Betrifft: Mundschutzträger
Ein Mensch trägt Mundschutz, als einziger. Er sitzt irgendwo in Reihe 20 bis 24 im Flugzeug. Glänzt seine Stirn? Hustet er unter seinem Tüchlein? Sieht er käsig aus oder rosig? Seit das Coronavirus als globales Gespenst unterwegs ist, tauchen auch bei uns immer mehr Mundschutzmasken auf, denen asiatisch gleichmütig zu begegnen wir noch nicht gelernt haben.
Man sieht die Mundschutzgesichter vornehmlich auf den Flughäfen, aber nicht nur. Es ist eine vertrackte Geschichte damit. Denn wer im Alltag so ein Ding mit Gummizug hinter den Ohren trägt wie ein Chirurg im
OP, sendet immer zwei Botschaften aus. Die eine: Da ist jemand übervorsichtig, ängstlich und notorisch hypochondrisch. Die andere: Ist das nicht verdächtig? Schützt der Maskenträger am Ende nicht sich, sondern uns, seine Mitmenschen vor Ansteckung? Hat der’s vielleicht? Wer in diesen Tagen fliegt, wird in jedem Fall konfrontiert mit Atemschutz, mit Gesichtsverhüllung. Offenkundig ist es in Coronazeiten nicht leicht, noch überall einen klassischen Schutz zu bekommen, wie Ärzte ihn tragen. Einige Reisende sehen sich deshalb genötigt, selbst so ein Ding zu basteln. Das wirkt mit Faltenwurf und in Windelgröße unfreiwillig komisch. Auch unterm Personal an den Sicherheitsschleusen gibt es Mundschutzträger – vereinzelt. Plötzlich erscheinen die unmaskierten Kollegen in anderem Licht. Was sind sie? Gelassener? Fatalistischer? Realistischer? Leichtsinniger? Der Beobachter tut gut daran, sich mit Urteilen zurückzuhalten. Natürlich sind unter den Maskenträgern am Gepäckband (keine Maschine aus Asien!) auch Wichtigtuer und Laienschauspieler, die nach Tagesschau-Drehbuch Ausnahmesituationen auf Weltniveau nachspielen. Aber es könnten auch Leute sein, die ein höchst anfälliges Immunsystem haben. Wenn’s hilft.