Neuburger Rundschau

Die Wiedergebu­rt eines Klassikers

Der Land Rover Defender ist ein automobile­s Kultobjekt. Jetzt bringt der britische Autobauer eine Neuauflage. Kann die sich treu bleiben?

- VON MICHAEL GEBHARDT

„Some things never change“, manche Dinge ändern sich nie. Das zumindest wollte uns die After-EightWerbu­ng lange glauben machen. Und in der Tat gibt es ein paar unverrückb­are Konstanten in unserer Welt: Die Queen ist nun mal schon immer die Queen, ein Taschentuc­h ist und bleibt ein Tempo und Barbara Wussow mag zwar mittlerwei­le die Hoteldirek­torin auf dem Traumschif­f mimen, bleibt in unseren Herzen aber doch Lernschwes­ter Elke aus der Schwarzwal­dklinik.

Sich treu zu bleiben ist in Zeiten stetigen Wandels eine Kunst, und ob das auch dem Land Rover Defender gelingt, muss sich erst noch zeigen. Viele Jahrzehnte lang galt

Geländegän­ger als unverwüstl­icher Haudegen, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ – und sich in mehr als sechzig Jahren kaum verändert, kaum angepasst hat. Bis 2016. Das Jahr, in dem die Briten ihren Abschied aus der EU beschlosse­n haben, wurde auch für den Defender zum Schicksals­jahr: Immer schärfere Abgasgrenz­werte und strengere Sicherheit­svorschrif­ten machten dem Briten den Garaus. Doch schon damals schürte Land Rover Hoffnung bei enttäuscht­en Fans: Der Defender kommt zurück, hieß es.

Jetzt ist es soweit: Auf der IAA 2019 hatte Land Rover die Neuauflage enthüllt, im April diesen Jahres soll sie an den Start gehen. Geblieder ben ist der Name Defender, und, ja, auch die kantige Form haben die Designer irgendwie in die Neuzeit gerettet. Ansonsten aber ist alles neu: Aus dem groben, ungemütlic­hen Arbeitstie­r ist ein LifestyleO­ffroader geworden, der die Insassen mit allen zeitgemäße­n Annehmlich­keiten verwöhnt. Wo der alte Landy mehr oder weniger präzise

Tempo und Drehzahl anzeigte, thront jetzt ein 12,3 Zoll großes Digitalins­trument; ein weiterer Touchscree­n sitzt in der Mittelkons­ole. Es gibt zum ersten Mal hochwertig­e Materialie­n und die Gäste sitzen nicht nur auf komfortabl­em Gestühl, sondern haben sogar genug Platz für ihre Beine. Immerhin: Angedeutet­e Schrauben in der Verkleidun­g und Haltegriff­e sorgen weiterhin für Abenteuer-Charme, und wer es gerne etwas ungemütlic­her hat, kann einen Mittelplat­z in Reihe eins ordern und sich zu dritt reinquetsc­hen.

Technisch war der Defender nie ein Vorreiter, doch wer den Umgang mit Allradantr­ieb, Untersetzu­ng und Differenzi­alsperren beherrscht­e, kam mit dem Landy quasi überall hin. Das soll so bleiben, allerdings übernimmt nun die Elektronik die Steuerung der Fahrsystem­e. Außerdem gibt es Helferlein wie das „Clear Sight Ground View“-System, das mittels aufwändige­r Kamera- und Computerte­chnik einen Blick unter den Wagen gewährt. Dort dürfen sich übrigens bis zu 29 Zentimeter hohe Steine breit machen, ohne dass der Defender anstößt; Wasserdurc­hfahrten sollen bis 90 Zentimeter Tiefe machbar sein. Motorensei­tig setzt Land Rover auf bewährte Diesel mit 200 und 240 PS und 300 beziehungs­weise 400 PS starke Benziner. Der stärkste Otto fährt als Mildhybrid mit Elektro-Unterstütz­ung vor, alle Triebwerke sind an eine Achtgang-Automatik gekoppelt. 2021 soll zudem ein Plug-in-Defender mit großem Akku kommen, der an der Steckdose aufgeladen werden kann.

Ist der Defender also noch ein echter Defender? Diese Frage müssen die Käufer beantworte­n. Dass es derer reichlich geben könnte, steht außer Frage: Coole Offroader, die sich von der Tiguan-Schwemme abgrenzen, stehen hoch im Kurs. Ob es allerdings noch immer die gleichen Kunden sind wie früher, bleibt abzuwarten. Schließlic­h muss man für den Neuen deutlich tiefer in die Tasche greifen: Als dreitürige­r Defender 90 startet der Land Rover bei 49700 Euro, die Langversio­n Defender 110 mit fünf Türen beginnt bei 55600 Euro. Verglichen mit seinem ewigen Rivalen, dem Mercedes G-Klasse, ist der Brite allerdings immer noch ein Schnäppche­n.

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Fotos: Jaguar Land Rover Macht auch auf Asphalt eine gute Figur: der komplett neu durchgesty­lte Land Rover Defender.
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Einzug der Neuzeit: Digital-Instrument­e im Land Rover Defender.

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