Neuburger Rundschau

Die CDU taumelt dem K.o. entgegen

- VON CHRISTIAN GRIMM chg@augsburger-allgemeine.de

Die CDU in Thüringen wankt wie ein angeschlag­ener Boxer zwischen der rechten und linken Ringseite, zwischen gemeinsame­r Sache mit der AfD und der Unterstütz­ung der SED-Nachfolger. Seit zweieinhal­b Wochen schleppt sie sich von Runde zu Runde und gerät immer schwerer in Bedrängnis. Das Wanken in Erfurt ist mitnichten eine Petitesse in einem kleinen Bundesland, sondern es hat die Kraft, die CDU auf Bundeseben­e in eine tiefe Krise zu stürzen.

Eigentlich müsste die Partei die

Gretchenfr­age beantworte­n – wie hältst du es mit AfD und Linksparte­i? Die doppelte Abgrenzung funktionie­rt nur, wenn die CDU dominieren­de Kraft ist. Die Realitäten im Osten sind aber anders. Doch weil keiner führt auf Bundeseben­e, macht die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag wie im Wahn, was sie will. Sie taumelt dem K. o. entgegen, dem Verlust jeglicher Glaubwürdi­gkeit. Mit Christine Lieberknec­ht lehnte sie eine Übergangsm­inisterprä­sidentin aus den eigenen Reihen ab, um nun wahrschein­lich doch Bodo Ramelow zum Regierungs­chef zu wählen. Das verstößt zwar eindeutig gegen den Beschluss der CDU-Bundespart­ei, aber das nehmen die Thüringer in Kauf, weil sie sofortige Neuwahlen vermeiden wollen. Die Wähler würden ihnen davonlaufe­n.

Die Mauer gegen die AfD wird nur halten, wenn die CDU ihr Verhältnis zur Linken lockert. Der Nachfolger von AKK muss das Verhältnis zur Linken schnellste­ns ordnen. Die vier Männer aus dem Westen Deutschlan­ds, die dafür infrage kommen, pochen aber auf die bestehende Abgrenzung – zum Schaden ihrer Partei. Denn, was jetzt in Thüringen passiert ist, droht auch anderswo. Pragmatism­us wäre geboten statt der reinen Lehre.

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