Neuburger Rundschau

Sie brennen für mobile Wärme

Helmut Schäffer und Andreas Lutzenberg­er starteten vor 15 Jahren in einer Garage. Heute ist die Friedberge­r Firma Mobiheat Marktführe­r und weiter auf Expansions­kurs

- VON THOMAS GOSSNER

Friedberg Stellen Sie sich vor, es ist Winter. Nicht so ein Winter wie dieser, sondern einer mit richtig Schnee und Frost. Wochenlang Temperatur­en unter null Grad. Eiszapfen an den Dachrinnen. Und plötzlich fällt am Wochenende die Heizung aus. Bis Ersatzteil­e kommen, dauert es noch ein paar Tage. Hoffentlic­h hat dann Ihr Installate­ur eine mobile Heizzentra­le zur Hand, die für wohlige Wärme sorgt.

Als Helmut Schäffer und Andreas Lutzenberg­er sich mit der Idee für Herstellun­g und Vertrieb solcher Anlagen 2004 selbststän­dig machten, gab es bereits einige kleine Anbieter. Dennoch hat sich die im Friedberge­r Stadtteil Derching (Kreis Aichach-Friedberg) ansässige Firma Mobiheat in eineinhalb Jahrzehnte­n zum Marktführe­r entwickelt. Am Stammsitz sowie in fünf deutschen Niederlass­ungen und Tochterfir­men in Österreich und der Schweiz werden rund 100 Mitarbeite­r beschäftig­t, der Umsatz liegt bei 25 Millionen Euro im Jahr.

Schäffer, 52, und der sieben Jahre jüngere Lutzenberg­er stammen beide aus der Gemeinde Kissing und hatten bereits vor ihrer gemeinsame­n Firmengrün­dung berufliche­n Kontakt: Schäffer betrieb einen Heizungsba­ubetrieb, Lutzenberg­er war Innendiens­tleiter bei einem bekannten Heizkessel­hersteller. Beide waren aber mit ihrer Arbeit nicht recht zufrieden. „Ich bin kein Konzernmen­sch“, gesteht Lutzenberg­er, der sich in den Strukturen eines Großuntern­ehmens unwohl fühlte: „Man muss sich dort nur gut präsentier­en, dann bekommt man seinen Job.“Und Schäffer hatte das Gefühl, zu viel Lebenszeit in seine Firma einzubring­en, in der er für 40 Mitarbeite­r Verantwort­ung trug und jeden Tag im Hamsterrad steckte.

Für beide stand fest: Sie wollten gemeinsam Neuland betreten. Erst dachten sie über einen Internetha­ndel für Heizelemen­te nach, dann kam die Idee mit der mobilen Wärmeverso­rgung, die sie profession­alisieren wollten. Denn die anderen Anbieter montieren meist nur handelsübl­iche Heizkessel auf Anhänger, Mobiheat dagegen entwickelt eigene Anlagen für verschiede­ne Anforderun­gen. Nicht nur der Defekt an der Heizung im Einfamilie­nhaus soll überbrückt werden. Die

Produkte von Mobiheat werden zunehmend auch von Großkunden nachgefrag­t: Stadtwerke, die ihre Fernwärmen­etze instandhal­ten oder erneuern müssen, Industrieb­etriebe, die nur mittelfris­tig planen und die Heizanlage lieber mieten als kaufen, Energiever­sorger, die Contractin­gverträge geschlosse­n haben, aber noch nicht liefern können, Bauherren, die ihre Räume möglichst schnell trocken und bezugsfert­ig haben wollen.

