Die Wiedergeburt eines Klassikers
Der Land Rover Defender ist ein automobiles Kultobjekt. Jetzt bringt der britische Autobauer eine Neuauflage. Kann die sich treu bleiben?
„Some things never change“, manche Dinge ändern sich nie. Das zumindest wollte uns die After-EightWerbung lange glauben machen. Und in der Tat gibt es ein paar unverrückbare Konstanten in unserer Welt: Die Queen ist nun mal schon immer die Queen, ein Taschentuch ist und bleibt ein Tempo und Barbara Wussow mag zwar mittlerweile die Hoteldirektorin auf dem Traumschiff mimen, bleibt in unseren Herzen aber doch Lernschwester Elke aus der Schwarzwaldklinik.
Sich treu zu bleiben ist in Zeiten stetigen Wandels eine Kunst, und ob das auch dem Land Rover Defender gelingt, muss sich erst noch zeigen. Viele Jahrzehnte lang galt
Geländegänger als unverwüstlicher Haudegen, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ – und sich in mehr als sechzig Jahren kaum verändert, kaum angepasst hat. Bis 2016. Das Jahr, in dem die Briten ihren Abschied aus der EU beschlossen haben, wurde auch für den Defender zum Schicksalsjahr: Immer schärfere Abgasgrenzwerte und strengere Sicherheitsvorschriften machten dem Briten den Garaus. Doch schon damals schürte Land Rover Hoffnung bei enttäuschten Fans: Der Defender kommt zurück, hieß es.
Jetzt ist es soweit: Auf der IAA 2019 hatte Land Rover die Neuauflage enthüllt, im April diesen Jahres soll sie an den Start gehen. Geblieder ben ist der Name Defender, und, ja, auch die kantige Form haben die Designer irgendwie in die Neuzeit gerettet. Ansonsten aber ist alles neu: Aus dem groben, ungemütlichen Arbeitstier ist ein LifestyleOffroader geworden, der die Insassen mit allen zeitgemäßen Annehmlichkeiten verwöhnt. Wo der alte Landy mehr oder weniger präzise
Tempo und Drehzahl anzeigte, thront jetzt ein 12,3 Zoll großes Digitalinstrument; ein weiterer Touchscreen sitzt in der Mittelkonsole. Es gibt zum ersten Mal hochwertige Materialien und die Gäste sitzen nicht nur auf komfortablem Gestühl, sondern haben sogar genug Platz für ihre Beine. Immerhin: Angedeutete Schrauben in der Verkleidung und Haltegriffe sorgen weiterhin für Abenteuer-Charme, und wer es gerne etwas ungemütlicher hat, kann einen Mittelplatz in Reihe eins ordern und sich zu dritt reinquetschen.
Technisch war der Defender nie ein Vorreiter, doch wer den Umgang mit Allradantrieb, Untersetzung und Differenzialsperren beherrschte, kam mit dem Landy quasi überall hin. Das soll so bleiben, allerdings übernimmt nun die Elektronik die Steuerung der Fahrsysteme. Außerdem gibt es Helferlein wie das „Clear Sight Ground View“-System, das mittels aufwändiger Kamera- und Computertechnik einen Blick unter den Wagen gewährt. Dort dürfen sich übrigens bis zu 29 Zentimeter hohe Steine breit machen, ohne dass der Defender anstößt; Wasserdurchfahrten sollen bis 90 Zentimeter Tiefe machbar sein. Motorenseitig setzt Land Rover auf bewährte Diesel mit 200 und 240 PS und 300 beziehungsweise 400 PS starke Benziner. Der stärkste Otto fährt als Mildhybrid mit Elektro-Unterstützung vor, alle Triebwerke sind an eine Achtgang-Automatik gekoppelt. 2021 soll zudem ein Plug-in-Defender mit großem Akku kommen, der an der Steckdose aufgeladen werden kann.
Ist der Defender also noch ein echter Defender? Diese Frage müssen die Käufer beantworten. Dass es derer reichlich geben könnte, steht außer Frage: Coole Offroader, die sich von der Tiguan-Schwemme abgrenzen, stehen hoch im Kurs. Ob es allerdings noch immer die gleichen Kunden sind wie früher, bleibt abzuwarten. Schließlich muss man für den Neuen deutlich tiefer in die Tasche greifen: Als dreitüriger Defender 90 startet der Land Rover bei 49700 Euro, die Langversion Defender 110 mit fünf Türen beginnt bei 55600 Euro. Verglichen mit seinem ewigen Rivalen, dem Mercedes G-Klasse, ist der Brite allerdings immer noch ein Schnäppchen.