In Hamburg siegt die Vernunft
Eine Wahl in Hamburg ist keine kleine Bundestagswahl, aus deren Ergebnis sich auf die Stimmung im ganzen Land schließen ließe. Eines aber zeigen die Werte vom Sonntag dann doch: Gutes Regieren zahlt sich aus. Wie sein Vorgänger Olaf Scholz folgt auch Bürgermeister Peter Tschentscher nicht der reinen sozialdemokratischen Lehre – er ist ein Mann der pragmatischen Lösungen. Wohnen, Bildung, Nahverkehr: Entscheidend ist nicht, was die Theoretiker im Willy-Brandt-Haus für richtig halten, sondern was seiner Stadt nutzt.
Diese wohltuend sachliche Herangehensweise hat der Hamburger SPD ein bemerkenswert gutes Ergebnis beschert und die Erfolgswelle der AfD, die ja vom Groll auf die etablierten Parteien lebt, erstmals seit langem gebrochen. Gut zu regieren ist im wohlhabenden Hamburg zwar um einiges leichter als in Sachsen-Anhalt, in Bremen oder im Saarland, der dramatische Ansehensschwund der Koalitionsparteien im Bund aber hat auch damit zu tun, dass sie viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind und nur noch nebenbei regieren.
Für die Grünen, die Partei mit den stärksten Zugewinnen, wachsen die Bäume trotzdem nicht in den Himmel. Ja, sie haben eine fußlahme CDU, die im bürgerlichen Hamburg gerade noch zweistellig geworden ist, überholt. Anfang des Jahres aber lagen sie noch gleichauf mit der SPD. Selbstbewusst haben die Grünen auf Sieg gesetzt, um am Ende doch nur auf Platz zwei zu landen – für alle, die schon von einem Kanzler Habeck träumen, eine ernüchternde Erkenntnis.