Kann die Union Wähler am rechten Rand zurückholen?
Die Abgrenzung von der AfD bestimmt die Debatte um den künftigen Kurs
Augsburg Die Kandidaten für den CDU-Vorsitz stehen noch gar nicht fest, doch der Richtungsstreit in der Partei ist voll entbrannt. Er dreht sich um die Frage, wie die Union mit Wählern umgehen soll, die sie an die AfD verloren hat. Müssen CDU und CSU nach rechts rücken, um sie zurückzugewinnen? Wenn es nach der sogenannten „Werte Union“geht, heißt die Antwort ganz klar: Ja. Der Verein besteht zu großen Teilen aus Mitgliedern der Union, macht aber massiv Stimmung gegen die Politik von Angela Merkel. Die inhaltliche Nähe zur AfD erzürnt viele CDULeute. Am Wochenende sah sich die „Werte Union“gezwungen, jede Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten offiziell auszuschließen. Erledigt ist die Debatte damit nicht.
Zu den schärfsten Kritikern der Gruppierung gehört der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz. Dass sie nun auf Distanz zur AfD geht, hält er für unglaubwürdig. „Es reicht nicht, das Gegenteil von dem, was man im Alltag tut, auf ein Papier zu schreiben“, sagt Polenz unserer Redaktion. Für ihn ist klar: Man kann nur auf einer Seite stehen. „Jeder Konservative, auch jeder Erzkonservative, hat Platz in der Union. Aber ich betone: In der Partei und eben nicht in einer Gruppe neben der Partei, die sich letztlich gegen die Union richtet.“
Ein solcher Unvereinbarkeitsbeschluss ist intern heftig umstritten. Gegner wie Alexander Dobrindt befürchten, dass man der AfD damit erst recht frustrierte Konservative in die Arme treibt. „Wer sich aus Debatten ausgeschlossen und unerwünscht fühlt, sucht sich andere Begegnungen“, warnt der CSU-Landesgruppenchef.
Die „Werte Union“hat nach eigenen Angaben weniger als 4000 Mitglieder, CDU und CSU zusammen fast 450000. Trotzdem bekommt die kleine Gruppe mithilfe von prominenten Zugpferden wie dem früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen große Aufmerksamkeit. Gerade hat sie sich in der Kanzlerkandidatenfrage für Friedrich Merz positioniert. Auch die Konservativen innerhalb der CDU setzen darauf, dass es ihm am ehesten gelingen könnte, die Wählerwanderung Richtung AfD umzukehren. Doch Polenz warnt davor, den Blick zu verengen. „Natürlich muss die Union verloren gegangene Wähler zurückholen. Aber es wäre ein grober Fehler, da nur nach rechts zu schauen. Wir haben ja auch eine Million Wähler an die Grünen verloren“, sagt der frühere
„Natürlich muss die Union verloren gegangene Wähler zurückholen. Aber es wäre ein grober Fehler, da nur nach rechts zu schauen.“
Ex-CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz
Generalsekretär und gibt zu bedenken: „Laut Umfragen haben etwa zwei Millionen Menschen speziell wegen Angela Merkel für CDU und CSU gestimmt. Wir stehen vor der Aufgabe, auch diese Wähler zu halten. Das geht nur mit einem Kurs in der Mitte und nicht, indem man links oder rechts abbiegt.“In unserem Kommentar geht es um das Dilemma des Friedrich Merz.
Nach dem Eklat in Thüringen beobachtet auch die SPD aufmerksam, wie es der Berliner Koalitionspartner mit der AfD hält. „Wir haben gezeigt, dass die SPD eine ganz klare Haltung hat, wenn es um die Abgrenzung nach rechts geht. Da haben andere Parteien versagt“, sagt Generalsekretär Lars Klingbeil in unserem Interview in der Politik.
Die FDP erlebt die Nachwehen von Thüringen in blanken Zahlen. In einer Forsa-Umfrage stürzen die Liberalen bundesweit auf nur noch sechs Prozent ab. Und: Sie verlieren viele Mitglieder, wie in der Politik zu erfahren ist.