Das lange Warten auf den Traum
In der englischen Premier League verlangen die Klubs bis zu 830 Euro für einen Platz als Einlaufkind. In der Bundesliga will kein Verein Geld. Einen Platz zu bekommen, ist aber schwer
Augsburg Es ist der Traum jedes fußballbegeisterten Kindes: Einmal an der Hand eines Profis in ein Stadion einlaufen. Zwar sind es nur wenige Minuten, die die Kleinen zwischen Kabinengang und Platz mit den Profis verbringen dürfen – die Plätze dafür sind aber ebenso begehrt wie rar. In der englischen Premier League lassen sich die Klubs dafür entlohnen. Wie der Telegraph berichtet, machen die meisten Vereine mit dem Traum der Kinder Geld: In der Liga, die pro Jahr 1,7 Milliarden Euro Fernsehgelder erhält, werden die meisten Plätze verkauft. Wer zum Beispiel einen Platz für sein Kind beim Abstiegskandidaten West Ham United kaufen möchte, muss 830 Euro bezahlen – es ist der Spitzenwert.
Kostspielig wird die Sache auch, wenn der Nachwuchs Anhänger von Aston Villa ist. Der Klub, der ebenfalls um den Klassenerhalt kämpft, ruft 590 Euro auf. Bei Aufsteiger Norwich City werden 499 Euro fällig – für einen beliebigen Spieler.
Um dem Kapitän die Hand halten zu dürfen, verlangt der Klub 595 Euro. Auch Tottenham (415 Euro), Sheffield United (355 Euro) oder Wolverhampton (380 Euro) machen daraus ein Geschäft. Die Top-Klubs wie Liverpool, Manchester City und Manchester United, FC Chelsea und der FC Arsenal verlosen die Plätze zwar kostenlos unter ihren Mitgliedern, insgesamt kommt nach den Berechnungen des Telegraph aber pro Saison etwa eine halbe Million Euro zusammen.
In der englischen Öffentlichkeit stößt das Verhalten der Klubs auf Empörung. Julian Knight, Vorsitzender des Sport-Ausschusses des Parlaments, kritisierte: Ein Einlaufkind zu sein, werde zu „einem Privileg der Wohlhabenden“und richte sich gegen den Geist des Fußballs.
In der Bundesliga verlangt bislang kein Klub Geld für die Gelegenheit, ein Einlaufkind zu sein. Meistens werden bei der Auswahl Sponsoren, Fanklubs und lokale Vereine berücksichtigt. Wer zum Beispiel bei einem Heimspiel des FC Augsburg an der Hand eines Fußballprofis einlaufen möchte, hat zwei Möglichkeiten: Ein Großteil der Plätze wird unter den Amateurvereinen verlost, die sich beim Bundesligisten für eine Einlaufeskorte bewerben. Der zweite Weg führt über die Sponsoren des FCA: Einige der Werbepartner haben sich im Rahmen ihres Sponsoring-Vertrags die Option gesichert, eine Einlaufeskorte stellen zu dürfen. Diese Plätze vergeben die Firmen nach eigenem Ermessen, zum Beispiel in Form eines Gewinnspiels. Es ist eine Praxis, die bei den meisten Bundesliga-Klubs angewandt wird. Auch beim Drittligisten FC Ingolstadt werden die Plätze unter den Sponsoren, den Teilnehmern der eigenen Fußballschule und den Amateurvereinen vergeben. Beim Branchenprimus FC Bayern werden die heiß begehrten Plätze an benachteiligte Kinder, teilweise auch unter den Sponsoren, vergeben.
Auch die formalen Kriterien, die an die Kinder angelegt werden, sind ligaweit meist dieselben. Formal sollte beim FC Augsburg ein Einlaufkind mindestens sechs Jahre alt und maximal 1,50 Meter groß sein. Beim
FC Ingolstadt gibt es nur das Kriterium des Alters: Maximal neun Jahre alt dürfen bei den Schanzern die Einlaufkinder sein.
Eine weitere Gemeinsamkeit aller Klubs – egal ob FC Augsburg, FC Ingolstadt oder der FC Bayern: Die Nachfrage ist wesentlich größer als die Plätze, die die Klubs anbieten können. Aktuell reicht die Warteliste des FC Augsburg zum Beispiel bis weit in die kommende Saison hinein.
Für Kinder, die Fans des FCA sind, gibt es aber eine Alternative: Wer mit dem Schiedsrichter an der Hand das Spielfeld betreten darf, wird unter den Mitgliedern des Kidsclub, des Fanclubs für die sechs bis 13 Jahre alten Vereinsmitglieder, verlost. Außerdem können Kidsclub-Mitglied in jedem Heimspiel kurz vor Beginn des Spiels eine Stadionrunde drehen.
Zwar dürfen die Kleinen dabei nicht die Hand eines Fußballstars halten – die Atmosphäre auf dem Rasen eines Bundesligastadions zu spüren, dürfte dennoch interessant sein. Kostenlos ist das Angebot übrigens auch.