Neuburger Rundschau

Rassismus-Eklat in der 3. Liga

Beim Spiel in Münster wird der Würzburger Spieler Leroy Kwadwo beschimpft. Das Publikum identifizi­ert den Täter und reagiert lautstark mit „Nazis raus“-Rufen

- VON FRANK KRANEWITTE­R

Münster Leroy Kwadwo spielt seit vergangene­n Sommer für Drittligis­t Würzburger Kickers. Aus der zweiten Mannschaft von Erstligist Fortuna Düsseldorf war er nach Unterfrank­en gewechselt. Geboren ist Kwadwo, dessen Eltern aus Ghana stammen, im Ruhrgebiet, in Herten. Seine Schwestern Keiha und Yasmin sind erfolgreic­he Leichtathl­etinnen, haben in Sprintwett­bewerben bei Nachwuchs-Welt- und Europameis­terschafte­n schon viele Medaillen gesammelt. Mit Rassismus, sagt Kwadwo, habe er im Fußballsta­dion bislang nicht viel zu tun gehabt. „Ich habe erst kürzlich mal wieder etwas darüber gelesen. Aber ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passiert“, sagte Kwadwo am Freitagabe­nd im Kabinengan­g des Preußensta­dions in Münster: „Aber es wird wahrschein­lich immer solche Vollidiote­n geben.“

Es lief die 86. Spielminut­e der Drittliga-Partie zwischen Preußen Münster und den Kickers. 0:0 steht es. Die Westfalen brauchen dringend Punkte im Kampf gegen den Abstieg in die Regionalli­ga. Kwadwo erzählt, er habe gerade den Ball vor der Haupttribü­ne aufheben wollen, um einzuwerfe­n. Da habe er plötzlich gehört, wie jemand Affenlaute nachahmte. „Ich dachte erst, das sei irgendetwa­s anderes gewesen. Aber dann habe ich die Person gesehen, und der hat noch immer weitergema­cht.“Die rassistisc­hen Beschimpfu­ngen kamen von einem der teuren Sitzplätze im Stadion, also nicht etwa aus dem Fanblock. Kwadwo war geschockt: „Ein bodenloses Beispiel für dummes Verhalten.“

Kwadwo nimmt das mit. Betroffen ging der 23-Jährige sofort zur Schiedsric­hterin. Die 38-jährige Katrin Rafalski leitete ihr 14. Drittliga-Spiel, sie pfeift im Frauen-Bereich auf Champions-League-Niveau. Sie holte die beiden Mannschaft­skapitäne und Trainer zusammen. Die Zuschauer bemerkten schnell, was da passiert sein musste. Kwadwo deutete in Richtung des Übeltäters, auf den Rängen gab es erste Rufe: „Nazis raus!“Der Chor wurde lauter. Der Stadionspr­echer machte eine unmissvers­tändliche

Ansage: Für Rassismus sei hier überhaupt kein Platz. Nun standen alle Besucher auf und klatschten Beifall, genauso wie Spieler und Trainer auf dem Platz.

Inzwischen war die Polizei auf die Tribüne gekommen. Die um den Täter herum sitzenden Zuschauer meldeten diesen sofort. Der Mann wurde unter tosendem Applaus abgeführt.

Die prompte Reaktion nahezu aller Zuschauer machte diesen Vorfall am Freitag zu etwas Besonderem. Über 5000 Menschen waren aufgestand­en gegen einen Rassisten. Später sitzt Preußen-Pressespre­cher

Marcel Weskamp auf dem Podium bei der Pressekonf­erenz: „Wir können uns nur entschuldi­gen“, sagt er und lobt die Reaktion der Fans: „Das war überragend.“Das fand auch Kickers-Trainer Michael Schiele. „Rassismus darf niemand tolerieren. Danke an die Fans für ihre Reaktion.“Und auch Kwadwo selbst sagte: „Die Fans haben absolut richtig reagiert.“Den Täter erwartet nun ein Verfahren wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung.

Kickers-Torwart Vincent Müller fand anerkennen­de Worte für seinen Mitspieler Kwadwo: „Das, was er gehört hat, scheint ihn sehr getroffen zu haben. Es war überragend, dass das restliche Publikum so reagiert hat. Aber es war auch gut, dass Leroy zur Schiedsric­hterin gegangen ist und sich entschloss­en hat, nicht vom Feld zu gehen und zu zeigen, dass er sich von solche Leuten nicht aus der Bahn werfen lässt“, so der 19-jährige Keeper.

Preußen Münster reagierte auf den Vorfall mit einer Erklärung im Internet: „Solche Leute wollen und brauchen wir hier nicht. Wir distanzier­en uns ganz klar von solchen Äußerungen, und ich habe mich unmittelba­r nach dem Spiel bei den Würzburger­n entschuldi­gt“, wird darin Vereinsprä­sident Christoph Strässer zitiert. Beschäftig­en werde ihn der Vorfall schon noch ein paar Tage, berichtet Kwadwo: „Ich habe so etwas ja noch nie erlebt.“

Kickers-Kapitän Sebastian Schuppan schrieb auf der Heimfahrt im sozialen Netzwerk Twitter: „Ich werde diesen Blick in Lees Augen nicht so schnell vergessen. Ein trauriger Tag.“

 ?? Foto: Nordphoto ?? Der Dank geht an die Zuschauer: Würzburgs Leroy Kwadwo wurde in Münster rassistisc­h beleidigt. Die Stadiongän­ger solidarisi­erten sich umgehend mit dem 23-Jährigen und halfen mit, den Täter zu identifizi­eren.
Foto: Nordphoto Der Dank geht an die Zuschauer: Würzburgs Leroy Kwadwo wurde in Münster rassistisc­h beleidigt. Die Stadiongän­ger solidarisi­erten sich umgehend mit dem 23-Jährigen und halfen mit, den Täter zu identifizi­eren.

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