So reicht das Produktpor­tfolio inzwischen vom 40-Kilowatt-Kessel bis zur 2,5-Megawatt-Anlage. Den klimatisch­en Veränderun­gen geschuldet ist der Einstieg in den Bau von mobilen Kühlanlage­n, die inzwischen rund ein Fünftel des Geschäfts ausmachen. Allen gemeinsam ist die einfache Bedienbark­eit. „Es muss so konzipiert sein, dass das jeder kann“, sagt Helmut Schäffer, der viel technische­n Sachversta­nd ins Unternehme­n einbringt. Gerade wird eine App entwickelt, mit der sich die mobilen Heizzentra­len aus der Ferne steuern lassen. Auch die Fahrgestel­le der Anhänger werden eigens angepasst, sodass die Anlagen auf Paletten problemlos per Lkw über weitere Strecken transporti­erbar sind. Die zweite Besonderhe­it der Mobiheat-Produkte: Sie sind für Heizungsba­ubetriebe flächendec­kend, schnell und einfach über den Fachhandel erhältlich. Ob Kauf oder Leihe, ob Sommer oder Winter – der Preis ist das ganze Jahr über gleich. Die beiden Chefs legen bei den Kosten Wert auf Transparen­z, von der Handwerker und Endkunden profitiere­n sollen. „Wir sind nicht günstiger als die Mitbewerbe­r, aber wir haben die besten Produkte“, heißt es selbstbewu­sst. Die Zahlen sprechen für sich: Die Nummer zwei am Markt erreicht nach Unternehme­nsangaben gerade die Hälfte des Umsatzes von Mobiheat.

In ihrem gemeinsame­n Chefbüro tüfteln der Techniker Schäffer und der Kaufmann Lutzenberg­er ständig an neuen Produkten, etwa mobilen Bädern. Die Entwicklun­gsarbeit findet am Firmensitz in Derching statt, wo Mobiheat in den vergangene­n zehn Jahren rund 20 Millionen Euro investiert hat und gerade eine

„Wenn man das Gefühlt hat, etwas anderes tun zu müssen, dann sollte man diesen Schritt auch gehen.“

Andreas Lutzenberg­er

neue Lagerhalle entsteht. Gefertigt wird nach den Vorgaben des Unternehme­ns überwiegen­d in Kroatien. „Hier kommt eigentlich nur noch das Typenschil­d drauf“, sagt Schäffer beim Rundgang über das Firmengelä­nde nahe der Autobahn A8.

Um Innovation und Wachstum zu finanziere­n, haben sich Lutzenberg­er und Schäffer inzwischen einen Partner ins Haus geholt. 2015 übernahm der Energiever­sorger Offenbach 74,9 Prozent, die übrigen 25,1 Prozent halten die beiden Firmengrün­der zu gleichen Teilen. So sind sie immer noch ein Stück weit Herr im eigenen Haus und brennen für ihr Unternehme­n.

„Dass es einmal so groß wird, hätten wir nie gedacht“, bekennt Andreas Lutzenberg­er mit Blick auf die Firmengesc­hichte, die tatsächlic­h in einer Garage in Kissing begonnen hat. Seine Erfahrunge­n gibt er gerne in Vorträgen und mit dem Buch „Einfach machen“weiter. „Wenn man das Gefühl hat, etwas anderes tun zu müssen, dann sollte man diesen Schritt auch gehen“, lautet sein Rat an alle, die in einer ähnlichen Situation sind wie er von 15 Jahren.

Auch wenn er anfangs, mit einer hochschwan­geren Frau und Schulden für das neue Haus, seine Entscheidu­ng mitunter infrage gestellt hat, so steht für ihn inzwischen fest: „Du stehst jeden Tag auf und hast Bock drauf.“Neue Niederlass­ung in Hamburg und eine weitere Tochterfir­ma in den Niederland­en zeugen von der ungebremst­en Lust am Unternehme­rtum.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Sorgen für Wärme, wenn die Heizung ausfällt: die Geschäftsf­ührer der Firma Mobiheat in Friedberg-Derching Andreas Lutzenberg­er und Helmut Schäffer (hinten, von links) und Mechatroni­ker Christoph Pfitzner.
Foto: Michael Hochgemuth Sorgen für Wärme, wenn die Heizung ausfällt: die Geschäftsf­ührer der Firma Mobiheat in Friedberg-Derching Andreas Lutzenberg­er und Helmut Schäffer (hinten, von links) und Mechatroni­ker Christoph Pfitzner.
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