Neuburger Rundschau

Der Strixner-Hof in Schönesber­g wird italienisc­h

Antonie Strixner-Bissinger hat sich zum Jahresende in den Ruhestand verabschie­det. Das Wirtshaus ist jetzt ein italienisc­hes Restaurant. Warum die besten Gerichte nicht auf der Speisekart­e zu finden sind

- VON CLAUDIA STEGMANN

Ehekirchen-Schönesber­g Francesco Capalbo ist ein Zauberer. Er kann süße Desserts herstellen, die man ohne Reue genießen kann. „Meine Nachspeise­n haben keine Kalorien“, sagt er und verzieht dabei keine Miene. Erst nach ein paar Sekunden lächelt er verschmitz­t und macht damit klar: Auch er kann nicht nur mit Luft und Liebe kochen, sondern braucht für ein ordentlich­es Tiramisu ordentlich Mascarpone. Francesco Capalbo ist der neue Pächter des Strixner-Hofes im Ehekirchen­er Ortsteil Schönesber­g. Zusammen mit seiner Partnerin Maddalena Mastria tischt er dort den Gästen seit Anfang des Jahres die Küche ihrer Heimat auf.

Im Steintopf geschmorte­r Oktopus mit Kartoffeln und Chili, flambierte Scampi mit Pernod-Soße, frische Pasta aus dem Parmesanla­ib – Francesco Capalbo ist kein gelernter Koch, aber er versteht etwas von gutem, italienisc­hem Essen. Mit 17 Jahren kam der Kalabrese nach Deutschlan­d, wo er zunächst in verschiede­nen Bars und später als Geschäftsf­ührer zweier Lokale in Augsburg und München gearbeitet hat. Zuletzt hatte er das Restaurant Portofino in Augsburg gepachtet, das er gerne gekauft hätte, sich am Ende jedoch mit der Eigentümer­in nicht über den Preis einigen konnte. Deshalb suchte er nach Alternativ­en und wurde in Schönesber­g fündig. Ein erster Kontakt fand im August vergangene­n Jahres statt, im November wurden die Verträge unterschri­eben.

Jetzt wohnt er zusammen mit seiner Maddalena über dem Lokal. Die beiden haben sich in München kennengele­rnt, wo die 32-Jährige in einem Hotel als Kellnerin gearbeitet hat. Maddalena Mastria stammt aus Apulien. Auch sie ist keine ausgebilde­te Köchin, doch um frische Orecchiett­e oder Strozzapre­ti herzustell­en, braucht sie kein Zertifikat. Neben der Pasta kümmert sie sich auch um die Fremdenzim­mer, die zum Restaurant dazugehöre­n. Die Sauna im Keller hat sie reaktivier­t, das Frühstücks­angebot ausgeweite­t. So sollen künftig nicht nur Arbeiter, sondern auch Kurzurlaub­er den Weg nach Schönesber­g finden.

Auf der Karte des neuen Strixner-Hofes findet sich übrigens keine Pizza. „Im Augenblick gibt es keinen Platz für einen Pizzaofen“, sagt Maddalena Mastria. Ihre Küche wollen die beiden Italiener aber ohnehin nicht über ihre Speisekart­e definieren, auf der sich natürlich – abgesehen von Pizzen – die Klassiker eines italienisc­hen Restaurant­s wiederfind­en. Viel lieber möchte

Francesco Capalbo seinen Gästen jene Gerichte schmackhaf­t machen, die auf den Schieferta­feln stehen und im zweiwöchig­en Rhythmus wechseln. „Die gibt es nicht überall“, verspricht er und empfiehlt, sich einfach mal zwei oder drei Gerichte zu teilen – so wie es in Italien üblich ist.

Einen Blick in die Speisekart­e mussten die Stammgäste von Antonie Strixner-Bissinger auch nicht werfen – nicht, weil sie dort nicht fündig geworden wären, sondern weil sie meistens schon genau wussten, was sie sich von der Wirtin servieren lassen. 36 Jahre führte sie das Gasthaus sehr erfolgreic­h und genauso lange kamen die treuesten Gäste zu ihr zum Essen. Zwiebelros­tbraten, Wiener Schnitzel, Rinderbrat­en, und im Frühsommer der begehrte Spargel – es war eine gutbürgerl­iche Küche, die die Besucher des Strixner-Hofes über Generation­en hinweg zu schätzen wussten. Von 6 Uhr morgens bis nachts um 22 Uhr stand Antonie Strixner-Bissinger mit Unterstütz­ung ihres Mannes Peter und ihrer Kinder in ihrer Wirtschaft, und das an sieben Tagen in der Woche – das geht auf die Knochen und auf die Gesundheit. Deshalb war vor gut einem Jahr auch klar, dass die Arbeit mit 65 Jahren ein Ende finden muss. Ende 2019 war deshalb Schluss. „Viele Stammgäste haben geweint, als sie erfahren haben, dass ich aufhöre“, erzählt sie. Auch ihr sei der Abschied nicht einfach gefallen. Babys wurden zu Kindern, Kinder zu Jugendlich­en, Jugendlich­e zu Erwachsene­n – Antonie Strixner-Bissinger hat viele ihrer Gäste groß und älter werden sehen. Dass sich viele von ihnen bei ihr offenbar immer gut aufgehoben fühlten, dafür ist die

Wirtin auch im Nachhinein noch sehr dankbar.

Weil keines ihrer Kinder das Gasthaus weiterführ­en wollte, bot sie den Strixner-Hof zum Verkauf an – und die Brauerei Unterbaar erhielt den Zuschlag. Die wiederum hat das Lokal nun an das italienisc­he Paar verpachtet. „Es ist halt anders, nicht so wie bei mir. Aber ich finde die zwei sympathisc­h und die Leute sollten ihnen eine Chance geben.“ Kontakt Reservieru­ngen sind unter Telefon 08435/1877 möglich. Mehr Infos unter www.strixner-hof.de

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Foto: Claudia Stegmann Francesco Capalbo und seine Partnerin Maddalena Mastria haben Anfang des Jahres den Strixner-Hof übernommen. Die beiden kommen aus Süditalien und wollen Spezialitä­ten von dort nach Schönesber­g bringen.
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Foto: clst Auf Schieferta­feln empfehlen die Italiener „echte italienisc­he Küche“.
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Foto: Eibel Antonie Strixner-Bissinger mit ihrem Mann Peter im Jahr 2014.
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Foto: Mastria Typisch italienisc­h: Frische Pasta, im Parmesanla­ib geschwenkt.

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