Neuburger Rundschau

St. Pauli nervt den HSV

Der Abstiegska­ndidat gewinnt das Hamburger Stadt–Derby und dämpft somit die Aufstiegsh­offnung des Konkurrent­en. Dessen Trainer nimmt die Schuld auf seine Kappe

- VON WOLFGANG STEPHAN

Hamburg „Besser kann man nicht spielen“sagte HSV-Trainer Dieter Hecking am Tag nach der bitteren HSV-Pleite. Gemeint waren die ersten zwanzig Minuten im Stadtderby. Aber genau da setzte die Analyse von Kollege Jos Luhukay an: „Der HSV hat das Spiel in der Anfangspha­se verloren.“Dass die Mannschaft des ehemaligen Trainers des FC Augsburg zweimal eiskalt zugeschlag­en hat, ist aber noch wichtiger für diesen Spielausga­ng, der für eine Ernüchteru­ng am Volkspark sorgte.

Der Rahmen: 57000 Zuschauer, tolle Choreograf­ien und sangesfreu­dige Fans, die schon lange vor dem Anpfiff Derby-Atmosphäre versprühte­n. Wichtiger als der Fußball war die Schweigemi­nute vor dem Anpfiff im Gedenken an die Opfer von Hanau. „Nazi raus“-Rufe waren die richtige Reaktion. Dass einige Fans später in beiden Lagern wieder einmal mit Pyros zündelten, gehört r ebenso zu den Tatsachen wie das Werfen von Feuerwerks­körpern in den St.-Pauli-Block.

Die Rollen waren von Anfang an klar verteilt, der HSV im Angriffsmo­dus und St. Pauli in der Verteidigu­ng. Nach neun Minuten hatte der HSV vier Eckbälle, einen Lattenkrac­her von Sonny Kittel und einen Pfostensch­uss von Joel Pohjanpalo in der Bilanz.

Doch ein Fehlpass von Louis Schaub im Mittelfeld veränderte alles, denn der überragend­e Henk Veermann schnappte sich das Spielgerät an der Mittellini­e, düpierte im Spurt seinen niederländ­ischen Landsmann Rick van Drongelen und erzielte die völlig überrasche­nde Führung für St. Pauli. Fans und Mannschaft waren gleicherma­ßen geschockt, zumal die Gäste gleich nachlegten: Nach 29 Minuten stand es 0:2, weil Matt Penny 25 Meter vor dem Tor nicht gestört wurde und den Ball unbedrängt in die rechte Torecke schießen konnte. Ein Schuss von Aaron Hunt neben den Pfosten war die Ausbeute der Hausherren bis zur Pause. Ein Abseitstor von Pauli und ein wegen Handspiel nicht gegebenes HSVTor waren die wenigen spektakulä­ren Momente in einer für den HSV völlig enttäusche­nden zweiten Spielhälft­e.

„Die Niederlage geht auf meine Kappe, weil ich in der Halbzeit nicht die Lösungen gefunden habe, um die Mannschaft in die Spur zu bringen“, gestand Dieter Hecking. Des Trainers Selbstkrit­ik in allen Ehren: Tatsächlic­h haben individuel­le Fehler zu den Gegentoren geführt und in der zweiten Halbzeit fand sich außer Torhüter Heuer Fernandes und Gideon Jung auf dem Platz kein HSV-Spieler mehr in Normalform. HSV-Vorstandsc­hef Bernd Hoffmann eilte nach dem Abpfiff fassungslo­s in die Katakomben, während sein Kollege Oke Göttlich noch lange regungslos auf der Tribüne stand. Er weinte vor Glück. „Derby-Meister, Derby-Meister“, schallte es aus dem Block der 6000 Pauli-Fans.

Am Sonntagmor­gen wehrte sich Hecking gegen den Vorwurf, der HSV habe das Derby nicht angenommen: „Wir haben bei den Zweikampfw­erten und der Laufbereit­schaft überall die besseren Werte, auch die Leidenscha­ft war da.“

● Bielefeld feiert Arminia Bielefeld lässt sich auf dem Weg in die Bundesliga auch nicht von einer drohenden Spielabsag­e beeindruck­en. Das Team von Trainer Uwe Neuhaus gewann am Sonntag das wegen widriger Platzverhä­ltnisse verspätet angepfiffe­ne Punktspiel gegen Hannover 96 durch das Tor des eingewechs­elten Reinhold Yabo (83. Minute) mit 1:0 und verteidigt­e damit die souveräne Spitzenpos­ition. Die Arminia hat weiter drei Zähler Vorsprung auf den neuen Zweiten VfB Stuttgart und sogar sechs auf den Hamburger SV. Der Platz in der mit 26 285 ausverkauf­ten Schüco-Arena war durch den Dauerregen mit Pfützen übersäht. Schiedsric­hter Robert Hartmann (Wangen) verlegte den Anpfiff um eine halbe Stunde nach hinten und gab nach einer erneuten Platzbegeh­ung grünes Licht.

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Foto: Witters Leo Oestigard ließ seinem Treffer zum 2:0 einen imposanten Jubel folgen. Für St. Pauli bedeutet der Sieg wieder etwas Luft im Abstiegska­mpf.

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