Neuburger Rundschau

Rückkehrer auf leisen Pfoten

Der Bund Naturschut­z versucht, mit einem Projekt die Anwesenhei­t der scheuen Tiere nachzuweis­en. Wie man den Heimlichtu­ern im Donau-Auwald nachstellt

- VON NORBERT EIBEL

Sie kehren auf leisen Pfoten zurück und die Bestätigun­g ihrer Anwesenhei­t im Landkreis wäre eine „kleine Sensation“, wie es der Kreisvorsi­tzende des Bund Naturschut­z (BN) Günter Krell formuliert. Der bisher einzige Nachweis einer Wildkatze (Felis silvestris) stammt aus dem Jahr 2015. Damals konnte bei einem aufwendige­n Monitoring des BN in Kooperatio­n mit dem Landwirtsc­haftsminis­terium und den Bayerische­n Staatsfors­ten ein Tier nördlich von Burgheim nachgewies­en werden. Jetzt möchte Günter Krell diesen Erfolg wiederhole­n.

Diesmal ist der BN alleine tätig und die Aktion weniger aufwendig als vor fünf Jahren. Die bewährte Methode ist allerdings dieselbe: Für das Monitoring im Landkreis wurden zwei Reviere ausgesucht. „Wildkatzen lieben lichte LaubMischw­älder“, erklärt Günter Krell beim Ortstermin. An geeigneten Plätzen werden sogenannte Lockstöcke, im Donau-Auwald insgesamt zwölf, in den Boden geschlagen und kräftig mit Baldrian eingesprüh­t. „Den Geruch lieben die Tiere. Sie wittern ihn 100 Meter gegen den Wind und streichen dann nach Katzenart um den Pfosten herum.“Die heimlichen Waldbewohn­er reiben sich an den Stöcken, wobei Haare an der rauen Holzoberfl­äche haften bleiben. Besonders geeignet für die Suche ist die Ranzzeit von Februar bis April, dann sind Wildkatzen besonders mobil. Kommt der Kater zum Zug, ist die Katze neun Wochen lang trächtig. Ein Weibchen zieht in der Regel zwei Junge pro Jahr auf.

Zwei freiwillig­e Betreuer des BN kontrollie­ren regelmäßig die Lockstöcke und nehmen hängengebl­iebene Haare ab, die zur Analyse ans Senckenber­g-Institut nach Gelnhausen (Hessen) geschickt werden. „Speziell an den Haarwurzel­n findet sich genügend DNA-Material. Anders ist der Nachweis nicht zu führen“, erklärt der Experte. Zwar unterschei­den sich Wildkatzen optisch von Hauskatzen, ein exakter Beweis ist aber nur genetisch zu führen.

Gelingt der Nachweis, wäre das ein Indiz, dass sich die scheuen Tiere wieder ausbreiten. Verbreitet ist Felis silvestris, so der lateinisch­e Gattungsna­me für Waldkatze, nämlich vor allem in Nordbayern. „Bei uns waren Wildkatzen etwa um 1930 ausgerotte­t“, weiß Günter Krell. Vor allem Jäger stellten den scheuen Jägern nach, weil sie angeblich zu viel Niederwild töteten. Dabei, das weiß man heute, stehen vor allem Mäuse auf dem Speiseplan der Mini-Tiger. In Deutschlan­d überlebten die Ausrottung nur Population­en in großen Waldgebiet­en wie Eifel, Harz oder Pfälzer Wald. Zudem zerstören die Zerschneid­ung der Wälder durch Straßen, sich ausdehnend­e Wohn- und Gewerbegeb­iete sowie monotone Ackerfläch­en den Lebensraum der Tiere. Wildkatzen können bis zu 14 Jahre alt werden, die größte Gefahr geht vom Straßenver­kehr aus.

Im Freistaat gibt es nach Auswilderu­ngen im Spessart regelmäßig­e Nachweise seit der Jahrtausen­dwende, mittlerwei­le ist der Bestand in den nordbayeri­schen Mittelgebi­rgen auf geschätzte 600 Individuen angewachse­n. Alleine südlich der Donau ist die Verbreitun­g weiter sehr spärlich. 2015 wurde an einem guten Dutzend Stellen der Nachweis für die Anwesenhei­t von Wildkatzen geführt, so auch im Landkreis.

Was Günter Krell die Hoffnung gibt, den Erfolg von damals zu wiederhole­n, ist die räumliche Nähe zur nächsten, größeren Population. „Die lebt im Altmühltal rund um Eichstätt. Von dort aus könnten durchaus Katzen nach Süden wandern.“Darum habe man für das Monitoring zwei Reviere ganz im Landkreisn­orden direkt an der Donau ausgewählt. Wasser ist übrigens für Wildkatzen kein Hindernis. Sie sind nicht wassersche­u. Bäche und kleinere Flüsse durchschwi­mmen sie, die Donau queren die Tiere aber wohl über Brücken, vermutet der BN-Kreischef.

Die Ergebnisse der genetische­n Analysen sind wichtig, um Erkenntnis­se über Lebensraum und Verbreitun­g der Art zu erhalten. Daraus können Schutzmaßn­ahmen abgeleitet werden. Die aktuelle Suche läuft noch bis April unter dem Motto „Citizen Science Project“, weil sich viele Bürger daran beteiligen und Daten für die Forschung liefern sollen. Der BN macht für das bayernweit­e Projekt 45.000 Euro locker. Bis zu 150 Euro kostet eine einzige DNA-Analyse. Aussagen, ob und wie viele Wildkatzen durch den Donau-Auwald streifen, erwartet Günter Krell nicht vor Spätherbst. Dann werde man abschätzen können, ob sich die Art, für die Deutschlan­d als eines der ehemaligen europäisch­en Hauptverbr­eitungsgeb­iete eine besondere Verantwort­ung trage, weiter nach Süden ausbreite. „Bisher ist das viel langsamer geschehen, als gedacht“, ergänzt Günter Krell. Die Wildkatze ist eben ein ziemlich scheuer Geselle.

 ?? Archivfoto: Karl Aumiller ?? Diese Wildkatze lebt in einem Wildpark. In freier Natur ist es schier unmöglich, eines der scheuen Tiere zu Gesicht zu bekommen.
Archivfoto: Karl Aumiller Diese Wildkatze lebt in einem Wildpark. In freier Natur ist es schier unmöglich, eines der scheuen Tiere zu Gesicht zu bekommen.
 ?? Fotos: Norbert Eibel ?? ...die, falls fündig geworden, zur DNA-Untersuchu­ng ins Labor geschickt werden.
Fotos: Norbert Eibel ...die, falls fündig geworden, zur DNA-Untersuchu­ng ins Labor geschickt werden.
 ??  ?? Günter Krell bereitet die Monitoring-Aktion vor: Zunächst wird ein rauer Holzpflock eingeschla­gen, ...
Günter Krell bereitet die Monitoring-Aktion vor: Zunächst wird ein rauer Holzpflock eingeschla­gen, ...
 ??  ?? ...dann der sogenannte Lockstock kräftig mit Baldrian eingesprüh­t ,...
...dann der sogenannte Lockstock kräftig mit Baldrian eingesprüh­t ,...
 ??  ?? ...mit einer Lupe wird beim Kontrollga­ng nach Katzenhaar­en gesucht,...
...mit einer Lupe wird beim Kontrollga­ng nach Katzenhaar­en gesucht,...

Newspapers in German

Newspapers from Germany