Neuburger Rundschau

Der Mond landet in Deutschlan­d

Eine einzigarti­ge Astro-Anlage in Köln: „Ein bisschen wie ein Konzert von Helene Fischer“

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Matthias Maurer ist ein sehr geerdeter Mensch, auch wenn er die Erde bald verlassen wird. Der Astronaut, der als nächster Deutscher zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS fliegt, kann Dinge sehr sachlich erklären. Sie klingen dann nicht wie Stoff aus einem Science-Fiction-Roman – sondern so normal wie ein CampingAus­flug. Zum Beispiel die Sache mit der aufblasbar­en Mondbasis.

„Um auf den Mond zu fliegen, müssen wir noch viele Technologi­en entwickeln – wir wollen dort nämlich langfristi­g bleiben“, sagt Maurer im Europäisch­en Astronaute­nzentrum in Köln. Eine davon: Wie man ein Haus baut, ohne Stahlbeton von der Erde einzuflieg­en – das wäre unbezahlba­r. „Ein Konzept sind aufblasbar­e Module“, sagt Maurer. „Um ihre dünne Haut auf dem Mond zu schützen, könnte man den Sand, den wir finden, mittels 3D-Druck zu Backsteine­n drucken und als Schutzhüll­e verwenden.“So wie bei einem Bunker.

Es sind Ideen, über die Maurer und Kollegen schon länger nachdenken. Nur wenige Meter entfernt wollen sie sie praktisch austesten. Am Astronaute­nzentrum ist der Bau einer spektakulä­ren Halle geplant. Sie soll nichts weniger als ein Leben auf dem Mond simulieren – in KölnPorz. Das Projekt nennt sich „Luna“, langsam nimmt es Gestalt an. Mit dem Bau soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Im April 2021 soll das Gebäude dann in Betrieb gehen – als einzigarti­ge Übungshall­e.

Dahinter steht der Plan, wieder Astronaute­n zum Mond zu schicken, auf dem zuletzt 1972 ein Mensch war. Auch die Europäisch­e Weltraumor­ganisation (Esa) will dorthin. Esa-Chef Jan Wörner wirbt seit Jahren für ein „Moon Village“, einee Mond-Basis für Forschungs­zwecke. Langfristi­g könnten die Erkenntnis­se von dort für eine ungleich weitere Mars-Mission genutzt werden. „Wenn die Technik auf dem Mars nicht klappt, hat man ein sehr ernstes Problem“, sagt Maurer. „Wenn sie auf dem Mond versagt, ist man in drei Tagen wieder auf der Erde – dafür kann man Reserven mitnehmen.“

Aber auch für den Mond muss geübt werden. „Der Mond ist schon eine sehr unfreundli­che Gegend“, sagt der Planetolog­e Harald Hiesinger von der Uni Münster. Die Oberfläche ist sehr staubig, es gibt keine Atmosphäre und die Temperatur­schwankung­en zwischen Tag und Nacht sind enorm. „Wenn man ein Monddorf bauen will, muss man sich vor all diesen Gefahren schützen.“Zugleich sei der Mond ungemein wichtig. „Er ist wie ein Geschichts­buch, das alles in den letzten vier Milliarden Jahren aufgezeich­net hat.“Um das Überleben dort zu üben, sollen in Köln rund 750 Quadratmet­er Mondoberfl­äche nachgebaut werden – allerdings nicht mit echtem Mondsand. Auch das wäre kaum bezahlbar. Glückliche­rweise wurde man in der nahen Eifel fündig. Der vulkanisch­e Sand von dort hat ganz ähnliche Eigenschaf­ten: sehr feinkörnig, fast wie Pulver, damit „lungengäng­ig“allzu schnell in bewegliche Teile festgesetz­t.

Hinzu kommt das Problem mit dem Gewicht. Auf dem Mond wirkt nur ein Sechstel der irdischen Schwerkraf­t. Dem nahe zu kommen, sollen Seile helfen. „Man kann sich das ein bisschen vorstellen wie ein Konzert von Helene Fischer, wenn sie an einem Seil über die Bühne schwebt“, erklärt Maurer. Er wiegt auf der Erde 75 Kilo. „Wir werden mit Seilen nach oben gezogen und zum Teil entlastet.“In seinem Fall: Rund 62 Kilo ziehen ihn dann nach oben, mit etwa 12 Kilo bleibt er auf dem Boden.

Man hoffe, dass zwischen 2025 und 2030 zwei, vielleicht auch drei Europäer Richtung Mond geschickt werden könnten. Wie das mit Zeitprogno­sen ist, hat Astronaut Maurer aber jüngst selbst erlebt. Das Projekt mit der Mondhalle kam nämlich zunächst nicht so gut voran wie gedacht. Auf der Wiese mit dem Baugrund fand man Eidechsen – und die mussten umgesiedel­t werden. „Wir wurden zuerst von ein paar irdischen Problemen ausgebrems­t.“

Jonas-Erik Schmidt

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Foto: European Space Center So soll es in der Halle in Köln-Porz mal aussehen – ein einzigarti­ges Projekt der Europäisch­en Weltraumor­ganisation.

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