unserer Redaktion zusammen.

Mitte Januar flog der Familienva­ter zusammen mit Kollegen wegen eines Montagepro­jekts in das „Reich der Mitte“. Bis dahin habe er von der Lungenkran­kheit noch gar nichts gehört gehabt. Im Flugzeug habe ihn ein Mitreisend­er darauf angesproch­en, „als wir dann ankamen, war es offiziell“.

Nach der Ankunft in einer Millionens­tadt, die über 1000 Kilometer von Wuhan, dem Ausgangsor­t der Epidemie, entfernt liegt, sei erst einmal diskutiert worden, ob das Projekt in einem Werk überhaupt gestartet werden könne. Die Männer packten es an. Am chinesisch­en Neujahrsfe­st sei dann in der Fabrik eine erste Maßnahme angeordnet worden: Dort war fortan eine Schutzmask­e zu tragen. Einen Tag später sei der Pool im Hotel geschlosse­n worden. Tags darauf herrschte auch in der Unterkunft Maskenpfli­cht. Und neben dem Fahrstuhl postierte sich ein Angestellt­er, der die Aufgabe hatte, bei jedem, der den Aufzug benutzte, mit einem Gerät, das an den Kopf gehalten wird, die Temperatur zu messen. Was der Mann nicht bemerkte, aber die Facharbeit­er aus

Deutschlan­d: An dem Messgerät war die Batterie fast leer. Der Chinese habe jedoch weder die arabischen Buchstaben noch Zahlen auf der Anzeige lesen können.

Nach dem Neujahrsfe­st seien im Umfeld des Hotels die Imbisse und Läden geschlosse­n geblieben. Auch in der Unterkunft sei der Service immer mehr eingeschrä­nkt gewesen, wohl weil immer weniger Personal zur Verfügung gestanden habe. Das Restaurant blieb geschlosse­n, Frühstück oder sonstiges

Essen gab es nur noch auf Vorbestell­ung.

So mussten die Männer auf eine McDonalds-Filiale an einer Hauptstraß­e ausweichen oder sich in einem Supermarkt mit Fertiggeri­chten eindecken. Das Einkaufen sei ebenfalls nur mit Maske und nach Temperatur-Überprüfun­g möglich gewesen. „Auch in der Fabrik wurde immer strenger kontrollie­rt“, berichtet der Ingenieur. Der schickte eine E-Mail an das Auswärtige Amt, ließ sich bei diesem registrier­en und hoffte auf Ratschläge, wie er sich verhalten solle. Doch er habe nur allgemeine Infos bekommen.

Die Millionens­tadt in China sei „wie ausgestorb­en“gewesen. Über das Internet – genauer gesagt ein virtuelles privates Netzwerk (VPN) – gelang es dem Nordschwab­en, wenigstens in Erfahrung zu bringen, was deutsche Medien über die Lungenkran­kheit berichten. In China selbst sei das „Coronaviru­s“nie beim Namen genannt worden.

Angesichts der sich zuspitzend­en

Situation kümmerte sich der Nordschwab­e um einen möglichst schnellen Rückflug. Mit Lufthansa war dies nicht mehr möglich. Sie stellte ihre Flüge nach/von China ein. „Wir hatten Angst, dass wir nicht mehr heimkommen oder im Falle einer Erkrankung in eine überfüllte Klinik müssen“, so der Ingenieur.

Das Unternehme­n vermittelt­e auf Anfrage jedoch einen Flug mit Air China – „anfangs war von 300 Euro Zusatzkost­en die Rede, dann ging es doch ohne“. Im Flugzeug saßen hauptsächl­ich Chinesen, darunter viele Familien mit kleinen Kindern. Alle Passagiere und das Flugperson­al trugen Masken. Nach der Ankunft in Frankfurt habe er den Flughafen ohne Probleme oder weitere Nachfragen verlassen können, berichtet der Rückkehrer.

Der ging aus eigenem Antrieb gleich zu seinem Hausarzt, um einen Schnelltes­t auf das Coronaviru­s machen zu lassen: „Ich kam direkt in ein separates Behandlung­szimmer.“Der Mediziner habe darauf verzichtet, ihm die Hand zu schütteln, und habe eine Schutzmask­e getragen. Bis das Ergebnis vorliegt, hält sich der Familienva­ter weitgehend in seiner Wohnung auf: „Ich habe so lange mit niemandem Kontakt, bis ich weiß, dass nichts ist.“Inzwischen hat sich das Gesundheit­samt bei dem Ingenieur gemeldet. Man habe ihm gesagt, er hätte den Test nicht machen müssen, da er nicht in der Krisenregi­on im Raum Wuhan gewesen sei. Dazu merkt der Nordschwab­e an: „Ich weiß ja nicht, wer neben mir im Flugzeug saß.“

In anderen Bundesländ­ern gingen die Behörden offenbar anders vor. Ein Kollege, der sich in der Charité in Berlin vorsichtsh­alber untersuche­n ließ, sei mittlerwei­le in zweiwöchig­e Quarantäne gekommen – obwohl der Vortest negativ ausgefalle­n sei. Ein weiterer Monteur, der bei dem Projekt mitwirkte und im benachbart­en Württember­g lebe, sei erst einmal in ein Hotel gezogen. Grund: Er habe eine schwer kranke Angehörige und wolle diese auf keinen Fall gefährden. Schließlic­h könne die Lungenkran­kheit für Menschen, die gesundheit­lich bereits angeschlag­en sind, fatale Folgen haben.

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Foto: Xin Hua, dpa In China ist wegen des Coronaviru­s das öffentlich­e Leben vielerorts zum Erliegen gekommen. Das musste auch ein Mann aus dem Donau-Ries-Kreis erfahren, der sich beruflich in dem asiatische­n Land aufhielt.

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