Die Frage der Woche Die Hände desinfizieren?
Lupenreines Ja. Eindeutiges Votum für die Desinfektion. Was für Ärzte vor und nach der Behandlung ihrer Patienten gut ist, kann für den Rest der Welt ja nicht schlecht sein. Allerdings hängt das Ganze natürlich ein bisschen vom Wo ab. Im Hausgebrauch zum Beispiel, wenn der Rest der Bande nicht gerade im GrippeDelirium dahinsiecht, braucht es derlei Desinfektionsbehältnisse vielleicht nur vor jeder zweiten
Tür fest montiert. Die meisten Menschen habe doch gelernt und – hoffentlich – in den Alltagsabläufen auch verinnerlicht, dass man sich die Hände nach dem Heimkommen, wenigstens vor den Mahlzeiten und natürlich auch nach sonst allen notwendigen Verrichtungen gründlich und mit Seife wäscht. Wobei allerdings genau Letzteres selbst nach Jahrhunderten der (vergeblichen) Körperhygiene-Schulung nicht sehr selbstverständlich zu sein scheint. Man staunt immer wieder. Denn das eindeutige Ergebnis einer immerhin vier Jahrzehnte währenden teilnehmenden Beobachtung – sagen wir an an Autobahnraststätten – bestätigt ihr schmutziges Ergebnis immer und immer wieder. Und da man die Türen solcher Aborte auch nicht regelmäßig auf- und zutreten kann, bleibt einem der (zivilisatorisch anmutiger wirkende) Kontakt mit der Türklinke eben nicht erspart. Womit wir bei der schönsten Erfindung seit langem sind: dem Hand-Sanitizer. Standardausrüstung im Handschuhfach. Schadet aber auch sonst nicht. Denn wer Gummibärchen-, Kaffee- und Sandwich-bewehrt nach einer Rast wieder ins Auto steigt, greift einfach mit einem besseren Gefühl in die ColaKracher-Tüte, wenn die menschlichen Rückstände, die von der Türklinke auf die eigene Hand übertragen wurden, mit diesem Gel zerrieben werden. Kann man da überhaupt gegen das Desinfizieren sein?
Zum Glück hat die Natur es so eingerichtet, dass wir Menschen recht schlechte Augen haben. Auf jedem Quadratmillimeter, der uns umgibt, stecken Millionen Keime, Krankheitserreger, Mikroben – könnten wir sie alle sehen, würden wir wahrscheinlich durchdrehen ob der da klebenden und wuselnden, kreuchenden und fleuchenden Masse, die da auf uns lauert. Oh, da eine Gruppe Streptokokken auf dem Toilettensitz, dort E-Colis an der Türklinke, da ein Noro am Lichtschalter. Zugegeben, wirklich ekelig diese Vorstellung. Deswegen muss man aber nicht gleich den Hypochonder rauslassen und das Desinfektionsmittel zücken. Gründliches Händewaschen hilft genauso gut. Die Uni Regensburg hat bei einem Test herausgefunden, dass 30-sekündiges Händewaschen mit Seife Keime fast zu 100 Prozent tötet. Und: Wasser und Seife sind nicht nur günstiger, sie sind auch besser für die Haut als die Chemiekeule aus der Flasche.
Dass Desinfektionsmittel außerhalb von Krankenhäusern überflüssig sind, ist längst erwiesen. Doch mit der Angst vor Krankheitserregern lässt sich nun mal vorzüglich Geld verdienen: In den vergangenen Jahren etwa sind „antibakterielle“Spülmitteln, Zahnspülungen, Putzmitteln schwer in Mode gekommen. Handdesinfektionsmittel für die Handtasche gibt’s nun in jedem Supermarkt. Dabei warnen Hygieneexperten längst vor diesem privaten KeimkillerWahnsinn. Wer dauernd zur Chemie greift und desinfiziert, der belastet nicht nur seine Haut, der züchtet vor allem resistente Keime heran, die dann möglicherweise später wirklich schwer zu bekämpfen sind. Außerdem ist es gut für unser Immunsystem, wenn es auch mal Krankheitserreger bekämpfen darf und nicht möglichst keimfrei gehalten wird.