Unsere neuen Mitbewohner: 500 Kompostwürmer
Hätte es ein ordentliches WG-Aufnahmegespräch gegeben, unsere neuen Mitbewohner wären wohl gnadenlos abgeblitzt. Wer will schon Kompostwürmer in der Wohnung haben? Glitschige, sich windende Mitbewohner in einem Haufen Erde? „Du machst Witze! Das stinkt doch!“, sagte mein Mann. „Warum machen wir das, Mama?“, fragte mein Sohn, der beim Thema Haustier eher an einen Hund statt an Kompostwürmer gedacht hat.
Seit zwei Wochen haben wir nun also eine Wurmkiste. In der 48 Zentimeter hohen Lärchenholzbox, die im Wohnzimmer steht, leben Exemplare der Art Eisenia fetida: rund zehn Zentimeter lange Tiere, die wie schlanke Regenwürmer aussehen und nach dem schwedischen Regenwurmforscher Gustaf Eisen (1847–1940) benannt sind. 500 Stück stand auf dem Lieferschein im Postpaket aus Oberösterreich, wir haben aber nicht nachgezählt, sondern unsere österreichischen Mitbewohner lieber ganz schnell und stressfrei einziehen lassen.
Das war im Vergleich zu menschlichen Umzügen eine ganz unkomplizierte Angelegenheit: Transportkarton zerrissen, in Wasser eingeweicht und am Boden der Kiste verteilt, dann die Würmer samt der Transporterde vorsichtig daraufgelegt und mit einem Zerstäuber etwas angefeuchtet, mit Hanfmatte abgedeckt. Statt WG-Party war dann aber erst mal drei Tage Ruhe angesagt. Die Würmer durften sich vom Umzug erholen und Pappe knabbern. Währenddessen wurde dem Menschenkind das Phänomen Kompostwurm erklärt, dass wir nun zuschauen können, wie diese Tiere aus Gemüseund Obstresten Humus herstellen – also Erde, nicht das gleichklingende leckere Kichererbsenpüree (!). Dass solche Kisten eigentlich für Menschen ohne Garten entwickelt wurden, die ihren Biomüll in der Wohnung kompostieren wollen. Und für Eltern, die ihren Kindern die Arbeit der Regenwürmer näherbringen möchten. Weil man ja mehr schätzt und schützt, was man kennt.
Erstes Fazit nach zwei Wochen: Super nette Mitbewohner! Ruhig, fleißig, stinken und stören nicht, wollen nicht ausbrechen und kümmern sich sogar um den (Bio-)Müll. Mein Mann findet die Sache mit den neuen Haustieren nach wie vor etwas gewöhnungsbedürftig. „Können wir die Kiste nicht rausstellen? Dahin, wo sie hingehört: in den Garten!“, fragte er diese Woche wieder und bekam wieder zu hören: „Zu kalt, und außerdem: das Experiment.“Und mein Vierjähriger? Der hebt jeden Abend den Deckel und sagt: „Gute Nacht Wurmis.“Na dann, Fortsetzung folgt … Lea Thies
In dieser Kolumne geht es um das Thema Nachhaltigkeit. Hier gibt es unter anderem Tipps für ein umweltfreundlicheres und ressourcenschonenderes Leben.