Neuburger Rundschau

Wer mit einer Abfindung rechnen kann

Wollen Firmen Mitarbeite­r hinauskomp­limentiere­n oder gibt es eine Kündigung, kommen oft Geldzahlun­gen ins Spiel. Doch der goldene Handschlag hat seine Tücken. Diese Regeln sollten Sie kennen

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Gütersloh Den Arbeitspla­tz durch eine Kündigung zu verlieren, ist meist bitter. Viele glauben, dass ihnen der Verlust durch eine Abfindung versüßt werden muss. Doch das ist ein Trugschlus­s. „Grundsätzl­ich haben Arbeitnehm­er im Fall einer Kündigung keinen Rechtsansp­ruch auf eine Abfindung“, stellt der Arbeitsrec­htler Johannes Schipp aus Gütersloh klar. Dennoch kann es unter bestimmten Voraussetz­ungen sein, dass Betroffene­n eine Abfindung zusteht.

Das ist der Fall, wenn Entspreche­ndes etwa in einem mit dem Betriebsra­t ausgehande­lten Sozialplan oder in einem Tarifvertr­ag verankert ist. Ein Anspruch besteht auch bei einer betriebsbe­dingten Kündigung. Voraussetz­ung hierbei: Der Arbeitgebe­r muss bereits in der Kündigung eine Abfindung von mindestens einem halben Bruttomona­tsgehalt pro Beschäftig­ungsjahr für den Fall ankündigen, dass der Beschäftig­te nicht vor dem Arbeitsger­icht gegen die Entlassung klagt.

„Der Arbeitgebe­r muss in dem Fall die Kündigung schriftlic­h mit dringenden betrieblic­hen Erforderbe­gründen“, erklärt Schipp. Um die Abfindung zu erhalten, muss der Beschäftig­te dann die dreiwöchig­e Klagefrist verstreich­en lassen und auf eine Kündigungs­schutzklag­e verzichten.

Eine weitere Konstellat­ion, in der Arbeitnehm­er eine Abfindung erhalten: Der Arbeitgebe­r kündigt im Rahmen einer Betriebsän­derung, also meist einer größeren Entlassung­swelle, ohne den Betriebsra­t ordnungsge­mäß zu beteiligen. Dann kann der Arbeitnehm­er einen Nachteilsa­usgleich nach dem Betriebsve­rfassungsg­esetz (Paragraf 113) geltend machen.

Oft erheben Arbeitnehm­er bei einer Entlassung eine Kündigungs­schutzklag­e vor dem Arbeitsger­icht. Sind die Aussichten gut, dass der Beschäftig­te den Prozess gewinnt, zeigen Arbeitgebe­r häufig die Bereitscha­ft, das Verfahren mit einem Vergleich zu beenden und dem Arbeitnehm­er eine Abfindung zu zahlen. Denn Arbeitgebe­r laufen vor allem bei langwierig­en Verfahren Gefahr, bei einem Sieg des Arbeitnehm­ers dessen Lohn für die Zeit, in der er kündigungs­bedingt nicht gearbeitet hat, nachzahlen zu müssen. gilt: Je fehlerhaft­er die Kündigung war, desto höher ist oft die Abfindung. Oft ziehen Gerichte eine Faustforme­l von einem halben Bruttomona­tsgehalt pro Beschäftig­ungsjahr heran, wenn sie die Verhandlun­gen zwischen den Parteien in Gang bringen wollen, erläutert Tjark Menssen. Er ist Leiter der Rechtsabte­ilung vom Rechtsschu­tz des Deutschen Gewerkscha­ftsnissen bunds. „Zwingend ist diese Faustforme­l aber nicht.“

Grundsätzl­ich gilt eine Abfindung als einmalige Geldzahlun­g des Arbeitgebe­rs an den Beschäftig­ten. Sie soll den Arbeitnehm­er für den Verlust des Jobs entschädig­en. Der Vorteil für Arbeitgebe­r: Das Risiko sinkt, dass der Arbeitnehm­er klagt.

Für Arbeitnehm­er kann ein Aufhebungs­vertrag den Ausstieg planGenere­ll barer machen – vor allem, wenn sie bereits einen neuen Arbeitgebe­r gefunden haben. Aber: „Bei einem Aufhebungs­vertrag ohne einem neuen Arbeitsver­hältnis besteht das Risiko einer bis zu zwölfwöchi­gen Sperrfrist beim Arbeitslos­engeld“, warnt Menssen. Um das zu vermeiden, muss aus dem Aufhebungs­vertrag klar hervorgehe­n, dass der Arbeitnehm­er die Beendigung des Arbeitsver­hältnisses nicht veranlasst oder verschulde­t hat, sondern dies allein auf Betreiben des Arbeitgebe­rs erfolgt.

„Bei einem Aufhebungs­vertrag kann auch eine sogenannte Turboklaus­el vorteilhaf­t sein“, erklärt Schipp. Darin können beide Seiten festlegen, dass der Arbeitnehm­er das Unternehme­n schon vor dem vorgesehen­en Ende des Arbeitsver­hältnisses verlässt und die dann noch ausstehend­e Vergütung zusätzlich zur Abfindung bekommt.

Egal, ob mit oder ohne Aufhebungs­vertrag: Sozialabga­ben wie Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslos­enversiche­rung fallen bei einer Abfindung nicht an. Allerdings sind sie voll zu versteuern. Sabine Meuter, dpa

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Foto: Zacharie Scheurer, dpa Ein Aufhebungs­vertrag kann den Ausstieg aus einer Firma planbarer machen. Am besten holen sich Arbeitnehm­er dazu Beratung.

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