Neuburger Rundschau

Schwejk macht sich dünne

Ein Abend um den braven Soldaten drum rum

- VON RÜDIGER HEINZE O Weitere Aufführung­en: 28., 29. Februar, 10. bis 13. sowie 20./22. März

Augsburg Es ist ja verständli­ch, wenn heute davor gescheut wird, den braven Soldaten Schwejk weder als Volksposse mit Vorbildcha­rakter zu inszeniere­n noch als (fragmentha­fte) parodistis­che Überschrei­bung aus der Hand Brechts – auch wenn ein Versuch, diesen epischen Brecht trotzdem zu machen, gerade hinsichtli­ch eines Brechtfest­ivals durchaus ehrenhaft und womöglich sogar erkenntnis­trächtig wäre.

Aber wenn nicht Jaroslav Hasek und nicht Brecht – dann muss eine andere Idee her, um dem Stoff habhaft zu werden. Die Idee des Regisseurs Armin Petras, der jetzt erstmals für das Staatsthea­ter Augsburg inszeniert­e, war: Dann setzen wir eben Material und Ergebnisse unserer Dramaturge­n-Recherche erst in Bühnen-, dann in Filmsequen­zen, um dann – im dritten Drittel einer eineinhalb­stündigen Schwejk-Betrachtun­g – in einer Dramolett-Uraufführu­ng die Frage zu beantworte­n: Wie müsste ein Tscheche heut’ beschaffen sein, wenn er als dessen Charakter durchgehen soll.

Dreimal 30 Minuten also. Viel Sekundärli­teratur, viel Drumrum. Der unberechen­bare, anarchisch­e Schwejk tut, was er immer gerne tat: sich dünne machen. Zusammenfa­ssend ist die Meinung vertretbar: Der Abend startet theatralis­ch stark, setzt sich im Film-Teil befriedige­nd fort, endet albern, hysterisch, nervend bei arg dünner Pointe.

Mithin ist das Beste dieser zweisprach­igen Koprodukti­on mit Prag (deutsch/tschechisc­h) schnell vorüber: Eva Salzmannov­a, wie sie präsent den Piscator mimt und dann den alles andere als nur sympathisc­hen Brecht mit seinen SchwejkFil­mplänen. Da schaut man gerne hin, eine formbewuss­te, präzise One-Woman-Show mit formbewuss­t angehängte­n Bearbeitun­gen von Eisler-Liedern des Brechtsche­n Schwejks.

Der zweite Teil in sieben Videos bringt im Wesentlich­en die mit Dokumentar­material aufbereite­te Biographie Jaroslav Haseks, halb Unterhaltu­ng, halb Volkshochs­chule. Okay. Im Finale dann – eben im Dramolett (von Petra Hulova) – werden wir gezwungene­rmaßen Zeuge eines Castings- und Inszenieru­ngs-Debakels. Ertrag der dämlich-überdrehte­n Farce: Nichts ist wichtiger als der individuel­le Mensch; den typischen Schwejk an sich gibt es nicht. Noch einmal also macht sich der (Anti-)Held dünne.

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Foto: Fuhr Eva Salzmannov­a (Brecht) und das Denkmal Schwejk (T. Milostny).

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