Fastenzeit als Atempause
Ab heute verzichten viele Menschen auf Alkohol, Süßigkeiten oder vielleicht auch auf das Handy. Aber um was geht es wirklich beim Verzicht?
Ab heute verzichten viele Menschen auf Alkohol, Süßigkeiten oder vielleicht auch das Handy. Aber um was geht es wirklich beim Verzicht?
Neuburg Wenn die Fastenzeit beginnt, werden viele Menschen wieder kritisch auf ihre Gewohnheiten schauen – und verzichten: auf Süßigkeiten, Alkohol, das Handy oder Fernsehen. Angewohnheiten werden kritisch hinterfragt, lieb Gewonnenes reflektiert. Und man stellt sich die Frage, wie es wohl ist, wenn man darauf sieben Wochen verzichtet. Das Ziel ist die Konzentration auf das Wesentliche. Und die Chance, den Reichtum des Weggelassenen wieder neu zu erfahren.
Susanne Pohl ist Psychologin und sie sagt, dass es für viele Menschen gut sei, bewusst zu reduzieren, um Gewohnheiten zu verändern. Zu fest integriert sei die Gewohnheit in den Alltag. „Man muss sich bewusst werden, welchen Gewinn es bringt, wenn man es hat“, erklärt Pohl. Dann macht Verzicht Sinn. Es gehe darum, die Achtsamkeit zu erhöhen. „Innehalten, Reize herunterfahren – ist es, was oft fehlt im Alltag“, sagt die Neuburger Psychologin.
Die Kirchen bieten in der Fastenzeit genau diese Besinnung auf das Wesentliche an. Bei den Neuburger Maria-Ward-Schwestern kann man montags und dienstags an Exerzitien teilnehmen, im Pfarrsaal Heilig
Geist gibt es am Dienstag, 10. März, um 19.30 Uhr eine „Atempause – 30 Minuten Zeit zum Zu-sich-kommen, Nachdenken, Beten und Auftanken“und in der Heilig-GeistKirche gibt es an vier Terminen Taizé-Gebete. Der Raum wird dabei nur von Kerzen erhellt, die Gesänge sind kurz und bestehen meist nur aus einem Satz mit einfacher Melodie. Das wiederholende Singen hilft, innerlich ruhig zu werden, die
Gedanken zu sammeln und sich für die biblische Botschaft und das Gespräch mit Gott zu öffnen.
In der evangelischen Kirche heißt die Fasten-Aktion „Sieben Wochen Ohne“. Das diesjährige Motto ist: „Zuversicht – 7 Wochen ohne Pessimismus“. Der Pfarrer der Apostelkirche in Neuburg, Jens Hauschild, findet es ein interessantes Thema: „Man soll nicht immer in allem das Schlechte suchen, sondern positiv durch den Tag gehen und den Blick nach vorne richten.“Er spricht der Psychologin Susanne Pohl aus der Seele. Sie mag den Begriff Verzicht, der ja in der Fastenzeit allgegenwärtig ist, nicht. Man müsse es umgekehrt sehen: Ich gönne mir Ruhe, einen Tag für mich, einen Tag ohne Handy-Stress, Zeit für meinen Körper oder Ähnliches. Das sei als Gewinn zu sehen, ein Gewinn an Ruhe, an Achtsamkeit oder an gesunder Ernährung.
Dass bewusstes Essen und gute Küche nicht im Widerspruch stedas hen müssen, zeigen Gastronomen in Eichstätt. In einer vierteiligen Reihe stellen sich sechs Wirte dieser Aufgabe und widmen sich dem Motto „Eichstätt kocht... zur Fastenzeit – Suppen und Eintöpfe frisch und hausgemacht“. Es gibt jeweils eine eigene Speisekarte, von
Innehalten, die Reize herunterfahren – das ist es, was oft fehlt im Alltag
Man soll nicht immer in allem das Schlechte suchen
leichten Suppen und Eintöpfen bis hin zu kalorienarmen Fisch- oder Fleischgerichten. Aber egal ob Essen-, Alkohol- oder auch Plastikverzicht – vielleicht gelingt in der Fastenzeit eine Weichenstellung, die unser Leben aus den eingefahrenen Gleisen führt. Einen Versuch ist es wert.