Weit mehr als eine Chronik
Odd Arne Westad über den Kalten Krieg
Dieses Jahr gibt es gleich zwei Jubiläen: Heuer vor 75 Jahren hat der Kalte Krieg begonnen und vor 30 Jahren endete er. Aber braucht es darum eine neue umfassende Chronik? Vielleicht, weil die aktuellen Machtverhältnisse Muster von damals wiederholen könnten? Einen Technik- und Systemkampf in der nun multipolaren Welt nach Ende der US-Dominanz? Samt der längst wieder heißen Stellvertreterkriege?
Der norwegische Historiker Odd Arne Westad liefert in „Der Kalte Krieg“eine überzeugende Antwort. Denn weit über eine erneute Chronik hinaus analysiert er das Damals, setzt bereits 1890 ein, als sich die prägenden Mächte in Ost und West herauszubilden begannen. Und über das bloße Damals hinaus zeigt er in seiner „Weltgeschichte“auch, wie das Ringen um Einflusssphären zwischen USA und Sowjetunion noch die Krisen in den betroffenen Regionen bis heute prägen; und wie die amerikanische Unfähigkeit, sich nach 1991 nicht einfach nur als nun möglichst globale Hegemonialmacht („Ende der Geschichte“) zu positionieren, statt eines multilateralen Miteinanders die Voraussetzungen für ein unübersichtliches Gegeneinander geschaffen haben.
Der 60-jährige – lange an der London School und nun in Harvard lehrende – Experte erzählt auch alles Historische dazwischen so kenntnisreich wie packend. Man muss ihm längst nicht in jedem Schluss folgen – Westad sieht übrigens keinen neuen Kalten Krieg heraufziehen. Aber lehrreich und anregend ist dieses Buch allemal.