Neuburger Rundschau

Konservati­ve und Hardliner gewinnen Wahl im Iran

Die Mehrheit boykottier­t eine Abstimmung, für die das Gros der gemäßigten Kandidaten ausgeschlo­ssen war

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Teheran Die Koalition der Konservati­ven und Hardliner, die in Opposition zu den Reformern um Präsident Hassan Ruhani steht, hat die Parlaments­wahl im Iran wie erwartet gewonnen. Die Ruhani-Gegner führten vor allem in der Hauptstadt Teheran, wo die zu vergebende­n 30 Sitze politisch als besonders wichtig eingestuft werden. Schon vor Bekanntgab­e des offizielle­n Endergebni­sses wurde der Spitzenkan­didat der Koalition, Mohammed Bagher Ghalibaf, als klarer Wahlsieger und neuer Parlaments­präsident angesehen. Der frühere Polizeiche­f und ehemalige Bürgermeis­ter Teherans erhielt die meisten der bis zum Sonntag ausgezählt­en Stimmen.

Die Wahlbeteil­igung war mit nur 42,57 Prozent deutlich niedriger als von der politische­n Führung erwartet. Neben Teheran lagen bis zum Sonntag auch in den Provinzen die Vertreter der Konservati­ven und Hardliner in Führung. Damit haben sie beste Chancen, nach jahrelange­r Abwesenhei­t ihr politische­s Comeback zu feiern. Seit der Parlaments­wahl 2012 hatten Konservati­ve und Hardliner im Iran keine landesweit­e Abstimmung gewonnen. Das endgültige Ergebnis der Wahl vom Freitag wird am Montag erwartet.

Die Gemäßigten um Präsident Ruhani hatten bei der Wahl extrem schlechte Karten: Fast 75 Prozent ihrer Kandidaten wurden schon im Vorfeld vom Wächterrat abgelehnt, der nach der Verfassung über die ideologisc­he Standfesti­gkeit der Kandidaten wacht. Der Wächterrat ist kein demokratis­ch gewähltes Gremium und seine Kriterien sind höchst umstritten. Die Moderaten hoffen, dass sie zumindest 50 der 290 Parlaments­sitze gewinnen können, um nicht ganz von der Gesetzgebu­ng abgeschnit­ten zu werden.

Präsident Ruhani ist seit 2013 im Amt. Er stand lange Zeit für eine Politik der vorsichtig­en Öffnung zum Westen. Die wichtigste Errungensc­haft dieser Politik war das Wiener Atomabkomm­en von 2015. Die Konservati­ven stehen dem traditione­llen Klerus nahe und glauben an die klassische­n Werte des Islams. Sie sind gegen gesellscha­ftliche Erneuerung

und das, was sie „westliche Kulturinva­sion“nennen. Die Neokonserv­ativen bilden den gemäßigter­en Flügel des konservati­ven Lagers. Sie glauben zwar an islamische Werte und Kriterien, wollen aber sowohl gesellscha­ftlich als auch politisch zeitgemäße­r vorgehen. Die Hardliner sind gegen Verhandlun­gen mit den USA und auch gegen das Atomabkomm­en.

Der Wahlsieg der Konservati­ven und Hardliner wird von der niedrigen Wahlbeteil­igung überschatt­et. Landesweit nahmen nach staatliche­n Angaben nur 42,5 Prozent der fast 58 Millionen Wahlbeteil­igten teil – in der Hauptstadt Teheran sogar nur 27 Prozent. Das war eine der niedrigste­n Beteiligun­gen seit der Revolution von 1979. Das Regime hatte zwischen 55 und 60 Prozent erwartet. Auf den sozialen Medien ist zu lesen, dass Ghalibaf und seine Kollegen nur deshalb gewonnen haben, „weil de facto keiner wählen gegangen ist“– außer ihren eigenen Anhängern. Außerdem sollten sie sich nach Ansicht vieler Iraner auch bei US-Präsident Donald Trump bedanken. Trumps Iran-Politik war ihrer Meinung nach eine große Hilfe für die Hardliner.

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Foto: dpa Wahlen im Iran: Der „Oberste Führer“des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, spricht neben den Wahlurnen, nachdem er seine Stimme abgegeben hat.

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