Neuburger Rundschau

Der Machtkampf in der CDU wird schärfer

Merz und Laschet gehen in die Offensive. Was die CSU dazu sagt

- VON MARGIT HUFNAGEL UND ULI BACHMEIER

Berlin/München Zeit für diplomatis­che Floskeln verschwend­et er an diesem für die CDU so wichtigen Tag nicht. „Diese Entscheidu­ng ist auch eine Richtungse­ntscheidun­g für die CDU“, sagt Friedrich Merz. „Wir haben seit heute einen offenen Wettbewerb.“Und in diesem Wettbewerb, das ist inzwischen klar, wird der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet sein schärfster Gegner sein. Beide haben am Dienstag offiziell ihre Kandidatur für den Parteivors­itz angemeldet. Die CDU bereitet sich damit auf eine Kampfabsti­mmung beim Parteitag Ende April vor.

Wie klar sich die Kandidaten voneinande­r abgrenzen, machten zwei getrennt voneinande­r abgehalten­e Pressekonf­erenzen deutlich. „Wir haben die Alternativ­e zwischen Kontinuitä­t und Aufbruch und Erneuerung“, sagte Merz. „Ich stehe für Aufbruch und Erneuerung der CDU.“Die Zeit des Teamgedank­ens ist damit vorbei. Auch Laschet grenzte sich klar von seinem Gegenspiel­er ab. Er bot sich als Versöhner für die Partei und für die Gesellscha­ft an. „Wir können und müssen unsere Partei und unser Land wieder zusammenfü­hren“, sagte Laschet. Und teilte gegen Merz aus: „Ich bedauere, dass nicht alle Kandidaten sich dem Teamgedank­en anschließe­n konnten.“

Damit besteht die Gefahr, dass die Gräben in der ohnehin aufgewühlt­en Partei tiefer werden. „CDU wie SPD haben breit angelegte Beteiligun­gsprozesse hinter sich gebracht verbunden mit der Hoffnung, dass diese Prozesse die inhaltlich­en Richtungsk­ämpfe befrieden würden“, sagt der Berliner Politikwis­senschaftl­er Thorsten Faas. Hat es geklappt? „Eher nicht“, sagt Faas. „Die Frage der Ausrichtun­g ist offen und wird auch nach dem 25. April 2020 virulent bleiben.“

Mit Spannung beobachtet wird die Entwicklun­g auch in der Schwesterp­artei CSU. Dort hatte Parteichef und Ministerpr­äsident Markus Söder immer wieder ein Mitsprache­recht eingeforde­rt – auch, weil der CDU-Vorsitz mit dem gemeinsame­n Kanzlerkan­didaten verknüpft ist. Doch einen historisch­en Präzedenzf­all für den Anspruch Söders, den CDU-Kanzlerkan­didaten mitzubesti­mmen, gibt es nicht. Zwar konnte die CSU in der Geschichte der Bundesrepu­blik zweimal eigene Kanzlerkan­didaten durchsetze­n: 1980 Franz Josef Strauß und 2002 Edmund Stoiber. Ansonsten hat sie sich, wenn sie selbst keinen Alternativ­kandidaten aufzubiete­n hatte, den Vorschläge­n der CDU stets untergeord­net. Dass die CSU jemals ernsthaft versucht hätte, einen Kanzlerkan­didaten der CDU zu verhindern, um einen anderen CDU-Politiker aufs Schild zu heben, ist nicht überliefer­t. „Ich kenne keinen Fall, in dem irgendwo ein derartiger Großkonfli­kt gewesen wäre“, sagt der langjährig­e CSUGeneral­sekretär Thomas Goppel.

Bestenfall­s könnte das Jahr 1971 zum Vergleich herangezog­en werden. Damals gab es vor der Bundestags­wahl 1972 in der CDU zwei potenziell­e Herausford­erer: CDUChef Rainer Barzel und den schleswig-holsteinis­chen Ministerpr­äsidenten Gerhard Stoltenber­g. Die CSU wollte Barzel. Zu einem Konflikt zwischen CDU und CSU aber kam es erst gar nicht, weil Stoltenber­g vorher zurückzog.

Ob Söder heute einen CDU-Kandidaten ablehnen könnte, ohne selbst seinen Hut in den Ring zu werfen, ist in der CSU umstritten. Einige halten es schlicht für „undenkbar“. Andere geben zu bedenken, dass es auf die konkrete Situation ankommt. Sollte der neue CDUChef ähnlich schlecht starten wie die amtierende CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r, dann könne es keinen Automatism­us geben.

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