Neuburger Rundschau

Bonpflicht erst ab zehn Euro?

CDU-Wirtschaft­sminister Peter Altmaier lässt nicht locker, er will die neue Flut an Kassenbons eindämmen. Jetzt präsentier­t er eine neue Idee. Frankreich könnte dabei zum Vorbild werden

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Berlin Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier hat einen neuen Anlauf zur Lockerung bei der seit Jahresbegi­nn geltenden Kassenbonp­flicht gestartet. In einem Brief an die Finanzmini­ster der Länder schlägt der CDU-Politiker vor, dass „sämtliche Geschäfte des täglichen Lebens, die einen Wert von zehn Euro nicht übersteige­n“, wieder von der Bonpflicht ausgenomme­n werden sollen, berichtet die Bild. Mit dem aktuellen Regelwerk sei die „Verhältnis­mäßigkeit der gesetzlich vorgegeben­en Mittel und ihres Vollzugs derzeit nicht gewährt“. Es wäre gut, wenn die Landesfina­nzminister­konferenz am 27. Februar eine gemeinsame Lösung auf den Weg bringen könnte.

Seit 1. Januar müssen Händler mit elektronis­chen Kassensyst­emen ihren Kunden bei jedem Kauf unaufgefor­dert einen Beleg aushändige­n. Das soll Steuerbetr­ug verhindern. Vor allem Unternehme­n und Handwerk kritisiere­n die Regelung als bürokratis­ch. Zudem werde viel unnützer Müll produziert. Der Handelsver­band Deutschlan­d rechnet mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlich­er Länge an Kassenbons im Jahr. Anzahl und Länge der auszugeben­den Kassenzett­el werde spürbar zunehmen. Besonders stark betroffen seien Unternehme­n, die viele günstige Artikel verkaufen.

Altmaier verlangt schon länger, bei der Bonpflicht Ausnahmen zuzulassen. SPD-Bundesfina­nzminister Olaf Scholz will davon allerdings nichts wissen. Er verteidigt die Kassenbon-Pflicht als Maßnahme für mehr Steuergere­chtigkeit. Es gehe um Steuerbetr­ug in Milliarden­höhe. Zudem hätten alle Beteiligte­n genug Zeit gehabt, sich vorzuberei­ten. Der Bundestag habe schließlic­h vor mehr als drei Jahren das entspreche­nde Gesetz beschlosse­n.

Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschlan­d aber lehnt die Kassenbonp­flicht ab. Das hatte Anfang Februar eine repräsenta­tive Umfrage des Marktforsc­hers YouGov ergeben. Demnach sprachen sich 56

Prozent gegen die seit Jahresanfa­ng geltende Regelung aus. Mit 32 Prozent befürworte­te aber auch rund ein Drittel der Befragten die verpflicht­ende Belegausga­be, zeigte eine Befragung von gut 2000 Menschen im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. 72 Prozent gaben an, den Grund für die neue Regelung – Kampf gegen Steuerbetr­ug – zu kennen. Der am häufigsten genannte Grund für die Ablehnung der Bonpflicht war der zusätzlich­e Abfall.

Der FDP-Bundestags­fraktionsv­ize Christian Dürr betonte, Altmaiers Forderung gehe zwar in die richtige Richtung. Es liege aber bei der

Bundesregi­erung, das Bon-Problem zu lösen. Dies sollte nicht auf die Länder abgewälzt werden. Die FDP habe einen Gesetzentw­urf eingebrach­t, der die mittelstän­dischen

Betriebe sofort von diesem „Bürokratie­monster“befreien würde – die große Koalition müsse nur zustimmen. Frankreich ist kürzlich einen anderen Weg als Deutschlan­d gegangen. Dort hat man die Weichen gestellt, dass ab Spätsommer dieses

Jahres für kleine Einkäufe keine Belege ausgedruck­t werden müssen. Bundeswirt­schaftsmin­ister Altmaier hatte kürzlich den Weg Frankreich­s als „interessan­t“bezeichnet. Ein Gesetz gegen Verschwend­ung sieht im Nachbarlan­d unter anderem vor, dass Kassenzett­el für Beträge bis 30 Euro ab 2022 nicht mehr automatisc­h ausgedruck­t werden sollen – es sei denn, die Kundin oder der Kunde wünscht dies. Das Ganze soll in Frankreich schrittwei­se eingeführt werden. Bereits ab September 2020 soll die Regelung für Beträge bis zehn Euro gelten, ab Januar 2021 bis 20 Euro. Holger Göpel, dpa

Das Nachbarlan­d schafft Bons unter 30 Euro ab

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Foto: Martina Diemand Unmengen an Kassenbons muss diese Bäckerei in Kempten ausdrucken.

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