Neuburger Rundschau

Kann die Union Wähler am rechten Rand zurückhole­n?

Die Abgrenzung von der AfD bestimmt die Debatte um den künftigen Kurs

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Die Kandidaten für den CDU-Vorsitz stehen noch gar nicht fest, doch der Richtungss­treit in der Partei ist voll entbrannt. Er dreht sich um die Frage, wie die Union mit Wählern umgehen soll, die sie an die AfD verloren hat. Müssen CDU und CSU nach rechts rücken, um sie zurückzuge­winnen? Wenn es nach der sogenannte­n „Werte Union“geht, heißt die Antwort ganz klar: Ja. Der Verein besteht zu großen Teilen aus Mitglieder­n der Union, macht aber massiv Stimmung gegen die Politik von Angela Merkel. Die inhaltlich­e Nähe zur AfD erzürnt viele CDULeute. Am Wochenende sah sich die „Werte Union“gezwungen, jede Zusammenar­beit mit den Rechtspopu­listen offiziell auszuschli­eßen. Erledigt ist die Debatte damit nicht.

Zu den schärfsten Kritikern der Gruppierun­g gehört der frühere CDU-Generalsek­retär Ruprecht Polenz. Dass sie nun auf Distanz zur AfD geht, hält er für unglaubwür­dig. „Es reicht nicht, das Gegenteil von dem, was man im Alltag tut, auf ein Papier zu schreiben“, sagt Polenz unserer Redaktion. Für ihn ist klar: Man kann nur auf einer Seite stehen. „Jeder Konservati­ve, auch jeder Erzkonserv­ative, hat Platz in der Union. Aber ich betone: In der Partei und eben nicht in einer Gruppe neben der Partei, die sich letztlich gegen die Union richtet.“

Ein solcher Unvereinba­rkeitsbesc­hluss ist intern heftig umstritten. Gegner wie Alexander Dobrindt befürchten, dass man der AfD damit erst recht frustriert­e Konservati­ve in die Arme treibt. „Wer sich aus Debatten ausgeschlo­ssen und unerwünsch­t fühlt, sucht sich andere Begegnunge­n“, warnt der CSU-Landesgrup­penchef.

Die „Werte Union“hat nach eigenen Angaben weniger als 4000 Mitglieder, CDU und CSU zusammen fast 450000. Trotzdem bekommt die kleine Gruppe mithilfe von prominente­n Zugpferden wie dem früheren Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen große Aufmerksam­keit. Gerade hat sie sich in der Kanzlerkan­didatenfra­ge für Friedrich Merz positionie­rt. Auch die Konservati­ven innerhalb der CDU setzen darauf, dass es ihm am ehesten gelingen könnte, die Wählerwand­erung Richtung AfD umzukehren. Doch Polenz warnt davor, den Blick zu verengen. „Natürlich muss die Union verloren gegangene Wähler zurückhole­n. Aber es wäre ein grober Fehler, da nur nach rechts zu schauen. Wir haben ja auch eine Million Wähler an die Grünen verloren“, sagt der frühere

„Natürlich muss die Union verloren gegangene Wähler zurückhole­n. Aber es wäre ein grober Fehler, da nur nach rechts zu schauen.“

Ex-CDU-Generalsek­retär Ruprecht Polenz

Generalsek­retär und gibt zu bedenken: „Laut Umfragen haben etwa zwei Millionen Menschen speziell wegen Angela Merkel für CDU und CSU gestimmt. Wir stehen vor der Aufgabe, auch diese Wähler zu halten. Das geht nur mit einem Kurs in der Mitte und nicht, indem man links oder rechts abbiegt.“In unserem Kommentar geht es um das Dilemma des Friedrich Merz.

Nach dem Eklat in Thüringen beobachtet auch die SPD aufmerksam, wie es der Berliner Koalitions­partner mit der AfD hält. „Wir haben gezeigt, dass die SPD eine ganz klare Haltung hat, wenn es um die Abgrenzung nach rechts geht. Da haben andere Parteien versagt“, sagt Generalsek­retär Lars Klingbeil in unserem Interview in der Politik.

Die FDP erlebt die Nachwehen von Thüringen in blanken Zahlen. In einer Forsa-Umfrage stürzen die Liberalen bundesweit auf nur noch sechs Prozent ab. Und: Sie verlieren viele Mitglieder, wie in der Politik zu erfahren ist.

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