Maut-Chef gilt jetzt als Kronzeuge
Grüne begrüßen Interviewaussagen von Unternehmer Kapsch
Berlin/Wien Nach dem Interview des österreichischen Mautkonzernchefs Georg Kapsch mit unserer Zeitung könnte der Wiener Unternehmer nun zum Kronzeugen gegen CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer im Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Skandals um die Pkw-Maut werden. Die Grünen begrüßten am Wochenende Kapschs Bereitschaft, offen vor dem Gremium auszusagen, als zentralen Fortschritt zur Aufklärung der Vorwürfe gegen den Bundesverkehrsminister. „Voraussichtlich werden wir Herrn Kapsch unmittelbar vor Andreas Scheuer befragen, vielleicht sogar in der gleichen Sitzung“, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer unserer Redaktion.
„Herr Kapsch ist zentral für unseren Vorwurf, dass der Verkehrsminister jeglichen Sachverstand bei Seite geschoben hat, damit bloß die Pkw-Maut umgesetzt wird“, betonte Krischer. „Es ist gut, wenn Herr Kapsch bereit ist, sich umfassend zu äußern“, betonte der Grünen-Obmann im Untersuchungsausschuss. „Wichtig ist dabei auch die Frage, ob er mit Scheuer einen späteren Starttermin für die Maut besprochen hat“, fügte Krischer hinzu. Der Konzernchef des österreichischen Unternehmens Kapsch TrafficCom hatte in dem Interview erstmals angeboten, umfassend im Untersuchungssausschuss des Bundestags auszusagen. „Eines ist klar, ich werde der Wahrheit entsprechend aussagen, sollte ich geladen werden“, betonte Kapsch, der zugleich Präsident des österreichischen Industrieverbands ist.
Grünen-Fraktionsvize Krischer sagte, dass sich der Untersuchungsausschuss in zahlreichen Fragen von Kapsch Aufklärung über das Verhalten von Scheuer erhoffe. „Das Agieren des Verkehrsministeriums ist in vielen Fragen des Bieterverfahrens und anschließenden Vertragsabschlusses so obskur, dass es wesentlich ist, den Vertragspartner zu hören. Etwa die Frage, wieso sich Scheuer eigentlich auf die exorbitant hohe Entschädigungsregelung im Falle eines negativen Gerichtsurteils einließ.“Dies seien zentrale Fragen des Ausschusses. „Herr Kapsch kann da sicher interessante Auskünfte liefern“, sagte Krischer. Bis jetzt zeichne sich im Untersuchungsausschuss ein Bild ab, „dass Minister Scheuer ohne Rücksicht auf Verluste alle Bedenken in den Wind geschlagen hat“, kritisierte der Grüne. „Die Maut musste so schnell wie möglich ans Laufen kommen, um noch vor der nächsten Bundestagswahl als Erfolg zu gelten.“
Zu Berichten, er selbst habe CSUBundesverkehrsminister Scheuer in persönlichen Gesprächen im Herbst 2018 angeboten, die Verträge über die umstrittene Pkw-Maut erst nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshof über die Klage Österreichs zu unterzeichnen, äußerte sich Kapsch nur indirekt: Dazu werde er etwas „nur vor dem Untersuchungsausschuss sagen, wenn ich geladen und gefragt werde“.