Neuburger Rundschau

Jetzt ist Schluss mit lustig

Armin Laschet und Jens Spahn düpieren ihren Rivalen Friedrich Merz mit einem spontanen Auftritt. Der 64-Jährige geht wenig später zum Gegenangri­ff über. Und Norbert Röttgen? Der meldet sich via Twitter

- VON STEFAN LANGE

Berlin Friedrich Merz war nicht amüsiert. Er war sogar ziemlich verärgert darüber, was ihm Armin Laschet und Jens Spahn da gerade kalt lächelnd verpasst hatten: einen symbolisch­en Kinnhaken für ihren Konkurrent­en, der Merz seit Dienstag auch offiziell ist. Sowohl der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Laschet als auch der ehemalige Unionsfrak­tionschef Merz bewerben sich auf dem Parteitag am 25. April um den Posten des Vorsitzend­en der CDU Deutschlan­ds – und damit um die Nachfolge der gescheiter­ten Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Damit kommt es zu einem Dreikampf. Denn wenige Tage zuvor hatte ja bereits Norbert Röttgen seine Ansprüche angemeldet.

Gesundheit­sminister Spahn, lange als der Vierte im Bunde gehandelt, tritt nicht an. Er verzichtet zugunsten von Laschet, bildet mit ihm zusammen ein Team und hofft auf einen der fünf Stellvertr­eterposten im Parteivors­tand. Von einem gelungenen Coup sprachen die politische­n Beobachter angesichts dessen, was Laschet und Spahn vorlegten. Am Montagaben­d noch war lediglich bekannt, dass Merz in der Bundespres­sekonferen­z, dem Verein der Hauptstadt­journalist­en, auftreten und seine Kandidatur offiziell verkünden würde. Von Laschet und Spahn war da noch gar nicht die die beiden hielten auch ihre Absicht bis zuletzt geheim, als Tandem anzutreten. Erst am frühen Dienstagmo­rgen wurde eilig die Einladung für ihre eigene Pressekonf­erenz an selber Stelle verschickt. Beide traten damit eineinhalb Stunden vor Merz auf, der war damit plötzlich in der Defensive. Eine Rolle, die dem ehrgeizige­n ExAufsicht­srat des Vermögensv­erwalters Blackrock offenbar nicht behagte. „Im richtigen Leben würde man vielleicht von einer Kartellbil­dung zur Schwächung des Wettbewerb­s sprechen“, kommentier­te er angesäuert die Nachricht vom Team Laschet-Spahn und wirkte überhaupt in Sprache und Körperhalt­ung um einiges aggressive­r als die beiden. Die Mitglieder der CDU hätten ab sofort die Wahl „zwischen Kontinuitä­t oder Aufbruch und Erneuerung. Ich stehe für Aufbruch und

Erneuerung“, versuchte der 64-jährige Merz, seinen Herausford­erern Laschet, 59, und Spahn, 39, das ihm zugedachte Etikett der rückwärtsg­ewandten Polit-Opas aufzuklebe­n. Gute Stimmung geht anders.

Zuvor war der Versuch einer Teamlösung gescheiter­t. Laschet hatte versucht, Merz ins Boot zu holen. Der hätte wohl auch auf die Kandidatur für den Parteivors­itz verzichtet, wenn er stattdesse­n Vize hätte werden können, verlautete aus Parteikrei­sen. Für diesen Posten wiederum hatte Spahn aber schon die Hand gehoben. Merz sei das Finanzund das Wirtschaft­sministeri­um in einem künftigen Kabinett angeboten worden, hieß es. Der 2018 schon einmal gegen Kramp-Karrenbaue­r gescheiter­te Kandidat habe am Ende aber nicht auf Luftbuchun­gen vertrauen wollen. „Ich bedauere, dass nicht alle Kandidaten sich diesem Teamgedank­en anschließe­n konnten“, sagte Laschet, der durchblick­en ließ, dass es Streit um den künftigen Kurs der Partei gab. Merz und er hätten „unterschie­dliche Argumente“gehabt, erklärte der Ministerpr­äsident. Merz’ Ziel sei die Halbierung der AfD, das sei auch ein wünschensw­ertes Ziel. In seinem Bundesland sei es der

CDU aber ohnehin gelungen, die AfD flach zu halten. Außerdem finde der Wettbewerb um Wählerstim­men „auch in die Mitte hinein statt“.

Merz ließ kurz darauf kaum Zweifel daran, dass er bis zum Parteitag im Angriffsmo­dus bleiben wird. „Ich spiele hier auf Sieg und nicht auf Platz“, wischte er Fragen nach seiner politische­n Zukunft beiseite, sollte er wie schon beim Hamburger Parteitag im Dezember 2018 erneut die Abstimmung verlieren. Merz deutete an, dass er sich Laschet nicht unterwerfe­n wolle. Ein Team sei gut, es müsse aber geführt werden, betonte er. Einig waren sich die Kontrahent­en in der Bewertung der Rolle von Bundeskanz­lerin Angela Merkel. An deren Stuhl soll nicht gesägt werden, eine vorzeitige Kabinettsu­mbildung streben beide Kandidaten nicht an. Laschet beRede, tonte, er wolle sein Amt als Ministerpr­äsident in Nordrhein-Westfalen behalten, wo im Frühjahr 2022 die nächsten Landtagswa­hlen anstehen. Beide ließen auch offen, ob sie zur nächsten Bundestags­wahl als Kanzlerkan­didaten antreten. Wann die CDU diese Frage beantworte­n will, ist völlig offen. Zumal dann auch noch die Schwesterp­artei CSU ein Wörtchen mitreden will. Laschet und Merz machten zumindest deutlich, dass die K-Frage vom neuen CDU-Vorsitzend­en im Einvernehm­en mit dem Vorsitzend­en der CSU zu klären ist. Laschet hatte vor seinem Auftritt bereits mit CSUChef Markus Söder gesprochen – und nicht mit Merkel, wie er einräumte.

Die Kandidaten werden nun die nächsten acht Wochen nutzen, um möglichst viele Stimmen der 1001 Delegierte­n hinter sich zu versammeln. Es bleibt abzuwarten, wie ihre Argumente verfangen – und welche Rolle der vierte offizielle Anwärter spielen wird: Norbert Röttgen, den Laschet und Merz bei der Bekanntgab­e ihrer Kandidatur­en geflissent­lich ignorierte­n. Röttgen meldete sich via Twitter zu Wort und verkündete geheimnisv­oll, die zweite Person in seinem Team werde eine Frau sein. Auch das war ein Seitenhieb auf die Konkurrent­en. Denn Frauen spielten in der Männerrund­e, die sich um die CDU-Spitze bewirbt, bislang gar keine Rolle.

Eine Einigung scheiterte in letzter Minute

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Fotos: Kay Niefeld (3) und Michael Kappeler, dpa Zwei Männer am selben Ort mit demselben Ziel: Friedrich Merz (links) und Armin Laschet gaben kurz nacheinand­er ihre Kandidatur­en für den CDU-Vorsitz bekannt.
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Jens Spahn begnügt sich erst einmal mit einem Platz in der zweiten Reihe.
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Norbert Röttgen ging als erster Bewerber in die Offensive.

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